11. November 2019

Die Abzocke der Schweizer Banken

Auf den Internetseiten vieler Schweizer Großbanken wird potenziellen Bankkunden gerne versichert, dass ihre Interessen stets im Mittelpunkt der Geschäftsaktivitäten stünden und mit ihrem Geld besonders verantwortungsvoll, seriös und nachhaltig umgegangen werde. Tatsächlich aber sitzen die Banken auf Milliarden, die eigentlich nicht ihnen, sondern ihren Kunden gehören. Die Rede ist von sogenannten Retrozessionen.

Was sind Retrozessionen?

Dabei handelt es sich primär um Vermittlungsprovisionen und Kickback-Zahlungen von Finanzanbietern wie z. B. Fondsgesellschaften. Diese Provisionszahlungen müssten die Banken eigentlich an ihre Kunden weitergeben, was in den meisten Fällen aber nicht passiert, nicht zuletzt, weil viele Kunden davon gar nichts wissen. Retrozessionen entstehen beispielsweise beim Umschichten von Vermögen sowie durch jährlich anfallende Provisionen und Rabattierungen, wie es bei Aktiengeschäften der Fall ist. Teilweise haben sich in diesem Bereich regelechte Maschen entwickelt. So wird beispielsweise ein und dieselbe Aktie von Wertpapierhändlern mehrmals am Tag ge- und wieder verkauft und dabei jedes Mal kräftig abkassiert.

Zwar hat das Schweizer Bundesgericht mehr als einmal höchstrichterlich festgestellt, dass die Banken diese Retrozessionen an ihre Kunden weitergeben müssen – rückwirkend und bei Verzug sogar mit fünf Prozent Zinsen pro Jahr. Doch viele Banken scheinen sich nicht sonderlich für diese Urteile zu interessieren, sondern kassieren munter weiter und behalten die Retrozessionen ein. Wenn ein Kunde tatsächlich einmal nachfragt, berufen sie sich auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen und behaupten, der Kunde habe mit seiner Unterschrift zugestimmt, auf Retrozessionen zu verzichten. Tatsächlich wissen die meisten Kunden gar nicht, dass sie diese Ansprüche haben. Und selbst Kunden, die um Retrozessionen wissen, erfahren für gewöhnlich nicht, wie viel Geld die Bank in ihrem Fall einbehält. Experten gehen von durchschnittlich etwa einem Prozent des individuellen Anlagevolumens aus.

Die Rede ist von Milliardenbeträgen

In der Summe geht es also um Milliardenbeträge. Laut Schätzungen aus Expertenkreisen soll sich beispielsweise das Gesamtvolumen der Retrozessionen für das Jahr 2012 auf 4,2 Milliarden Schweizer Franken belaufen haben. Das sind umgerechnet rund 3,8 Milliarden Euro und macht in dem Jahr ca. 12,4 Prozent der gesamten Wertschöpfung im Schweizer Bankensektor aus.

Tatsächlich sollen die Beschwerden seitens Bankkunden über die Nichtauszahlung von Retrozessionen aber zurückgehen. Einige Großbanken geben inzwischen an, keine Anlagefonds oder strukturierten Produkte mit Retrozessionen mehr zu vertreiben. Doch scheinbar wurde in vielen Fällen lediglich das Kleingedruckte im Vertrag geändert. Mit Vertragsunterzeichnung verzichten Anleger also mitunter auf ihre Ansprüche, ohne es zu wissen.

Häufig Anleger aus Deutschland betroffen

Häufig betroffen sind vor allem deutsche Kunden, die ihr Geld seit Jahren in der Schweiz angelegt haben. In diesen Fällen ist die Problematik noch wesentlich komplexer, denn nicht selten handelte es sich in der Vergangenheit dabei um Schwarzgeld, sodass die Kunden, selbst wenn sie von den einbehaltenen Retrozessionen wussten, kein Aufsehen erregen und sich mit den Banken nicht gerichtlich auseinandersetzen wollten.

Grundsätzlich gilt sowieso: Wer die ihm zustehenden Retrozessionen einfordern will, muss Geduld und Durchhaltevermögen mitbringen, denn die Banken stellen sich bei dem Thema gerne erst einmal taub. Fragt der Kunde bei der Bank konkret nach Retrozessionen, gehen gerne mal ein paar Monate ins Land, bis er eine Antwort bekommt. Die Banken spielen hier bewusst auf Zeit, denn die Ansprüche des Kunden können verjähren. Diese Verjährungsfristen würden nur unterbrochen, wenn im jeweiligen Fall ein Gericht entscheidet und zum Beispiel ein Vollstreckungstitel erwirkt wird.

Ungeachtet der geltenden Rechtsprechung leitet also kaum eine Bank die Provisionen freiwillig an die Kunden weiter. Manche haben als Konsequenz auf retrozessionsfreie Finanzprodukte umgestellt oder planen dies zu tun. Doch viele machen weiter wie gehabt.

Anleger sollten sich von ihrer Bank nicht hinhalten lassen, sondern sich anwaltlich vertreten lassen. Das ist nicht zuletzt schon deswegen ratsam, weil die Berechnung der Höhe der Ansprüche in diesen Fällen äußerst kompliziert und aufwendig ist. Als Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bin ich damit bestens vertraut, ebenso wie mit dem Umgang mit den Banken, und weiß, welche Strategie zum Erfolg führt. In einer kostenlosen Erstberatung bespreche ich mit Ihnen gerne Ihre Optionen.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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