28. März 2020

Corona-Krise: Zu welchen Maßnahmen ist der Arbeitgeber berechtigt?

Für Urlaub und den Zeitausgleich bei Abbau von Überstunden ist grundsätzlich das beiderseitige Einverständnis von Arbeitnehmer und Arbeitgeber notwendig. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Bundesurlaubsgesetz gilt grundsätzlich Folgendes:

„Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.“

Grundsätzlich beantragt der Arbeitnehmer den Urlaub nach seinen Wünschen. Der Gesetzgeber schränkt die Urlaubswünsche nur dann ein, wenn dringende betriebliche Belange seitens des Arbeitgebers den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers entgegenstehen. Dringende betriebliche Belange können beispielsweise ein plötzlich eingehender Großauftrag sein, der es erforderlich macht, dass alle Mitarbeiter anpacken müssen.

Gilt das auch in der aktuellen Krisensituation?

Im Zusammenhang mit dem Coronavirus stellt sich nun die Frage, ob ein Rückgang von Aufträgen und damit einhergehenden Umsatzeinbußen es dem Arbeitgeber erlauben, seine Belegschaft zwangsweise in den Urlaub zu schicken. Können die im Zusammenhang mit dem Virus entstehenden, betrieblichen Einschränkungen dringende betriebliche Belange darstellen und einen Zwangsurlaub rechtfertigen? Das ist zum jetzigen Zeitpunkt eher nicht der Fall. Allein als Vorsichtsmaßnahme kann der Arbeitgeber grundsätzlich die Arbeitnehmer nicht kurzfristig zwangsweise in den Urlaub schicken. Dem steht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Beschäftigung entgegen. Auch bei einer mangelnden Auftragslage darf der Arbeitgeber also nicht ohne Weiteres Zwangsurlaub anordnen.

Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer unter einer behördlich angeordneten Quarantäne steht, der Arbeitgeber aufgrund einer behördlichen Anordnung eine Betriebsschließung durchführt oder aber der Arbeitgeber den Betrieb als reine Vorsichtsmaßnahme schließt.

Darf der Arbeitgeber mich zwingen, Überstunden abzubauen?

Die Anordnung des Arbeitgebers, als Vorsichtsmaßnahme bereits angesammelte Überstunden abzubauen, kann ggf. möglich sein. Hier sind jedoch zunächst die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und die tarifvertraglichen Regelungen zu prüfen. Unter Abwägung der Interessen der Arbeitnehmer könnte eine Anordnung auf Abbau von Überstunden möglich sein, wenn Regelungen in den Arbeits- oder Tarifverträgen vorhanden sind, die im Falle von Auftragsrückgängen solche Maßnahmen rechtfertigen.

Viele Mitarbeiter im Betrieb sind erkrankt. Darf der Arbeitgeber in diesem Falle eine Urlaubssperre verhängen?

Auch hier gilt wiederum § 7 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz: Der Gesetzgeber schränkt die Urlaubswünsche nur dann ein, wenn dringende betriebliche Belange seitens des Arbeitgebers den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers entgegenstehen. Eine vorübergehende Urlaubssperre kann dann gerechtfertigt sein, wenn wegen der erkrankten Mitarbeiter nicht sichergestellt ist, dass die Fortführung des Betriebs aufrechterhalten werden kann.

Darf der Arbeitgeber Überstunden anordnen?

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer nur zur Leistung von Überstunden verpflichtet, wenn hierzu eine tarif- oder arbeitsvertragliche Regelung oder eine Betriebsvereinbarung besteht. Bei erheblichen, krankheitsbedingten Ausfällen im Betrieb könnte eine Anordnung auf Überstundenleistung durch den Arbeitgeber durchaus gerechtfertigt sein.

Kurzarbeitergeld (KuG), Urlaubsgewährung und Abbau von Überstunden

Im Hinblick auf das KuG muss der Arbeitgeber vor der Inanspruchnahme den Abbau von Überstundenguthaben sowie Zeitguthaben anordnen. Der Arbeitgeber kann nicht ohne Weiteres einseitig Urlaub anordnen. Hierzu bedarf es einer wirksamen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

In der aktuellen Ausnahmesituation besteht sowohl seitens der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer viel Unsicherheit über die individuelle Umsetzung solcher Maßnahmen und deren Rechtmäßigkeit. Wir stehen Ihnen in unserer Kanzlei hierzu gerne beratend zur Seite.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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