26. Oktober 2024

BGH: Ausschlussklausel in Reisekrankenversicherung unwirksam

Sind Versicherungsklauseln intransparent, sodass Verbraucher nicht verstehen können, wann der Versicherungsschutz ausgeschlossen ist, sind sie unwirksam. Das bestätigte der Bundesgerichtshof in einem verbraucherfreundlichen Urteil vom 10. Juli 2024 (Az.: IV ZR 129/23). Das oberste deutsche Gericht befand eine allgemein formulierte Ausschlussklausel einer Auslandsreisekrankenversicherung für unwirksam.

Laut BGH komme es nicht nur darauf an, dass Klauseln so formuliert sind, dass durchschnittliche Versicherte sie verstehen können. Die Ausschlussklauseln müssten außerdem die Nachteile und Belastungen soweit verdeutlichen, dass der danach noch bestehende Versicherungsumfang klar erkennbar sei.

Reisekrankenversicherung verweigert volle Leistung wegen bestehender Erkrankung

In dem zugrundeliegenden Fall hatte ein Mann eine Reisekrankenversicherung über einen Kreditkartenanbieter abgeschlossen. Der Versicherungsnehmer litt an Diabetes Mellitus Typ 2. Im November 2018 flog er von Frankfurt nach Miami, die Rückreise sollte im März des darauffolgenden Jahres erfolgen. Im Dezember kam der Mann ins Krankenhaus und musste über mehrere Tage stationär behandelt werden. Für den Versicherer beliefen sich die Kosten auf ca. 34.000 Euro für die Krankenhausbehandlung und knapp 450 Euro für den Transport.

Die Versicherung verweigerte jedoch die volle Kostenübernahme. Sie berief sich darauf, dass die Krankenhausbehandlung des Versicherungsnehmers auf den bei Reisebuchung bereits bestehenden Diabetes und Harnwegsinfekte zurückzuführen sei. Aus diesem Grund sei die Leistungspflicht für die Reisekrankenversicherung gemäß der Vertragsbedingungen ausgeschlossen.

Ausschlussklausel enthält nur beispielhafte Auflistung, wann keine Leistungspflicht besteht

Laut den Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen bestand keine Leistungspflicht:

„1.6.1 Bei einem bereits vorher bekannten medizinischen Zustand, der der versicherten Person bekannt war, als sie die Kreditkarte beantragte, bzw. bei der Buchung der Reise, je nachdem, was am kürzesten zurückliegt, insbesondere, weswegen die versicherte Person:
a) Während der letzten zwölf Monate einen Krankenhausaufenthalt hatte.
b) Testergebnisse erwartet oder auf der Warteliste für eine Operation, Konsultation oder Untersuchung steht.
c) Innerhalb der letzten drei Monate begonnen hat, Medikamente einzunehmen oder die Einnahme geändert oder sich in Behandlung begeben hat.
d) Alle zwölf Monate oder häufiger eine medizinische, chirurgische oder psychiatrische Untersuchung benötigt.
e) Die Diagnose „unheilbar“ und/oder „chronisch“ erhalten hat.“

Der Versicherungsanbieter verlangte vom Versicherungsnehmer ca. 17.300 Euro der Kosten zurück. Der Fall ging vor Gericht und landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof. Dieser befand die Ausschlussklausel, auf die sich der Versicherer berief, für intransparent und damit unwirksam.

BGH: Klausel definiert Leistungsausschlüsse nicht vollständig und transparent

Konkret bemängelten die Richter, dass in der Klausel nicht verständlich definiert werde, welcher medizinische Zustand zu einem Leistungsausschluss führe. Sie enthielte lediglich eine nicht abschließende Auflistung von Beispielen. Daraus ginge für die Versicherten jedoch nicht hinreichend deutlich hervor, welche weiteren „Zustände“ vom Leistungsausschluss betroffen seien und welche nicht. Darüber hinaus würden sich die Beispiele nur teilweise auf schwerwiegende Erkrankungen beziehen. Würde ein Versicherungsnehmer aber noch auf Testergebnisse oder eine Untersuchung warten, hieße das nicht automatisch, dass eine schwere Krankheit vorliege. Auch in Bezug auf die Dauer der Erkrankung würden keine einheitlichen Voraussetzungen aufgestellt. So könne es sich um eine kurz vor Reisebeginn erstmals aufgetretene Krankheit handeln, falls sie mit Medikamenten behandelt wurde, oder auch um eine als chronisch diagnostizierte Erkrankung.

Basierend auf dieser Ausschlussklausel sei für die Versicherungsnehmer nicht erkennbar, welche weiteren Erkrankungen, die nicht explizit in der beispielhaften Auflistung enthalten sind, ebenfalls zu einem Leistungsausschluss führten, so der BGH. Damit sei die Klausel unwirksam.

Leider sind viele Ausschlussklauseln in Versicherungsverträgen nicht eindeutig formuliert. Dank dieses Urteils des Bundesgerichtshofs sind die Chancen von Versicherungsnehmern nun gestiegen, Leistungen einzufordern, auch wenn der Versicherer diese unter Berufung auf die Ausschlussklauseln verweigert. In der Anwaltskanzlei Lenné stehen wir unseren Mandanten dabei zur Seite und kämpfen dafür, ihre Ansprüche gegenüber den Versicherern geltend zu machen. Wenn auch Sie betroffen sind, beraten wir Sie gerne im Zuge eines kostenlosen Erstgesprächs und prüfen die Vertragsbedingungen Ihrer Versicherungspolice.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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