15. Februar 2019

Abgasskandal: Warum so viele Verfahren gegen VW vorzeitig enden

Ein Großteil der Verbraucherklagen gegen VW im Rahmen des Abgasskandals endet vorzeitig. Dabei drängt sich der Eindruck auf, dass VW versucht, durch Vergleiche um jeden Preis ein Urteil durch ein OLG oder gar den BGH zu vermeiden. Warum landen nicht mehr Berufungs- oder Revisionsverfahren vor den Oberlandesgerichten bzw. dem Bundesgerichtshof?

Ende 2018 über 40.000 Klagen gegen VW anhängig

Volkswagen selbst gab an, dass in Deutschland Ende 2018 40.300 Einzelklagen gegen den Konzern anhängig waren. Im dritten Quartal 2018 waren es noch 25.500. Darunter auch Musterfeststellungsklagen des Verbraucherzentralen Bundesverbands, denen sich derzeit 401.000 Kunden angeschlossen haben.

Laut Medienberichten sind mehr als 4800 Verfahren mit VW-Beteiligung an den deutschen Oberlandesgerichten anhängig. Zwar lässt sich nicht mit Sicherheit nachvollziehen, ob all diese Verfahren in direktem Bezug zum Abgasskandal stehen, doch lag bei den Gerichten vor 2015 kein einziges Verfahren mit Beteiligung von Volkswagen vor, sodass ein Bezug zum Abgasskandal plausibel scheint.

Volkswagen selbst bestätigt die Zahl der Verfahren. Wie der Konzern mitteilte, seien 4678 Verfahren zum Abgasskandal an Oberlandesgerichten anhängig. Weiter gab das Unternehmen an, dass 21 OLG-Verfahren mit einem Urteil endeten – alle zugunsten von Volkswagen bzw. der Autohändler.

Berichte der Oberlandesgerichte bestätigen diese Aussage zwar, weisen aber darauf hin, dass es sich bei einem Großteil der Urteile um Sonderfälle handelt. So würden die Entscheidungen oft nicht beurteilen, ob ein Mangel vorgelegen habe bzw. welche Ansprüche den Käufern daraus entstehen würden. In manchen Fällen konnte zwar ein Mangel festgestellt, ein Rücktritt vom Kaufvertrag aber nicht durchgesetzt werden, da der Käufer zunächst eine Nachbesserung seines Wagens hätte fordern müssen.

Warum es nur zu so wenigen Urteilen kam

In Anbetracht der tausenden OLG-Verfahren wäre eigentlich eine viel höhere Zahl an Urteilen zu erwarten. Dass von Oberlandesgerichten bisher aber nur wenige Urteile gefällt wurden, ist darauf zurückzuführen, dass zahlreiche Verfahren zurückgenommen wurden – und zwar meistens kurz vor dem ersten Verhandlungstermin. Laut Angaben von VW liege die Zahl der beendeten Verfahren an Oberlandesgerichten bei  3981.

Die Prozessbeteiligten müssen den Gerichten zwar keine Gründe für die Rücknahme eines Verfahrens nennen, doch deutet die vorzeitige Beendigung einer Berufung oder eines Revisionsverfahrens meistens darauf hin, dass die Parteien sich mit einem Vergleich außergerichtlich geeinigt haben.

VW verfolgt anscheinend die Strategie, mit möglichst vielen Klägern Vergleiche zu schließen, um Prozessniederlagen vor den Oberlandesgerichten und in der Folge Präzedenzfälle zu vermeiden. Doch zeigt der kürzlich bekannt gewordene Beschluss des OLG Köln vom 03. Januar 2019, in dem die Berufung von VW als „offensichtlich unbegründet“ zurückgewiesen wurde, dass die Strategie nicht immer aufgeht.

Erst drei Verfahren vor dem BGH

Bis zum Bundesgerichtshof haben es tatsächlich erst drei Abgasskandal-Verfahren geschafft, von denen 2 ebenfalls vorzeitig endeten.

So sollte am 8. Januar 2019 erstmals ein Fall im Rahmen des Abgasskandals verhandelt werden. Doch das Verfahren wurde kurz vor dem Termin zurückgenommen. Unseren Artikel zu diesem Fall finden Sie hier. Medienberichten zufolge habe der Bundesgerichtshof nun bestätigt, dass auch ein zweites Verfahren inzwischen zurückgenommen wurde.

Somit bleibt vor dem BGH noch ein Verfahren mit Bezug zum VW-Abgasskandal, welches am 27. Februar verhandelt werden soll. Wir berichteten bereits zu diesem Fall, in dem der Kläger eine Ersatzlieferung für seinen VW Tiguan fordert. Die Klage blieb bislang erfolglos, da das betroffene Modell nicht mehr hergestellt wird.

Ob es in einem Verfahren nun zu einem Urteil kommt oder eine außergerichtliche Einigung mit VW erzielt wird, betroffene Kunden sollten in jedem Fall versuchen, ihre Ansprüche gegenüber dem Automobilhersteller geltend zu machen. Tatsächlich sind auch noch nicht alle Ansprüche verjährt. Ob das in Ihrem Fall zutrifft, klären wir gerne in einem kostenlosen Erstgespräch mit Ihnen.

Darüber hinaus können Sie sich im Vorfeld auch schon auf unserer eigens zu diesem Zweck eingerichteten Internetseite informieren, wo wir die wichtigsten Fakten sowie aktuelle Medienberichte und Urteile für Sie zusammengetragen haben und Antworten auf häufig gestellte Fragen geben.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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