20. August 2018

Erbrecht – Benutzerkonto eines sozialen Netzwerks geht auf Erben über

Im Erbfall gilt in Deutschland das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 Abs. 1 BGB). Das bedeutet, dass das Vermögen des Erblassers immer als Ganzes auf den oder die Erben übergeht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun mit Urteil vom 12.07.2018 - Az.: III ZR 183/17 - bestätigt, dass dies auch für das Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk gilt. Der Erbe tritt in den Vertrag, den der Erblasser mit dem sozialen Netzwerk unterhält, ein. Er hat also Anspruch auf Zugang zum Benutzerkonto, einschließlich der darin enthaltenen Kommunikationsinhalte (vgl. BGH, Pressemitteilung Nr. 115/2018).

Welcher Fall lag dem Urteil zugrunde?

In dem Fall, den der BGH zu entscheiden hatte, war die minderjährige Tochter der Erben (Mutter und Vater) gestorben. Die Tochter hatte bei einem bekannten sozialen Netzwerk ein Benutzerkonto unterhalten. Das Benutzerkonto war mit Einwilligung der Eltern angelegt worden.

Nachdem die Tochter ums Leben kam, versuchte die Mutter, sich Zugang zu dem Benutzerkonto zu verschaffen. Das Benutzerkonto war jedoch bereits in den sog. „Gedenkzustand“ versetzt worden. Ein Zugriff auf die Nutzerdaten war damit nicht mehr möglich. Die Mutter verlangte daraufhin Zugang zu dem Benutzerkonto und den darin enthaltenen Kommunikationsinhalten.

Was hat der BGH entschieden?

Der BGH hat entschieden, dass der Nutzungsvertrag zwischen der Tochter (Erblasserin) und dem sozialen Netzwerk nach dem Tod der Tochter auf die Eltern (Erben) übergeht. Dementsprechend können die Erben genauso Zugriff auf das Benutzerkonto verlangen wie die Erblasserin zuvor.

Die Rechtsnatur des Vertrages steht nach der Rechtsauffassung des BGH dem Übergang des Vertrages auf die Erben nicht entgegen. Der Nutzungsvertrag begründet keine höchstpersönlichen Ansprüche, die untrennbar mit der Person der Erblasserin verbunden gewesen wären. Im Übrigen gehen auch höchstpersönliche Inhalte auf die Erben über. Dokumente mit höchstpersönlichem Inhalt, wie zum Beispiel Tagebücher oder persönliche Briefe, werden ebenfalls vererbt. Der BGH sah keinen Grund dafür, dass dies nicht auch für digitale Inhalte gelten sollte.

Persönlichkeitsrechte der Kommunikationspartner

Eine andere Wertung soll sich auch nicht aus dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Kommunikationspartner der Erblasserin ergeben. Für andere Nutzer des Netzwerks besteht kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass nicht auch andere Personen als die Kontoinhaberin Zugriff auf die Inhalte erlangen können.

Andere Nutzer können zwar darauf vertrauen, dass die Kontoinhaberin Inhalte (z. B. gesendete Nachrichten) anderen Personen nicht zugänglich macht, ein unmittelbar schützenswertes Vertrauen wird dadurch jedoch nicht begründet. Andere Nutzer müssen damit rechnen, dass sich Dritte rechtswidrig Zugang zum Benutzerkonto verschaffen oder die berechtigte Person Dritten diesen Zugang gewährt. Ebenso müssen andere Nutzer damit rechnen, dass nach dem Tod des Kontoinhabers dessen Erben Zugriff auf das Konto erlangen.

Auch das postmortale Persönlichkeitsrecht der Erblasserin, das Fernmeldegeheimnis sowie die kürzlich in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung stehen der Vererblichkeit des Benutzerkontos nicht entgegen. Vertragliche Ausschlussgründe (z. B. durch AGB) hat der BGH ebenfalls verneint.

Wenn Sie also ein Erbe antreten, ist der Zugriff auf Social-Media-Benutzerkonten ebenfalls Teil des Gesamterbes. Gerne beraten wir Sie zu diesem sowie allgemeinen Aspekten bei Antritt eines Erbes und erledigen für Sie außerdem die zeitaufwendigen und komplexen bürokratischen Schritte oder vertreten Sie bei Erbstreitigkeiten. Nutzen Sie dafür einfach unsere kostenlose Erstberatung.

Alexander Münch
Alexander Münch

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.

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