Anspruch auf Löschung einer Abmahnung aus der papiernen Personalakte nach DSGVO?
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben Arbeitnehmer Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte. Dieser Anspruch ergibt sich aus Art. 17 Abs. 1 a) DSGVO und ist auch auf die papierne Personalakte anzuwenden. Denn auch eine papierene Personalakte stellt ein Dateisystem im Sinne von Art. 4 Nr. 6 DSGVO dar. So entschied das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 27.07.2023 (Az.: 9 Sa 73/21).
Ehemaliger Mitarbeiter verlangt Löschung von Abmahnung aus papierner Personalakte
Ein Auszubildender eines Fitnessstudios hatte während seiner Anstellung eine Abmahnung erhalten, weil ihm vorgeworfen wurde, seine Arbeitszeiten nicht richtig angegeben zu haben. Als er das Arbeitsverhältnis nach Abschluss der Ausbildung beendete, verlangte er vom Arbeitgeber, die Abmahnung aus der papiernen Personalakte zu entfernen. Darüber hinaus forderte er Auskunft über seine personenbezogenen Daten und die Übermittlung der Personalakte. Der ehemalige Arbeitgeber verweigerte das, woraufhin der Angestellte Klage vor dem Arbeitsgericht erhob.
Das Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen wies die Klage ab, weil kein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung bestehe. Da das Ausbildungsverhältnis inzwischen beendet sei, bestünde kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein.
LAG Baden-Württemberg: Papierakte stellt Dateisystem gemäß DSGVO dar
In zweiter Instanz gab ihm das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Recht. Es bestünde durchaus ein Anspruch auf Löschung der Abmahnung, so das Gericht. Der Zweck der Abmahnung, nämlich den Arbeitnehmer beispielsweise vor einer möglichen Kündigung zu warnen, habe sich nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erledigt. Zudem könne die Abmahnung nicht mehr zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen genutzt werden. Daher müsse die nicht mehr erforderliche Abmahnung gemäß Art. 17 Abs. 1 DSGVO gelöscht werden, zumal es keine gesetzlichen Aufbewahrungsfristen für Abmahnungen gebe.
Das Argument des beklagten Arbeitgebers, dass die Datenschutz-Grundverordnung auf die betreffende Personalakte nicht anwendbar sei, da diese nur in Papierform vorliege, ließ das Gericht nicht gelten. Auch eine Papierakte stelle ein Dateisystem im Sinne der DSGVO dar. So sei jede strukturierte Datensammlung – ob digital oder nicht – als Dateisystem anzusehen. Solange die Akte gleichartig und anhand bestimmter Kriterien aufgebaut sei (etwa inkl. Name und Personalnummer), falle sie in den Anwendungsbereich der DSGVO.
Noch keine einheitliche Rechtsprechung zu Anspruch auf Löschung von Abmahnung
Mit seinem Beschluss wich das LAG Baden-Württemberg nicht nur von der Sichtweise der Vorinstanz ab, sondern auch von der des Bundesarbeitsgerichts. Dieses nämlich hatte in einem Urteil vom 17. November 2016 (Az.: 2 AZR 730/16) einen Anspruch auf Löschung eingeschränkt. Dabei stützte sich das Gericht allerdings nur auf die Paragrafen §§ 242, 1004 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), und nicht auf die DSGVO, die es zu dem Zeitpunkt noch nicht gab. Eine endgültige höchstrichterliche Klärung des Anspruchs auf Löschung einer Abmahnung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht also noch aus.
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Anna-Lucia Kürn
Angestellte Rechtsanwältin
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