20. August 2016

BGH: Keine Vorfälligkeitsentschädigung bei Kündigung durch die Bank

Mit Urteil vom 19.01.2016 hat der Bundesgerichtshof darüber entschieden, ob bei Kündigung eines Kreditvertrages durch die Bank wegen Zahlungsverzuges des Bankkunden, neben den Verzugszinsen auch noch zusätzlich eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt werden darf.

Was hat der BGH entschieden?

Wir zitieren hierzu den Bundesgerichtshof:

„§ 497 Abs. 1 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung) enthält eine spezielle Regelung zur Schadensberechnung bei notleidenden Krediten, die vom Darlehensgeber infolge Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers vorzeitig gekündigt worden sind. Die Vorschrift schließt die Geltendmachung einer als Ersatz des Erfüllungsinteresses verlangten Vorfälligkeitsentschädigung aus.“ (BGH Urt. v. 19.01.2016 - XI ZR 103/15 -, Leitsatz)

Der BGH hat damit einer gängigen Praxis der Bankenwelt ein Ende gesetzt und den Verbraucherschutz deutlich gestärkt.

Im Falle der Kündigung wegen Zahlungsverzuges durch die Darlehensgeberin ist der ohnehin oftmals zahlungsunfähige Verbraucher doppelt gestraft gewesen. Neben der Fälligstellung der Restschuld auf das Darlehen, haben die Banken neben dem dann fälligen gesetzlichen Verzugszinssatz in Höhe von 5 Prozentunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz (bei Immobiliardarlehen 2,5 Prozentunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz) häufig eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt. Der Verbraucher musste also doppelt zahlen.

Mehr als nur fraglich war dabei auch die teilweise betriebene Praxis einiger Banken, die verlangte Vorfälligkeitsentschädigung dem nach der Kündigung bestehenden Abwicklungskonto zu belasten und somit nicht nur auf die Restschuld, sondern auch auf die Vorfälligkeitsentschädigung Verzugszinsen zu berechnen.

Schnell konnte hierdurch der Verbraucher in eine Schuldenfalle geraten. Die Kündigung der Bank erfolgte ja in der Regel, weil der überlastete Verbraucher nicht mehr in der Lage war, die Raten für das Darlehen zu bedienen. Wer aber nicht in der Lage ist, die Raten für das Darlehen zu bedienen, wird in der Regel auch nicht in der Lage sein, die dann wesentlich höher ausfallenden Verzugszinsen auf das Forderungs- oder Abwicklungskonto zu zahlen. Dies erst Recht nicht, wenn die zu verzinsende Restschuld durch eine Vorfälligkeitsentschädigung noch erhöht wird. Der finanzierte Kauf des Traumwagens oder des Eigenheims, konnte so schnell zu einer Schuldenfalle und sogar zur Privatinsolvenz für den Verbraucher führen.

Mit der Entscheidung des BGH ist nun klar, dass die Bank (neben der Restschuld) lediglich die Verzugszinsen beanspruchen kann. Verbraucher denen nach der Kündigung des Darlehens durch die Bank auch eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wurde, sollten sich hiergegen unbedingt wehren.

Wie sollten betroffene Bankkunden nun vorgehen?

Die Erfahrungen der vergangenen Monate haben gezeigt, dass einige Banken bereits auf ein erstes Anschreiben des Bankkunden selbst reagieren und eine Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung vornehmen. Sollte dies nicht zum Erfolg führen, sollte man sich nicht entmutigen lassen und anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Aufgrund der klaren Rechtslage, die der BGH geschaffen hat, sind die meisten Banken nicht gewillt ein gerichtliches Verfahren zu riskieren und geben oftmals auf eine anwaltliche Aufforderung von uns hin nach.

Betroffene sollten zunächst eine genaue Aufstellung zu dem Forderungs- oder Abwicklungskonto fordern, sofern eine solche noch nicht vorliegt. Ergibt sich aus dieser Aufstellung, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wurde, fordern Sie diese zurück.

Einen Musterbrief können Sie hier kostenlos downloaden.

Sollte die Bank keine Erstattung vornehmen, lassen Sie ihre Ansprüche durch einen Anwalt überprüfen. Wir helfen Ihnen hier gerne weiter.

Alexander Münch
Alexander Münch

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.

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