BGH: Krankentagegeld darf nicht nachträglich herabgesetzt werden
Mit der Frage, ob ein privater Krankenversicherer das Krankentagegeld des Kunden senken darf, wenn dessen Nettoeinkommen zurückgeht, musste sich kürzlich der Bundesgerichtshof auseinandersetzen. Konkret musste auch geklärt werden, ob der Versicherer zu diesem Zweck eine Klausel ersetzen darf, die zuvor als unwirksam eingestuft worden war. In seinem verbraucherfreundlichen Urteil vom 12.03.2025 (Az.: IV ZR 32/24) verneinte das oberste deutsche Gericht diese beiden Fragen.
Versicherer senkt Krankentagegeld wegen geringerem Nettoeinkommen des Kunden
Geklagt hatte ein Kunde, der bei dem privaten Krankenversicherer eine Krankentagegeldversicherung unterhielt. Die allgemeinen Versicherungsbedingungen enthielten ursprünglich eine Klausel, gemäß der die Versicherungsgesellschaft das Krankentagegeld senken dürfe, wenn das Nettoeinkommen des Versicherungsnehmers sinke. Diese Klausel entsprach zum damaligen Zeitpunkt den Musterbedingungen des Verbandes der Privaten Krankenversicherung.
Doch ebendiese Klausel erklärte der Bundesgerichtshof im Jahr 2016 für unwirksam, weil sie gegen das Transparenzgebot gemäß Paragraf 307 Absatz 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verstieß. Daraufhin erhielt der Kunde 2018 vom Versicherer geänderte Versicherungsbedingungen. Diese enthielten eine neue Klausel, die es dem Versicherer eben doch erlauben sollte, das Krankentagegeld herabzusetzen, wenn das Nettoeinkommen des Versicherungsnehmers sinken sollte. Das wollte der Kunde nicht hinnehmen und klagte gegen den Versicherer. Er forderte, dass die Krankentagegeldversicherung mit dem ursprünglich vereinbarten Tagessatz fortgeführt werden sollte und dass der Versicherer die Differenz zwischen dem alten und dem neuen Tagessatz zahlen müsse.
BGH: neue Klausel zur Herabsetzung des Tagessatzes nicht zulässig
Mit seiner Klage hatte der Versicherungsnehmer zunächst vor dem Landgericht Köln Erfolg. Doch in zweiter Instanz entschied das Oberlandesgericht Köln zugunsten des Versicherers und wies die Klage ab. Der Kläger ging in Revision, sodass schließlich der BGH in der Sache entscheiden musste. Dieser schloss sich der Auffassung des LG Köln an und stellte das ursprüngliche Urteil wieder her.
Die Richter zogen in ihrer Urteilsfindung u. a. Paragraf 164 des Versicherungsvertragsgesetzes heran. Darin heißt es:
„Ist eine Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Versicherers […] für unwirksam erklärt worden, kann sie der Versicherer durch eine neue Regelung ersetzen, wenn dies zur Fortführung des Vertrags notwendig ist oder wenn das Festhalten an dem Vertrag ohne neue Regelung für eine Vertragspartei auch unter Berücksichtigung der Interessen der anderen Vertragspartei eine unzumutbare Härte darstellen würde.“
Schwankendes Einkommen keine unzumutbare Härte für Versicherer
Der BGH kam zu dem Schluss, dass keine der beiden Bedingungen, die eine Neuregelung rechtfertigen würden, im vorliegenden Fall gegeben seien. Zwar könne sich für den Versicherer ein höheres Risiko ergeben, wenn das Nettoeinkommen dauerhaft unter dem versicherten Tagessatz bleiben sollte, doch das stelle keine unzumutbare Härte dar. Auch sei die neue Klausel nicht zwingend zur Fortführung des Vertrags nötig.
Die Richter betonten, dass es sich bei einer Krankentagegeldversicherung um eine Summenversicherung handele. Dass die Versicherungsleistung auch mal vom versicherten Risiko abweichen könne, gehöre also quasi dazu. Außerdem könnten die Abweichungen, abhängig vom Einkommen des Kunden, sowohl nach unten als auch nach oben erfolgen.
Zudem stünden dem Versicherer neben der Herabsetzung des Tagessatzes noch andere Mittel zur Verfügung, so der BGH. Beispielsweise könne er die Prämien erhöhen. Und die Versicherung habe schließlich immer noch das Recht, unberechtigte Leistungsansprüche abzulehnen bzw. die in den AGB vorgesehenen Nachweise für den Versicherungsfall vom Kunden zu fordern.
Wir begrüßen dieses Urteil, weil es die Rechte der Versicherten stärkt. Gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung darf also ein einmal vereinbarter Tagessatz in der Krankentagegeldversicherung nicht durch eine neue Klausel in den AGB herabgesetzt werden. Wenn Ihre Krankentagegeldversicherung genau das getan hat, vertreten wir Sie gerne und sorgen dafür, dass der ursprünglich vereinbarte Satz weiterhin Bestand hat. In einem kostenlosen Erstgespräch beraten wir Sie gerne zu Ihrem Fall.

Julia Bernstein
Angestellte Rechtsanwältin aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwältin Julia Bernstein ist auch Mediatorin.
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