10. März 2017

Der Bundesgerichtshof verneint die Zulässigkeit einer Feststellungklage in Widerrufsfällen

Mit Urteil vom 21.02.2017 (- XI ZR 46715 -) entschied der Bundesgerichtshof (BGH) über die Zulässigkeit einer sogenannten Feststellungsklage. Die Klägerin begehrte in dem Verfahren zunächst die Feststellung, dass der ursprünglich geschlossene Immobiliardarlehensvertrag „wirksam widerrufen worden sei“.

Das Landgericht (LG) München hatte die Klage abgewiesen. In dem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht München (OLG) hatte die Klägerin, wohl auf einen Hinweis des Gerichts hin, ihre Klage dahingehend geändert, festzustellen, dass die Darlehensverträge jeweils in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden seien.

Zur Erläuterung:
Durch den Widerruf wandelt sich das Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis. Dies hat zur Folge, dass

  • bestehende Erfüllungsansprüche erlöschen,
  • bereits erbrachte Leistungen zurück zu gewähren sind und
  • gezogene Nutzungen herauszugeben sind.

Um die Entscheidung des BGH und dessen Relevanz zu verstehen, muss man zunächst wissen, dass zwischen der Zulässigkeit einer Klage und der Begründetheit einer Klage, also die Antwort auf die Frage, ob der geltend gemachte Anspruch tatsächlich besteht, unterschieden werden muss.

Die Bedeutung der Entscheidung des BGH liegt nicht in der Begründetheit, also der Frage, ob der Klägerin das Widerrufsrecht zustand, sondern wie dieses gerichtlich in zulässiger Weise geltend zu machen ist.

Für die Fälle, in denen das Darlehen bereits abgelöst ist, bestand in der Rechtsprechung kein wesentlicher Streit darüber, dass eine Leistungsklage (Zahlungsklage) zu erheben ist. Der Regelfall war und ist noch immer eine Leistungsklage auf Rückzahlung einer bereits geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung und/oder weiterer Zinsvorteile, die sich durch den Widerruf ergeben haben. Im Rahmen der bereits stattgefundenen Ablösung des Darlehens liegt also eine Überzahlung vor. Der überzahlte Betrag wird dann geltend gemacht. Für den erfahrenen Juristen ein Standardfall.

Schwieriger wird es dagegen, wenn das Darlehen noch nicht abgelöst wurde. Eine Überzahlung liegt nicht vor, eine Leistungsklage erscheint daher nicht der richtige Weg zu sein.

Es stehen sich dann die Ansprüche des Verbrauchers auf Erstattung der geleisteten Zahlungen, nebst Nutzungsersatz Zug um Zug, mit dem Anspruch der Bank auf Rückgabe der Darlehensvaluta nebst Nutzungsersatz gegenüber.

Für diesen Fall wurde vielfach oben besagter „Feststellungantrag“ bei den Gerichten gestellt. Ein solcher kann beispielsweise lauten:

„Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag vom tt.mm.jjjj (Darlehensnummer / Darlehensbetrag) in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.“

Durch einen solchen Antrag steht fest, dass der ursprüngliche Darlehensvertrag wirksam widerrufen wurde und nun rückabgewickelt werden muss. Es steht jedoch nicht fest, wie diese Rückabwicklung aussieht.

Die Oberlandesgerichte (OLGs) haben daher verschiedene Rechtsauffassungen zu der Zulässigkeit einer solchen Feststellungsklage vertreten.

Einige OLGs haben solche Anträge für unzulässig erachtet, da mit einer solchen Feststellung der Rechtsstreit nicht erschöpfend geklärt sei. Insbesondere stehe durch den Ausspruch des Gerichts dann nicht fest, welchen Betrag die Bank noch zu erhalten habe. Die Gerichte bestanden dann oftmals auf die Bezifferung des Rückzahlungsbetrages durch den Bankkunden.

Andere Gerichte, so beispielsweise das OLG Nürnberg, hielten einen solchen Feststellungsantrag für zulässig und sahen die Pflicht zur Berechnung, also zur genauen Bezifferung des Rückabwicklungsbetrages, eher bei der Bank.

„[…] kann dem Darlehensnehmer nicht zugemutet werden, die Last der weder in rechtlicher noch in  tatsächlicher Hinsicht gänzlich unproblematischen Berechnung eigener Ansprüche zu übernehmen und einen Rechtsstreit zu beginnen, […]“ (OLG Nürnberg Urt. v. 26.09.2016 – 14 U 969/15 -)

Der BGH hat nun entschieden, dass ein Feststellungsantrag nicht zulässig sein soll und die verbraucherfreundliche Rechtsauffassung abgelehnt.

Der BGH entschied wie folgt:

„Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert am Vorrang der Leistungsklage. Das Begehren, die Umwandlung eines Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis feststellen zu lassen, deckt sich in Fällen wie dem vorliegenden, dem kein verbundener Vertrag zugrunde liegt, wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, die die Klägerin beziffern kann. Ihr ist deshalb eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar.“ (BGH Pressemitteilung 20/2017)

Nach unserer Rechtsauffassung bedeutet dies jedoch nicht, dass nun jeder Verbraucher, der ursprünglich eine „einfache Feststellung“ beantragt hatte, nun nur noch verlangen kann, dass die Bank zur Zahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen nebst Nutzungsersatz Zug um Zug gegen Rückgabe der Darlehensvaluta nebst Nutzungsersatz verurteilt wird. Dies dürfte dem Verbraucher nämlich letztlich nicht weiterhelfen. Der Verbraucher wird in der Regel Schwierigkeiten haben die volle Darlehensvaluta nebst Nutzungsersatz bereitzustellen.

Dem entsprechend wird der Verbraucher die Aufrechnung seiner Ansprüche gegenüber den Ansprüchen der Bank erklären. Hierdurch geht der Zahlungsanspruch des Verbrauchers unter und der Anspruch der Bank wird entsprechend gemindert. Da der Verbraucher dann keine Auszahlung mehr verlangen kann, muss wieder ein Feststellungsantrag gestellt werden. Dies gilt jedenfalls für die Fälle in denen der Anspruch der Bank den Anspruch des Verbrauchers übersteigt.

Um den Rechtstreit erschöpfend zu erledigen dürfte dann allerdings ein bezifferter Feststellungsantrag nötig sein.

Ein solcher könnte wie folgt lauten: 

„Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag vom tt.mm.jjjj (Darlehensnummer / Darlehensbetrag) in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde und der Beklagten hieraus per tt.mm.jjjj ein Anspruch i. H. v. XY € zusteht.“

Wir stellen solche Anträge nach Aufrechnung schon seit geraumer Zeit für unsere Mandanten. Bisher hat hier noch kein Gericht ein Problem hinsichtlich der Zulässigkeit eines solchen Antrags gesehen. Auch das Umstellen eines „einfachen“ Feststellungsantrags auf einen bezifferten Antrag ist während eines laufenden Verfahrens noch möglich.

Zwar muss hier eine nicht ganz unproblematische Berechnung der wechselseitigen Ansprüche vorgenommen werden, um eine solche kommt der Verbraucher jedoch ohnehin nicht herum, möchte er überprüft wissen, ob es denn überhaupt stimmt, was die Bank vorgerechnet hat bzw. errechnen sollte.

Das Urteil des BGH vom 21.02.2017 - XI ZR 46715 - stellt daher keinen Grund für die Verbraucher dar, um die Durchsetzung der Ansprüche aus dem Widerruf zu fürchten. Das Urteil stellt somit aus unserer Sicht keinen Rückschlag für Bankkunden dar.

Unsere Rechtsauffassung bestätigte auch die 15. Kammer des Landgerichts (LG) Köln. Mit Datum vom 28.02.2017 erhielten wir folgenden Hinweis:

Die Kammer teilt die Schlussfolgerungen der Beklagten aus der Pressemitteilung zur Entscheidung BGH, Urt. v. 21.02.2017 (-XI ZR 467/15-) nicht. Die Kläger hier können angesichts des zu ihren Lasten bestehenden Widerrufssaldos nicht auf eine Leistungsklage verwiesen werden.

Gerne helfen wir Ihnen dabei, dass Ihre Ansprüche gegenüber Ihrer Bank durchzusetzen. Rufen Sie uns doch einfach an, damit wir einen kostenfreien Erstberatungstermin vereinbaren können: 0214 909-840-0

Alexander Münch
Alexander Münch

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.

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