02. September 2025

Abfindung wie bei Bayer 04 Trainer Erik ten Hag? – So läuft es wirklich im deutschen Arbeitsrecht

Die Nachricht schlug hohe Wellen: Bayer Leverkusen trennte sich nach nur zwei Bundesliga-Spielen von Trainer Erik ten Hag. Kaum im Amt, schon wieder Geschichte – aber nicht ohne Entschädigung. Medien berichten von einer Abfindung in Millionenhöhe - von bis zu 5 Millionen Euro ist die Rede, nach nur ca. 4 Monaten. Für Fußballtrainer oder Top-Manager sind solche Summen zwar spektakulär, aber keineswegs ungewöhnlich.

Viele Arbeitnehmer:innen fragen sich nun:

👉 Wenn jemand wie ten Hag Millionen bekommt – habe auch ich Anspruch auf eine Abfindung, wenn mir gekündigt wird?

Die klare Antwort: In Deutschland gibt es keinen gesetzlichen Automatismus. Abfindungen im Arbeitsrecht folgen ganz eigenen Regeln. Im Folgenden erläutern wir die wichtigsten Punkte, die Sie kennen sollten.

1. Kein automatischer Anspruch

Im deutschen Arbeitsrecht existiert kein allgemeiner Rechtsanspruch auf eine Abfindung. Das bedeutet: Wenn ein Arbeitgeber kündigt, muss er nicht automatisch eine Entschädigung zahlen.

Eine Abfindung kommt in der Praxis meist auf einem dieser Wege zustande:

  • Individuelle Verhandlungen: Der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber einigen sich außergerichtlich auf eine Zahlung, häufig um einen Rechtsstreit zu vermeiden.

  • Vergleich im Kündigungsschutzprozess: Viele Abfindungen entstehen erst im Rahmen eines Gerichtsverfahrens. Wenn die Kündigung rechtlich angreifbar ist, schließen die Parteien oft einen Vergleich, bei dem die Abfindung quasi den „Friedensschluss“ darstellt.


2. Die gesetzliche Faustregel (§ 1a KSchG)

Eine Ausnahme ist im Kündigungsschutzgesetz (§ 1a KSchG) geregelt.
Kündigt der Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen und weist er im Kündigungsschreiben ausdrücklich darauf hin, dass der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist eine Abfindung erhält, dann entsteht ein Anspruch.

Die Höhe ist gesetzlich bestimmt:

➡️ 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr

Beispiel:
Ein Arbeitnehmer verdient 3.000 € brutto monatlich und war 8 Jahre beschäftigt.
Die Abfindung berechnet sich wie folgt: 8 × 0,5 × 3.000 € = 12.000 €.

Wichtig: Bruchteile von mehr als 6 Monaten werden in der Regel auf ein volles Jahr aufgerundet.


3. Wie hoch kann eine Abfindung wirklich ausfallen?

Die Praxis zeigt: Die Höhe einer Abfindung ist Verhandlungssache. Während im Profifußball oft Millionen fließen, bewegt sich die Realität für „normale“ Arbeitnehmer meist im Bereich der gesetzlichen Faustformel. Doch es gibt Spielräume – nach oben wie nach unten.

Faktoren, die die Abfindung beeinflussen können:

  • Rechtliche Angreifbarkeit der Kündigung: Je größer die Chancen, dass die Kündigung vor Gericht scheitert, desto höher die Vergleichsbereitschaft des Arbeitgebers.

  • Sozialdaten des Arbeitnehmers: Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten können die Höhe mitbestimmen.

  • Tarifverträge und Sozialpläne: Bei größeren Umstrukturierungen oder Betriebsänderungen gibt es häufig Abfindungsregelungen, die über die gesetzliche Mindestgröße hinausgehen.

  • Individuelle Vereinbarungen: Manche Arbeitsverträge oder Aufhebungsverträge enthalten spezielle Abfindungsklauseln.

4. Abfindung im Aufhebungsvertrag

Oft wird eine Abfindung im Rahmen eines Aufhebungsvertrags vereinbart. Arbeitnehmer sollten hier besonders vorsichtig sein. Zwar klingt eine Abfindung attraktiv, doch ein Aufhebungsvertrag kann auch Nachteile bringen:

  • Es droht eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, wenn die Bundesagentur für Arbeit den Vertrag als „selbst verschuldet“ wertet.

  • Der Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage bedeutet, dass mögliche Unwirksamkeitsgründe der Kündigung nicht mehr geprüft werden.

Eine anwaltliche Beratung vor Unterzeichnung ist daher dringend anzuraten.

5. Steuerliche Aspekte

Viele Mandant:innen übersehen, dass eine Abfindung steuerpflichtig ist. Zwar fallen keine Sozialabgaben an, aber die Lohnsteuer wird direkt einbehalten.


Fazit: Abfindung ist Verhandlungssache

Der Fall Erik ten Hag zeigt eindrucksvoll, welche Summen bei prominenten Verträgen möglich sind. Im normalen Arbeitsalltag gelten jedoch klare rechtliche Rahmenbedingungen.

  • Ein automatischer Anspruch besteht nicht.

  • Nur in Ausnahmefällen (§ 1a KSchG) gibt es eine gesetzliche Abfindung.

  • Die tatsächliche Höhe hängt stark von der individuellen Situation und vom Verhandlungsgeschick ab.


Tipp aus der Praxis

Ob und wie viel Abfindung Sie erwarten können, hängt maßgeblich von folgenden Faktoren ab:

  • Wie lange sind Sie im Unternehmen beschäftigt?

  • Wie hoch ist Ihr Bruttomonatsgehalt?

  • Liegt eine Kündigung oder ein Aufhebungsvertrag vor?


👉 Lassen Sie Ihre Situation frühzeitig anwaltlich prüfen. Mit einer durchdachten Strategie können Arbeitnehmer:innen in vielen Fällen eine deutlich höhere Abfindung erzielen, als zunächst angeboten wird.

Wurde Ihnen bereits gekündigt? Hier klicken, um unser kostenloses Soforthilfepaket Arbeitsrecht herunterzuladen. Es enthält wertvolle Informationen zu Kündigung, Abfindung und Fristen.


Newsletter-Tipp für Sie

Wenn Sie regelmäßig über aktuelle Rechtstipps informiert werden möchten, abonnieren Sie zur Vertiefung gerne unseren kostenlosen Newsletter – alles Wissenswerte bequem per Mail: https://www.anwalt-leverkusen.de/newsletter.html

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Guido Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

Wir helfen Ihnen gerne! Kontaktieren Sie uns. Oder vereinbaren Sie hier online einen Termin für eine telefonische kostenfreie Erstberatung.

5/5 Sterne (3 Stimmen)

Zurück

Navigation öffnen Schließen E-Mail Telefon Suche Online-Terminvereinbarung Mehr lesen