16. April 2024

BGH: Vorschriften zum Einzahlungslimit sind Verbotsgesetz

Die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 22.03.2024 – I ZR 88/23 – enthält auch Ausführungen zum monatlichen Einzahlungslimit von 1.000,00 €.

Bislang war umstritten, ob Vorschriften zum Spielerschutz, wie bspw. das monatliche Einzahlungslimit Verbotsgesetze nach § 134 BGB darstellen und ob aus einem Verstoß gegen diese Normen eine Nichtigkeit der Glücksspielverträge folgt.

Rechtslage bis zum 30.06.2021

Der BGH stellt unmissverständlich klar, dass die Vorschrift des § 4 V GlüStV 2012 ein Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB darstellt.

„a) Die Beklagte hat gegen §4 Abs. 1, 4 und 5. §4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen. Diese unionsrechtskonformen Regelungen stellen ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 134 BGB dar.“ (BGH vom 22.03.2024, Az.: I ZR 88/23)

Demnach dient auch das Einzahlungslimit nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 dem Schutz der Spieler – die bislang gegenteilige Auffassung der rechtlichen Vertreter der Glücksspielbranche ist somit nicht mehr haltbar.

„Das gesetzliche Verbot richtet sich nicht lediglich gegen eine bestimmte Art der Durchführung des Geschäfts, sondern soll insbesondere die negativen wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen für die Spieler verhindern, die durch das Glücksspiel eintreten können.“ (BGH vom 22.03.2024, Az.: I ZR 88/23)

Außerdem stellt der BGH fest, dass das Einsatzlimit des § 4 V Nr. 2 GlüStV 2012 dem Spielerschutz dient, welcher auch den Schutz des Spielers „vor sich selbst“ beinhaltet.

„Gegen die Schutzbedürftigkeit der Spieler spricht dabei nicht, dass das Verlustrisiko bei erlaubten Spielen ebenfalls besteht und jedem Spieler bekannt sein muss. Das gesetzliche Verbot dient auch dem Schutz des Spielers vor sich selbst. Wegen darauf viele Menschen wirkenden besonderen Reize von Glücksspielen und der niedrigen sozialen Hemmschwellen beim Online-Glücksspiel soll es verhindern, dass spielsüchtige und spielsuchtgefährdete Menschen außerhalb jeder aufsichtsrechtlichen Kontrolle in die Lage geraten, trotz des vorhandenen Wissens um das Verlustrisiko - womöglich erhebliche - Verluste zu erleiden.“ (BGH vom 22.03.2024, Az.: I ZR 88/23 – Hervorhebung durch den Unterzeichner).

Auch wird durch das höchste Gericht festgehalten, dass ein Verstoß gegen das gesetzliche Verbot des § 4 V Nr. 2 GlüStV 2012 die Nichtigkeit der zugrundeliegenden Wettverträge erfordert.

(3) Der Verstoß des Sportwettenangebots der Beklagten gegen das gesetzliche Verbot des § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 dürfte die Nichtigkeit der mit dem Kläger geschlossenen Sportwettenverträge erfordern. Der Zweck des Verbotsgesetzes dürfte in diesem Fall nicht anders zu erreichen sein als durch die zivilrechtliche Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB.

Dagegen spricht nicht, dass bei einem erlaubten Sportwettenangebot aus dem Verstoß gegen die Auflage möglicherweise keine Nichtigkeit des Sportwettenvertrags folgt. In diesem Sinn hat der Bundesgerichtshof zu der in einer Spielbankerlaubnis nach dem Hessischen Spielbankgesetz vom 21. Dezember 1988 (GVBI. 1989 l S. 1) vorgesehenen Auflage, dass jeder Spieler vor Spielbeginn ein Limit bestimmt, entschieden, dass bei Missachtung der Auflage die Veranstaltung des Glücksspiels nicht nach § 284 Abs. 1 StGB strafbar und deswegen auch der Spielvertrag nicht nach § 134 BGB in Verbindung mit§ 284 Abs. 1 StGB nichtig ist (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2008 - III ZR 190/07, WRP 2008, 958 Juris Rn. 19]; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. April 1967 - VII ZR 1/65, BGHZ 47, 393 Juris Rn. 26]). Dies ergibt sich daraus, dass § 284 Abs. 1 StGB an die behördliche Erlaubnis anknüpft, die nicht ipso iure durch den Verstoß gegen die Auflage, sondern erst nach einem Widerruf der Behörde entfällt und die Auflage selbst kein Verbotsgesetz im Sinn des § 134 BGB darstellt. Darauf kommt es im Streitfall jedoch nicht an, weil die Beklagte unmittelbar gegen das gesetzliche Verbot des § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen hat. Anders als im Fall eines Verstoßes gegen Auflagen in einer Konzession kann die Einhaltung des Höchsteinsatzes nach § 4 Abs.5 Nr. 2 GlüStV 2012 unter den Umständen des Streitfalls zudem nicht von der zuständigen Behörde überwacht und durchgesetzt werden. (BGH vom 22.03.2024, Az.: I ZR 88/23 Hervorhebung durch Unterzeichner).

Nach höchster Rechtsprechung wird der durch das Einsatzlimit nach § 4 V Nr. 2 GlüStV 2012 verfolgte Zweck nur durch eine Nichtigkeit des Sportwettverträge gewährleistet.

Vorliegend ist demnach das Schicksal der Spielverluste bis zum 01.07.2021 (Inkrafttreten GlüStV 2021), bereits vom BGH bestimmt worden.

Rechtslage nach dem 01.07.2021

Dass unter dem GlüStV 2021 geltende Einzahlungslimit nach § 6c GlüStV 2021 ist nach dem Willen des Gesetzgebers wesentlicher Inhalt der Neuregulierung des Spielmarktes.

Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll dieses Einzahlungslimit die finanziellen Folgen für Spieler sowie auch deren Angehörige verringern. Sinn und Zweck der neuen Regelung ist also zweifelsfrei der Schutz der Spieler vor unkontrollierten finanziellen Verlusten. Es handelt sich dementsprechend auch um einen Schutz der Spieler „vor sich selbst“.

Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich auch, dass sich der neue § 6c GlüStV 2021 an der Vorgängernorm des § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 orientiert. Dem § 6c GlüStV 2021 kommt hierbei allerdings noch mehr „Schutzfunktion“ als der Vorgängervorschrift zu, da das Einzahlungslimit nun anbieterübergreifend ausgestaltet ist. Die Eigenschaft als Verbotsgesetz ergibt sich insbesondere daraus, dass diese Vorschrift die Einzahlungen korrespondierend mit Spielverträgen nach dem Erschöpfen des Limits verbietet.

Demnach wird § 6c GlüStV 2021 konsequenterweise als Verbotsgesetz i.S.v. des § 134 BGB qualifiziert werden müssen, mit der Folge, dass eine Nichtigkeit, bzw. Teilnichtigkeit bei einem Verstoß gegen die Vorschrift Rechtsfolge wäre.

Jedenfalls wird die Wahrung der spielerschützenden Vorschriften – also Einhalten des Einzahlungslimits - nach unserer Auffassung nach wie vor als vertragliche Nebenpflicht verstanden, deren Verletzung zum Schadensersatz führt.

Sollten auch Sie kein Einzahlungslimit gesetzt haben bzw. dem Glücksspielanbieter keine bzw. keine ausreichenden Einkommensnachweise  zur Verfügung gestellt haben, helfen wir Ihnen gerne den daraus entstandenen Schaden durchzusetzen.

von Benedikt Nilges
Benedikt Nilges

Angestellter Rechtsanwalt

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