04. Juni 2021

BGH maßregelt Rechtsschutzversicherung wegen unzulässiger Klauseln

In seinem Urteil vom 31.03.2021 (Az.: IV ZR 221/19) hat der Bundesgerichtshof eine Änderung in den Allgemeinen Bedingungen (ARB 2016) der ARAG Rechtsschutzversicherung für unwirksam erklärt. Gegenstand der Auseinandersetzung zwischen dem Versicherer und der Verbraucherzentrale war eine Klausel, laut der für die zeitliche Einordnung eines Rechtsschutzfalles auch Tatsachen zu berücksichtigen seien, die der Gegner des Versicherungsnehmers anführe.

Zeitliche Zurückverlagerung des Versicherungsfalls: Freifahrtschein für Versicherer?

Dadurch bestünde laut Verbraucherzentrale die Gefahr, dass ein Fall zeitlich so weit zurück verlagert werde, dass zu dem Zeitpunkt seitens des Versicherungsnehmers noch kein Rechtsschutz bestand und der Versicherer dementsprechend nicht für den Rechtsstreit aufkommen müsse. Dies sei nicht zulässig, so die klagende Verbraucherzentrale. Sie berief sich dabei auf das Prinzip des verstoßabhängigen Rechtsschutzfalls. Das heißt, die Frage, ob ein Rechtsschutzfall vorliegt, richtet sich nach den vom Versicherungsnehmer behaupteten bzw. wahrgenommenen Pflichtverletzungen. Was der Anspruchsgegner dagegen anführt, ist dabei unerheblich.

Wird also zum Beispiel eine private Krankenversicherung seitens eines Versicherers abgelehnt oder dieser verweigert die Zahlung gewisser Leistungen, ist das aus Sicht des Kunden der Beginn des Konfliktes bzw. der Eintritt des Versicherungsfalls, für den er Rechtsschutz in Anspruch nehmen möchte. Behauptet dann aber der Krankenversicherer, dass der Kunde bei Vertragsabschluss Vorerkrankungen verschwiegen hat, dann wäre das laut der geänderten Klausel in den Bedingungen der ARAG der Zeitpunkt, auf den es ankäme. Der Beginn des Konflikts könnte sich dadurch um Jahre zurück verschieben – also in eine Zeit, in der ggf. noch kein Rechtsschutz bestand. Das heißt, der Rechtsschutzversicherer müsste den Fall dann auch nicht übernehmen.

BGH: Relevant sind die Tatsachen, die der Versicherungsnehmer anführt

Der BGH hatte bereits in früheren Urteilen klargestellt, dass es für die Feststellung eines solchen Versicherungsfalles ausschließlich auf die Tatsachen ankommt, die der Versicherungsnehmer vorträgt und mit denen er seinen Anspruch begründet. Für ihn ist es also der Verstoß, den er seinem Gegner vorwirft, der den Rechtsschutzfall begründet.

Dementsprechend hielt der Bundesgerichtshof diese Klausel für unwirksam. Es sei zum Nachteil des Versicherungsnehmers, wenn Behauptungen des Gegners Einfluss auf die Frage der Leistungspflicht des Rechtsschutzversicherers nehmen können. Dadurch bestünde die große Gefahr, dass die Leistungsverpflichtung des Versicherers an falschen Behauptungen des Gegners scheitern könnte. Und das widerspricht laut BGH dem Vertragszweck einer Rechtsschutzversicherung – nämlich den Versicherungsnehmer bei der Wahrnehmung seiner Interessen zu unterstützen.

Auf Anordnung des Gerichts: Versicherer muss Kunden über unwirksame Klausel informieren

Darüber hinaus verpflichteten die Richter den Versicherer sogar dazu, seine Kunden über die Unwirksamkeit dieser Klausel zu informieren. Denn die Nutzung einer unwirksamen Klausel sei ein Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Daher sei das Versicherungsunternehmen verpflichtet, diese unzulässige Handlung zu beseitigen, indem es seine Kunden entsprechend informiere.

Diese vom BGH auferlegte Pflicht ist insofern bemerkenswert, da gleiches zukünftig auch anderen Unternehmen unterschiedlichster Branchen drohen könnte, wenn diese Kenntnis davon erhalten, dass einzelne Klauseln ihrer Bedingungen zum Nachteil der Kunden und damit unwirksam sind. In unserer Kanzlei führen wir viele Fälle für unsere Mandanten, in denen es um die Zulässigkeit der Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen geht – und das nicht nur bei Versicherungspolicen. Gerne beraten wir auch Sie zu den Erfolgsaussichten in Ihrem Fall. Vereinbaren Sie dazu einfach einen Termin für ein kostenloses Erstgespräch.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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