26. Januar 2022

BGH: Betriebsschließungsversicherung muss bei Corona-Lockdown nicht zahlen

Im Rahmen der coronabedingten Lockdowns im Jahr 2020 ist es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Gastronomen und Versicherungen gekommen. Es ging dabei um die Frage, ob die Versicherer für die behördlich angeordnete Schließung von Restaurants und Hotels im Zuge der Corona-Pandemie eine Entschädigung zahlen müssen. Viele Gastronomen zogen vor Gericht. Heute wurde nun zum ersten Mal ein solcher Fall vor dem BGH verhandelt (Az.: IV ZR 144/21).

Ein Gastronom aus Travemünde hatte die AXA Versicherung verklagt, um seine Ansprüche aus der Betriebsschließungspolice wegen der behördlich angeordneten Schließung seiner Gaststätte im Zuge des ersten Lockdowns geltend zu machen.

BGH: Gastronomen steht keine Entschädigung für die Betriebsschließung zu

Der Bundesgerichtshof hat den Forderungen des Gastronomen nun eine Absage erteilt. Die vorsitzende Richterin Barbara Mayen berief sich darauf, dass in den Bedingungen der Versicherungspolicen eine Vielzahl an Krankheiten und Erregern aufgelistet sei, die von der jeweiligen Police abgedeckt werden. Das Coronavirus sei in diesen Auflistungen jedoch nicht enthalten.

Versicherungsbedingungen oft nicht eindeutig

Die Betriebsschließungsversicherung soll Unternehmer entschädigen, wenn diese ihren Betrieb, z. B. aufgrund von Salmonellen, Noroviren oder Coli-Bakterien, schließen müssen. Im Rahmen der coronabedingten Lockdowns war es hier häufig zu Streit und Verwirrung gekommen, weil die Versicherungsbedingungen sehr unterschiedlich und oft nicht eindeutig formuliert waren.

Es ging dabei unter anderem um die Frage, ob bei einer Pandemie eine Schließung aufgrund einer Allgemeinverfügung abgedeckt wird. Viele Versicherer zählen in ihren Vertragsbedingungen explizit die im Versicherungsschutz enthaltenen Krankheiten und Erreger auf. Da das Coronavirus darin nicht enthalten war, lehnten sie die Zahlung ab.

In anderen Versicherungspolicen gab es keine solche Auflistung, sondern lediglich den Verweis auf das Infektionsschutzgesetz. Zum Zeitpunkt des ersten Lockdowns war das COVID-19-Virus darin aber noch nicht enthalten.

In anderen Fällen beriefen sich die Versicherer darauf, dass die Gastronomen noch einen Liefer- oder Abholservice anbieten konnten und es sich daher genau genommen nicht um eine Betriebsschließung gehandelt habe.

Versicherer: Aufzählung der Krankheiten in Police abschließend

In dem vor dem BGH verhandelten Fall enthielt die Versicherungspolice eine konkrete Aufzählung der vom Versicherungsschutz abgedeckten Krankheitserreger. Der Kläger führte an, dass die Versicherungsbedingungen aus dem Jahr 2008 stammten und das Infektionsschutzgesetz seither sowohl das Coronavirus als euch eine Reihe anderer Krankheiten aufgenommen habe. Als Versicherungsnehmer müsste man annehmen können, dass die Liste der in der Police enthaltenen Krankheiten regelmäßig aktualisiert würde.

Laut Aussage der Beklagten seien diese Auflistungen allerdings abschließend. Die günstigen Jahresprämien der Versicherungen seien ein weiterer Indikator dafür, dass nur die genannten Krankheiten abgedeckt würden, nicht etwa Pandemien.

Gerichtsurteile meistens zugunsten der Versicherungen

Bisher haben die Gerichte in den meisten Fällen zugunsten der Versicherungen entschieden. Medienberichten zufolge soll es zu 470 Klagen gekommen sein. Bei rund 90 Prozent haben die Gerichte in der ersten Instanz zugunsten der Versicherer entschieden. Auch aus 133 Berufungsverfahren gingen die Versicherer in 95 Prozent der Fälle siegreich hervor. Beim Bundesgerichtshof sollen derzeit etwa 160 Verfahren anhängig sein, in denen es aber zum Teil um andere Klauseln der Versicherungsbedingungen geht. Manche Streitfälle wurden zudem außergerichtlich beigelegt.

Die Entscheidung des BGH wurde mit Spannung erwartet, weil sie für viele noch anhängige Verfahren richtungsweisend sein dürfte. Unter den Versicherungsnehmern dürfte die Enttäuschung nun groß sein. Das Urteil verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig es ist, die Bedingungen und Klauseln bei Abschluss einer Versicherung genau prüfen zu lassen. Mit jahrelanger Erfahrung stehen wir Ihnen in unserer Kanzlei dabei gerne zur Seite. Vereinbaren Sie einfach einen Termin für eine Erstberatung und lassen Sie Ihren Versicherungsvertrag von uns prüfen.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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