Böse Überraschung bei Rentenbeginn: versteckte Riester-Kosten
Kurz vor der ersten Zahlung aus der Riester-Rente kassiert die Versicherungsgesellschaft plötzlich teure Abschlusskosten und „übrige Kosten“. So ist es einigen Sparern mit Riester-Banksparplan bei verschiedenen Instituten ergangen. Denn bei dem Sparplan kommt am Ende eine Versicherung ins Spiel – entweder sofort bei Rentenbeginn oder ab dem 85. Geburtstag, nach Ablauf des vorgeschalteten Bankauszahlplans.
Woher kommen diese Abschlusskosten?
Die Banken zahlen das Vorsorgevermögen als Einmalbeitrag in eine Rentenversicherung. Die Versicherungsgesellschaften ziehen davon direkt einen erheblichen Betrag für Kosten ab. Dabei geht das nicht aus den Bedingungen der ursprünglichen Riester-Verträge hervor. Erst kurz vor Rentenbeginn erhalten die Kunden eine Information über diese Kosten – manchmal sogar noch später.
In einem Fall bei der Raiffeisenbank wurden dem Kunden 599 Euro für „Abschluss- und Vertriebskosten“ und ca. 270 Euro für „übrige einkalkulierte Kosten“ berechnet. Hinzu kommen laufende Verwaltungskosten in der gesamten Rentenlaufzeit. Ähnlich bei der Kreissparkasse Kaiserslautern: Dort sollen die Kunden bei Rentenbeginn 6 Prozent ihres angesparten Geldes an die Versicherungskammer Bayern zahlen. Die Kreissparkasse schließt für ihre Riester-Kunden bei diesem Versicherer eine Rentenversicherung ab. Pro 100 Euro gezahlter Rente fallen hier 1,75 Euro Verwaltungskosten an – und zwar über die gesamte Rentenlaufzeit hinweg.
Riester-Sparer legten Widerspruch ein
Einige Kunden haben inzwischen bei ihrer Bank Widerspruch gegen diese Kosten eingelegt. Eine Kundin legte sogar Beschwerde beim Ombudsmann der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken ein, nachdem die Bank den Widerspruch abgelehnt hatte. Nach Auffassung des Ombudsmannes würden Abschluss- und Vertriebskosten in Höhe von 598,93 Euro den wirtschaftlichen Sinn des Altersvorsorgevertrages ernsthaft in Zweifel ziehen. Diese seien seiner Einschätzung nach exorbitant hoch. In Bezug auf die „einmalig übrigen kalkulierten Kosten“ bemängelte er allein schon die vage Formulierung. Zudem gebe der Altersvorsorgevertrag für den Anfall solcher Kosten nichts her.
Manche Banken erstatteten den Betrag auf den Widerspruch ihrer Kunden hin sofort zurück, andere wiederum stellten sich stur. Letztere, darunter auch die Kreissparkasse Kaiserslautern, wurden daraufhin von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg verklagt. Die Landgerichte in Kaiserslautern, Dortmund und München stellten sich allesamt auf die Seite der Verbraucherschützer. So sei die Abschlusskostenklausel in den Riester-Banksparplanverträgen nach Auffassung des Landgerichts München völlig unbestimmt und dementsprechend unwirksam. Die Sparkassen nahmen die Urteile jedoch nicht hin und legten Berufung ein, sodass sich möglicherweise der Bundesgerichtshof mit der Sache befassen muss.
Kosten aus Vertragsklauseln nicht ersichtlich
Aus den betreffenden Verträgen geht meistens nicht eindeutig hervor, dass bei Beginn des Auszahlphase solch hohe Kosten anfallen. In den Bedingungen der Sparkasse Westholstein heißt es beispielsweise: „Für den Altersvorsorgevertrag VorsorgePlus werden während der gesamten Vertragslaufzeit keine Abschluss- und Vertriebskosten […] berechnet. Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente in der Auszahlungsphase wird der Sparer ggf. mit angemessenen Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet.“ Solche Klauseln wurden inzwischen von mehreren Landgerichten für intransparent und damit ungültig erklärt.
Andere Geldhäuser berufen sich inzwischen gar nicht mehr auf die Kosten-Klauseln in den ursprünglichen Banksparplan-Verträgen. So schreibt die Sparkasse Westmünsterland ihren Kunden, es handele sich dabei nicht um Klauseln, sondern lediglich um unverbindliche Hinweise.
Dafür berufen sich die Sparkassen nun auf das Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz. Diesem Gesetz zufolge hat eine Kosteninformation spätestens drei Monate vor Beginn des Auszahlphase zu erfolgen. Davon war bei Vertragsbeginn jedoch nicht die Rede. Und viele Kunden erhielten eine solche Kostendarstellung erst anderthalb Monate später als gesetzlich vorgeschrieben. Andere haben im Vorfeld nie eine Kostendarstellung erhalten und so erst im Nachhinein von den Kosten erfahren – und zwar durch die bei Riester vorgeschriebene Bescheinigung der Bank fürs Finanzamt über die Höhe des Vorsorgekapitals.
Wofür die Kunden dabei eigentlich zahlen sollen, bleibt hingegen völlig unklar. Die Banken schließen den Versicherungsvertrag direkt für den Kunden ab, sodass keine Vermittlerprovisionen oder andere Aufwendungen des Versicherers anfallen. Auch können sich die Kunden die Versicherungsgesellschaft nicht aussuchen. Zwar haben sie grundsätzlich das Recht, zu einem anderen Versicherer zu wechseln, doch kaum ein Versicherungsunternehmen würde einen Kunden kurz vor Rentenbeginn noch annehmen. Das Geld bleibt zudem meistens in der gleichen Finanzgruppe, denn die Sparkassen und Volksbanken schließen die Verträge für gewöhnlich bei Versicherern ihrer jeweiligen Finanzgruppe ab.
Wie können sich Verbraucher vor dieser Riester-Abzocke schützen?
Vor Vertragsabschluss sollten Verbraucher unbedingt Angebote vergleichen. Und zwar nicht nur zwischen verschiedenen Geldinstituten, sondern auch innerhalb einer Bank. Denn bei Riester können sich die Kunden zwischen einem Bankauszahlplan und einer sofort beginnenden Rentenversicherung entscheiden. Bei einem Bankauszahlplan fließt die Rente bis zum 85. Geburtstag. Erst danach erfolgt die monatliche Zahlung aus einer Rentenversicherung. Bei der Sofortrente beginnt die monatliche Zahlung aus der Rentenversicherung sofort mit Rentenbeginn. Es lohnt sich, die Kosten und garantierten Renten beider Angebote genau zu vergleichen und sich für das günstigste bzw. beste Angebot zu entscheiden. In beiden Fällen besteht außerdem die Möglichkeit, sich 30 Prozent des angesparten Geldes bei Rentenbeginn auszahlen zu lassen.
Wurde bereits vor längerer Zeit ein Riester-Sparplan abgeschlossen, kann der Vertrag auch noch kurz vor Rentenbeginn gekündigt werden. Zwar muss dann die Förderung zurückgezahlt werden, doch kann diese Option durchaus eine Alternative sein, z. B. wenn das Geld früher benötigt wird, die Rentenzahlungen aber erst einige Jahre später erfolgen oder wenn hohe Kosten die Rente drücken. Das Guthaben kann außerdem verwendet werden, um eine selbst genutzte Immobilie zu entschulden, zu kaufen oder zu bauen oder um einen altersgerechten Umbau zu finanzieren.
Zudem muss das erste Angebot der Bank für die Rentenphase nicht zwingend angenommen werden. Ist das Angebot unbefriedigend oder wird die monatliche Riester-Rente nicht sofort benötigt, können Kunden auch einfach auf ein besseres Angebot warten. Da die Rente dann später beginnt, erhöht sich der Zahlbetrag. Gleichzeitig verkürzt sich die Rentenlaufzeit.
Wer kurz vor Rentenbeginn steht und nun ebenfalls zur Kasse gebeten wird, kann bei der Bank oder Sparkasse Widerspruch gegen solche Abschluss- und Vertriebskosten einlegen. Wenn das nichts bringt, besteht noch die Möglichkeit, Beschwerde bei den Schlichtungsstellen der Banken oder bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einzulegen.
Wer außerdem vor Beginn der Auszahlphase keinerlei Information über die Kosten erhalten hat oder erst weniger als drei Monate vor Rentenbeginn, kann sich ebenfalls an die BaFin wenden. Denn in dem Fall hat das Finanzinstitut gegen die Regeln zur Informationspflicht des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes verstoßen, was dann von der BaFin geprüft und ggf. sanktioniert wird.
Wir stehen Ihnen dabei gerne zur Seite und übernehmen den Widerspruch bzw. die Kommunikation mit der Bank für Sie. Als Spezialisten für Bank- und Kapitalmarktrecht sind wir mit solchen Fällen bestens vertraut und wissen, wie wir Ihre Interessen am schnellsten und effektivsten durchsetzen können. Vereinbaren Sie dazu einfach einen Termin für ein kostenloses und unverbindliches Erstgespräch.
Guido Lenné
Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.
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