09. Februar 2024

BGH zu Kfz-Haftpflichtstreit: Wer haftet beim Rückwärtsfahren mit Anhänger?

Wer muss bei einem Unfall mit einem rückwärtsfahrenden Fahrzeug samt Anhänger haften? Die Kfz-Haftpflichtversicherung, die Versicherung des Anhängers, oder beide? Mit dieser Frage musste sich der Bundesgerichtshof Ende 2023 befassen.

Kfz-Versicherer verlangt Hälfte der Schadenssumme von Anhänger-Versicherung

Eine Versicherungsnehmerin hatte beim Rückwärtsfahren mit ihrem Wagen samt Anhänger einen Unfall gebaut. Das Fahrzeug und den Anhänger hatte sie bei zwei unterschiedlichen Versicherungsunternehmen versichert. Den Schaden in Höhe von 930 Euro erstattete zunächst die Kfz-Haftpflichtversicherung dem Geschädigten. Anschließend forderte sie von der Anhänger-Versicherung die Hälfte des regulierten Schadens zurück, insgesamt 465 Euro. Nach Auffassung der Kfz-Versicherung würden laut Paragraf 426 Bürgerliches Gesetzbuch beide Versicherer als Gesamtschuldner zu gleichen Teilen haften.

Das sah die Anhänger-Versicherung anders und verweigerte die Zahlung, woraufhin der Kfz-Versicherer Klage beim Landgericht Hannover einreichte. Die Beklagte verwies in ihrer Argumentation auf Paragraf 19 Absatz 4 StVG. Aus diesem ginge hervor, dass im Schadensfall nur der Fahrzeughalter (bzw. in diesem Fall die Kfz-Versicherung) hafte.

Klägerin: Beim Rückwärtsfahren liegt kein „Ziehen“ des Anhängers vor

Etwas anderes ergebe sich aus der Norm nur, wenn der Anhänger zum Beispiel durch Überlänge, Übergröße oder als Schwertransporter eine höhere Gefahr begründe als das Zugfahrzeug selbst oder einen technischen Defekt habe. Allein das Ziehen des Anhängers stelle jedoch keine höhere Gefahr da. Die Klägerin hielt dem entgegen, dass in dem vorliegenden Fall kein Ziehen erfolgt sei. Denn Ziehen sei eine Bewegung nach vorn. Die Autofahrerin war jedoch mit dem Anhänger rückwärtsgefahren. Dementsprechend habe keine Zugbewegung vorgelegen.

Dieser Argumentation schloss sich das Landgericht Hannover jedoch nicht an und wies die Klage ab. Das wollte die klagende Versicherung nicht hinnehmen und reichte Revision ein. Schließlich landete der Fall vor dem Bundesgerichtshof. Die Richter in Karlsruhe kamen zu dem Schluss, dass auch das Rückwärtsfahren mit einem Anhänger ein „Ziehen“ im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) darstelle, und wiesen mit Urteil vom 14.11.2023 (Az.: VI ZR 98/23) die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hannover aus Februar 2023 zurück.

BGH: Kfz-Versicherung muss allein haften

Ob ein Anhänger tatsächlich gezogen oder zum Beispiel während eines Rangiervorganges geschoben werde, sei nicht relevant, so der BGH. „Entscheidend ist allein seine abstrakte Bestimmung, prinzipiell an ein Kraftfahrzeug angehängt zu werden.“ Der Senat ergänzte weiter, dass die Anhängerhaftung in einer alten Fassung des StVG sprachlich anders formuliert gewesen sei. Dort hieß es, dass ein Anhänger dazu bestimmt sei, von einem Kraftfahrzeug „mitgeführt zu werden“. Nach einer Reform sei diese Formulierung durch „gezogen zu werden“ ersetzt worden, was aber laut der entsprechenden Gesetzesbegründung nur sprachliche Gründe gehabt habe. „Eine inhaltliche Änderung durch den Gesetzgeber sollte damit ausdrücklich nicht verbunden sein.“ Auch das spreche dafür, das ein Rückwärtsfahren mit Anhänger als „Ziehen“ gelten zu lassen.

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Dominik Fammler
Dominik Fammler

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Dominik Fammler ist auch Fachanwalt für Verkehrsrecht.

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