08. April 2024

BGH: Sportwetten-Verluste müssen bei lizenslosem Angebot zurückerstattet werden

Mit Beschluss vom 22.03.2024 – I ZR 88/23 bekräftigt der Bundesgerichtshof unsere Auffassung zu lizenzlosem Sportwetten- und Glücksspielangebot: Die Spieler haben gegen die Anbieter einen Anspruch auf Erstattung der ihnen entstandenen Verluste!

Ausgangspunkt des Hinweisbeschlusses

Die Beklagte bietet seit mehreren Jahren im Internet Sportwetten an. Der Kläger nutzte das Angebot der Beklagten im Zeitraum von Oktober 2018 bis Dezember 2018. Über eine Lizenz für das Angebot von Sportwetten verfügt die Beklagte erst seit dem Jahr 2021. Die Verluste des Klägers durch das Setzen von Sportwetten belaufen sich auf knapp 12.000 €.

Zutreffend hat das Oberlandesgericht Dresden mit Urteil vom 31.05.2023 – 13 U 1753/22 die Beklagte zur Rückzahlung der dem Kläger entstandenen Verluste verurteilt. Da die Beklagte mit dem Urteil nicht einverstanden ist, legte diese hiergegen Revision zum Bundesgerichtshof ein. Der BGH hat nunmehr in seinem Beschluss vom 22.03.2024 deutlich gemacht, dass er den Anspruch des Klägers für gegeben hält und somit auf der Seite der Spieler steht. Damit ist der BGH voll auf unserer Linie.

BGH: Wettverträge sind wegen Verstoßes gegen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrag 2012 nichtig

Der BGH hat mehrere Verstöße gegen Regelungen des GlüStV 2012 festgestellt, die zu einer Nichtigkeit der Wettverträge nach § 134 BGB führen:

„Die Beklagte hat durch das öffentliche Angebot von Sportwetten gegen die Regelungen in § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen, die ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 134 BGB darstellen. Aus diesem Verstoß dürfte im Streitfall die Nichtigkeit der Sportwettenverträge folgen.“

Aus § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 ergibt sich, dass öffentliche Glücksspiele nur bei Vorliegen einer Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden dürfen. Sofern eine solche Erlaubnis nicht vorliegt, handelt es sich um unerlaubtes Glücksspiel, das nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verboten ist. Dies gilt zunächst für das Spielen in einer Spielbank (terrestrisches Spielen). Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist demgegenüber gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 gänzlich verboten. Eine Erlaubnis war hier nicht möglich.

Der Argumentation der Anbieter, dass § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 einen Erlaubnisvorbehalt für Sportwetten vorsah und daher die Wettverträge nicht nichtig seien, schiebt der BGH richtigerweise einen Riegel vor:

„Entgegen der Ansicht der Revision führt auch die in § 4 Abs. GlüStV 2012 vorgesehene Möglichkeit, die Veranstaltung von Sportwetten – anders als etwa von Casino- oder Automatenspielen –  im Internet zu erlauben, nicht dazu, dass die Nichtigkeit unerlaubter Sportwettenverträge nicht mehr erforderlich ist.“

Der BGH führt hierbei zutreffender Weise den Spielerschutz an, der andernfalls ausgehebelt würde:

„Der Spielerschutz wird beim erlaubten Glücksspiel in Form von Sportwetten insbesondere dadurch verwirklicht, dass minderjährige und gesperrte Spieler ausgeschlossen werden (§ 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV 2012) sowie der monatliche Höchsteinsatz je Spieler grundsätzlich einen Betrag von 1.000 € grundsätzlich nicht übersteigen darf (§ 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV). Besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung müssen ausgeschlossen werden (§ 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV). Wetten und Lotterien dürfen weder über dieselbe Internetdomain angeboten noch darf auf andere Glücksspiel verwiesen oder verlinkt werden (§ 4 Abs. 5 Nr. 5 GlüStV 2012).“

Uns ist aus einer Vielzahl von Fällen bekannt, dass einige Anbieter immer wieder gegen das Einzahlungslimit verstoßen haben bzw. das Casino-Angebot sowie das Sportwettangebot über die gleiche Domain durch einen Link erreicht werden konnten. Auch wurde in einigen Fällen auf der gleichen Internetseite gleichzeitig Werbung für Online-Casino sowie Online-Sportwetten gemacht. Das ist verboten.

Inzwischen ist es nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021 möglich, eine Lizenz für das Angebot von Sportwetten zu erhalten. Auch hierbei müssen selbstredend die oben aufgeführten Spielerschutzvorschriften beachtet werden. Bei einem Verstoß besteht auch in diesem Fall die Möglichkeit der Geltendmachung von Rückerstattungsansprüchen.

Was bedeutet die Entscheidung für die Spieler?

Der BGH kommt zutreffend zu dem Ergebnis, dass gegen einen Sportwettenanbieter ein Anspruch auf Rückerstattung zusteht, sofern dieser über keine Lizenz verfügt und der Spieler in dem lizenslosen Zeitraum gespielt hat.

Ebenfalls kann dem Hinweisbeschluss des BGH entnommen werden, dass nicht nur lizensloses Online-Glücksspiel zur Nichtigkeit der Spielverträge führt, sondern darüber hinaus auch das Spielen in einer Spielbank, sofern die Spielbank nicht über die erforderliche Lizenz verfügt. So ordnet der BGH in seinem Hinweisbeschluss § 4 Abs. 1 GlüStV als Verbotsgesetz ein. Diese Vorschrift besagt, dass öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde veranstaltet und vermittelt werden dürfen. Sofern die Spielbank über keine Lizenz verfügt, ist somit auch hier ein Anspruch auf Rückerstattung möglich. Zudem sind auch hier Verstöße gegen das Einzahlungslimit möglich.

Sofern auch Sie Verluste bei Sportwetten oder Glücksspiel erlitten haben, buchen Sie gerne einen Termin bei uns zu einer kostenlosen Erstberatung. Wir holen für Sie zurück, was Ihnen zusteht.

von Kerstin Messerschmidt
Kerstin Messerschmidt

Angestellte Rechtsanwältin

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