28. Februar 2023

BAG-Urteil zu Equal Pay: Anspruch von Frauen auf gleiche Bezahlung

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 16.02.2023, Az. 8 AZR 450/21, zum Equal-Pay-Grundsatz wird gleichermaßen als wegweisend bezeichnet, wie es für Diskussionen sorgt. Die Auswirkungen für die Praxis dürften von hoher Relevanz sein, ihr Ausmaß wird die Zukunft zeigen.

Rechtliche Ausgangslage: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Der Anspruch auf Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern ist im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) verankert. Das AGG verbietet jede Form der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, einschließlich der Diskriminierung bei der Entlohnung. Es besagt, dass Männer und Frauen für gleiche und gleichwertige Arbeit den gleichen Anspruch auf Entlohnung haben.

Dieses Prinzip der Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen ist seit langem ein wichtiges Anliegen der Frauenbewegung und ein grundlegendes Ziel des Arbeitsrechts. Dennoch verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich etwa 18 Prozent weniger als Männer.

Das Urteil des BAG zur Entgeltgleichheit

Ausgangsfall:

Das Urteil beschäftigt sich mit der Klage einer Arbeitnehmerin, die in erster Linie auf die Zahlung des Differenzbetrags gegenüber dem Verdienst ihres männlichen Arbeitskollegen gerichtet war. Die Arbeitnehmerin und ihr Arbeitskollege übten eine vergleichbare Tätigkeit aus, besaßen vergleichbare Qualifikationen und waren fast gleich lange bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. Die Arbeitnehmerin verdiente dennoch deutlich weniger als ihr Kollege. Maßgeblich war für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung, ob diese durch objektive Kriterien gerechtfertigt war.

Vorinstanzen:

Das Arbeitsgericht Dresden (Urteil vom 04.10.2019, Az. 5 CA 638/19) sowie das Landesarbeitsgericht Sachsen (Urteil vom 03.09.202, Az. 1 SA 358/19) lehnten einen Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot mangels Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts ab. Es sei ein objektives Interesse des Arbeitgebers gewesen, den besser verhandelnden Arbeitskollegen mit dem Ziel der Gewinnung von Mitarbeitenden für ein höheres Entgelt anzustellen.

Entscheidung des BAG:

Mit Urteil vom 16.02.2023 hat das BAG der Klägerin einen Anspruch gem. Art. 158 AEUV, § 3 Abs. 1, § 7 EntgTranspG auf das gleiche Entgelt wie ihr männlicher Arbeitskollege zugesprochen. Das BAG hat entschieden, dass eine Entgeltungleichheit nicht mit besserem Verhandlungsgeschick gerechtfertigt werden könne. Dies stelle kein geeignetes objektives Kriterium für eine Ungleichbehandlung zwischen Frau und Mann dar.

Das BAG sprach der Arbeitnehmerin eine Entgeltnachzahlung in Höhe der Differenz gegenüber dem Verdienst ihres männlichen Arbeitskollegen sowie zusätzlich eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von 2.000 Euro zu.

Darlegungs- und Beweislast

  • § 22 AGG sieht eine Beweislastumkehr vor. Insofern hatte die Klägerin lediglich Indizien zu beweisen, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Nach dem BAG genügt für die Annahme einer solchen Vermutung der Umstand, dass die Arbeitnehmerin für die gleiche Arbeit eine niedrigere Entlohnung als ihr männlicher Arbeitskollege erhalten hat.

Dem Arbeitgeber kam dann die Beweislast dafür zu, dass ein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung nicht vorgelegen hat. Nach dem Urteil des BAG ist weder das bessere Verhandlungsgeschick eines männlichen Arbeitnehmers noch das arbeitgeberseitige Interesse an der Gewinnung von Mitarbeitenden geeignet, das Vorliegen eines solchen Verstoßes zu entkräften.

Praktische Relevanz

Das Urteil ist als Grundsatzentscheidung zu verstehen und dürfte für die Praxis von hoher Relevanz sein. Für die wirksame Durchsetzung von Entgeltgleichheit bildet sie einen Meilenstein für benachteiligte Frauen.

Fest steht, dass Verhandlungsgeschick nicht als Rechtfertigungsgrund für Verdienstunterschiede herangezogen werden kann.

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von Anna-Lucia Kürn
Anna-Lucia Kürn

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