BGH-Beschluss zur Wohnflächenberechnung im Mietvertrag
Stellt ein Mieter beim Nachmessen seiner Wohnung fest, dass sie um mehr als 10 Prozent kleiner ist als laut Mietvertrag, so kann er die Miete mindern. Das gilt auch, wenn die Abweichung erst Jahre nach dem Einzug bemerkt wird. Außerdem sind zur Auslegung des Begriffs „Wohnfläche“ in einem Mietvertrag grundsätzlich die bei Vertragsabschluss geltenden Vorschriften für preisgebundenen Wohnraum anzuwenden. So entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 17.10.2023 (Az.: VIII ZR 61/23).
Abweichung von über 10 % zwischen tatsächlicher Wohnfläche und Angaben im Mietvertrag
Im vorliegenden Fall ging es um ein Mietverhältnis, das im Jahr 2014 geschlossen wurde. In dem Mietvertrag wurde eine Wohnfläche von 49,18 Quadratmetern angegeben, die gemäß der II. Berechnungsverordnung (BV) ermittelt wurde. Als die Mieterin die Wohnfläche einige Jahre später nachberechnete, ergab sich eine tatsächliche Wohnfläche von nur 43,3 Quadratmetern – also eine Abweichung von 11,96 Prozent.
Ihre Forderung der Erstattung der zu viel gezahlten Miete lehnte die Vermieterin ab. Sie berief sich einerseits darauf, dass etwaige Ansprüche teilweise verjährt wären, weil die Abweichung der Mieterin direkt bei Einzug hätte auffallen müssen. Außerdem argumentierte sie, dass die Fläche des Balkons gemäß der II. Berechnungsverordnung zur Hälfte zu berücksichtigen sei. Daher läge die Abweichung unter zehn Prozent und stelle keinen erheblichen Mangel dar. Der Fall ging vor Gericht und landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof.
BGH: Wohnfläche definiert sich nach bei Vertragsabschluss geltenden Regelungen
Der BGH entschied jedoch zugunsten der Mieterin. Die Verjährungsfrist beginne erst mit der Kenntnis der Mieter von vorliegenden Abweichungen. Außerdem seien für die Auslegung des Begriffs „Wohnfläche“ in einem Mietvertrag über preisfreien Wohnraum immer die Bestimmungen anzuwenden, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gelten. Der betreffende Mietvertrag wurde nach Inkrafttreten der Wohnflächenverordnung am 1. Januar 2004 abgeschlossen, die zu diesem Zeitpunkt die II. BV hinsichtlich der Regelungen für die Berechnung von Wohnflächen abgelöst hat. Daher sei die Wohnfläche auch nach der Wohnflächenverordnung zu ermitteln, so das oberste deutsche Gericht. Und die sieht lediglich eine Anrechnung der Balkonfläche von einem Viertel vor, sodass eine Abweichung von mehr als 10 Prozent gegeben ist.
Maßgeblich ist Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, nicht der erstmaligen Berechnung der Wohnfläche
Um zu ermitteln, welche Bestimmungen Anwendung finden, komme es auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an, nicht auf den Zeitpunkt, an dem die Berechnung der Wohnfläche erstmals erfolgt ist, stellte der BGH außerdem klar.
Vermieter, die ihre zu vermietende Wohnfläche bis zum 31. Dezember 2003 nach der II. BV haben berechnen lassen, hätten jedoch die Möglichkeit, beim Abschluss von Mietverträgen ab Januar 2004 auf eine ausdrückliche Vereinbarung hinzuwirken, gemäß der die Wohnfläche noch laut den Vorschriften der II. BV zu berechnen ist.
II. Berechnungsverordnung vs. Wohnflächenverordnung
Die Unterschiede zwischen der Berechnung der Wohnfläche gemäß der zweiten Berechnungsverordnung und der Wohnflächenverordnung beziehen sich hauptsächlich auf Balkone, Terrassen usw. Laut der II. BV sind diese Flächen zur Hälfte in die Wohnfläche einzuberechnen. Gemäß der Wohnflächenverordnung nur zu 25 Prozent.
Da laut BGH bei der Berechnung der Wohnfläche für Mietverträge die zu Vertragsabschluss geltenden Regelungen heranzuziehen sind, gilt für Mietverträge nach dem 31. Dezember 2003 die Wohnflächenverordnung. Daher dürfen Balkone oder Terrassen nur zu einem Viertel in die Wohnfläche einberechnet werden.
Mit dieser Entscheidung hat der BGH Klarheit zur Wohnflächenberechnung bei Mietverträgen geschaffen. Für Mieter bedeutet das, dass sie die Miete mindern dürfen, wenn sich beim Nachmessen einer Wohnung herausstellt, dass sie mehr als 10 Prozent kleiner ist als im Mietvertrag angegeben. Und zwar auch dann, wenn die Abweichung erst Jahre nach dem Einzug bekannt wird. In der Anwaltskanzlei Lenné helfen wir Mietern dabei, ihre Ansprüche gegenüber den Vermietern durchzusetzen und ihnen zustehende Rückzahlungen einzufordern. Lassen Sie sich einfach im Zuge eines kostenlosen Erstgesprächs in unserer Kanzlei beraten.
Rebekka Jäger
Angestellte Rechtsanwältin
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