08. Juni 2016

Dashcam-Aufnahmen zum Nachweis von Ordnungswidrigkeiten

Als „Dashcam“ wird eine kleine Videokamera auf dem Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe eines Fahrzeugs bezeichnet, die während der Fahrt aufnimmt. Rechtsfragen, die sich beim Einsatz von „Dashcams“ stellen, sind seit einiger Zeit in der (amtsgerichtlichen) Rechtsprechung und Literatur stark umstritten und werden uneinheitlich beantwortet.

Nunmehr hat sich erstmals ein Oberlandesgericht mit dieser Thematik befasst und ist zum dem Ergebnis gekommen, dass derartige Aufnahmen zum Nachweis von Ordnungswidrigkeiten zulässig sind und somit in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren als Beweismittel verwendet werden dürfen (Oberlandesgericht Stuttgart: Beschluss vom 4. Mai 2016 – 4 Ss 543/15).

Dem voraus ging eine uneinheitliche, amtsgerichtliche Rechtsprechung, da der Einsatz sogenannter Dashcams aufgrund der möglichen Tangierung des Persönlichkeitsrechts der gefilmten Personen kontrovers behandelt wurde. Dabei kam es auch nicht darauf an, ob der Einsatz der Dashcam zum Nachweis einer begangenen Ordnungswidrigkeit oder schlicht zum Nachweis einer Unfallverursachung diente.

Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart sollen die Aufnahmen mittels Dashcam als Beweismittel genutzt werden können, selbst wenn einiges dafür spräche, dass sie gegen die Vorgaben des Art. 2 GG verstoßen  und einen unzulässigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der gefilmten Person darstellen.

In diesem Sinne stellt das Oberlandesgericht Stuttgart die Sicherheit des Straßenverkehrs als Rechtsgut klar über das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung.

Das Oberlandesgericht Stuttgart begründet seine Entscheidung mit der Vorschrift des § 6b BDSG, nach der Aufzeichnungen dann erlaubt seien, wenn mit ihnen berechtigte Interessen für konkret festgelegte Zwecke gewahrt werden sollen und die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen sowie mit der Tatsache, dass ein Ordnungswidrigkeitenverstoß auch durch reguläre, anlassbezogene Messungen und Aufzeichnungen hätte festgestellt werden können.

Der Senat hob zugleich aber hervor, dass die Bußgeldbehörden ihrerseits bereits bei Verfahrenseinleitung die Verwertbarkeit derartiger Aufnahmen zu prüfen und u. a. die Schwere des Eingriffs gegen die Bedeutung und das Gewicht der angezeigten Ordnungswidrigkeit abzuwägen hätten. Aufgrund des Opportunitätsgrundsatzes  stehe es den Bußgeldbehörden frei, ein ausschließlich auf der Ermittlungstätigkeit von privaten Personen mittels „Dashcam“ beruhendes Verfahren nicht weiter zu verfolgen.

Die Auswirkungen dieser Entscheidung sind derzeit noch nicht absehbar.

Insbesondere bleibt abzuwarten, ob andere Oberlandesgerichte sich der Rechtsprechung der Stuttgarter Richter anschließen werden. In diesem Sinne sollte der Beschluss nicht als Freibrief verstanden werden, um dauerhafte Aufnahmen während Fahrten anzufertigen.

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Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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