27. Januar 2023

Erneutes BGH-Urteil zu Zinsanpassungen in Prämiensparverträgen

Am 24.01.2023 entschied das oberste deutsche Gericht über eine Musterklage der Verbraucherzentrale Sachsen gegen die Sparkasse Vogtland, in der es einmal mehr um Zinsanpassungen in Prämiensparverträgen ging. Bereits im Oktober 2021 hatte es dazu ein Urteil gegeben. Nun hat der BGH seine Rechtsprechung noch einmal bekräftigt: Bei Sparverträgen mit variablem Zinssatz müssen Zinsänderungen für die Verbraucher nachvollziehbar und kalkulierbar sein. Damit sind die Klauseln in vielen alten Prämiensparverträgen unwirksam. Das bedeutet, dass den Sparern teilweise beträchtliche Zinsnachzahlungen zustehen.

Zinsklausel in alten Prämiensparverträgen unwirksam

Wie viele andere Prämiensparverträge, die in den 90er- und 2000er-Jahren abgeschlossen wurden, enthielten auch die Vertragsbedingungen der Sparkasse eine unzulässige Klausel, gemäß der sie den Zinssatz täglich ändern und lediglich per Aushang bekannt geben konnte. Die Verbraucherzentrale verlangte, dass die Zinsen monatlich und nach konkret vereinbarten – und für die Verbraucher transparenten – Regeln angepasst werden müssten.

Solche Klauseln waren hauptsächlich bei den Sparkassen, aber auch bei den Volks- und Raiffeisenbanken zu finden. Dadurch waren die Finanzhäuser in der Lage, den variablen Zinssatz weitestgehend frei anzupassen. Den Sparern wurden auf diese Weise mitunter Zinszahlungen, in manchen Fällen bis in den dreistelligen Euro-Bereich, vorenthalten. Diese Klauseln seien unzulässig, bekräftigte nun erneut der Bundesgerichtshof.

Die vorliegende Klage gegen die Sparkasse Vogtland wies der BGH an das OLG Dresden zurück. Dieses soll nun den Referenzzinssatz bestimmen, der für die genaue Berechnung der Ansprüche seitens der Sparer maßgeblich ist. Darüber hinaus entschied der BGH, dass Zinsanpassungen grundsätzlich unter Beibehaltung des anfänglichen relativen Abstands zwischen Vertragszinssatz und Referenzzinssatz vorzunehmen seien (Verhältnismethode).

Bereits das zweite BGH-Urteil zu unzulässigen Zinsanpassungen

Damit bekräftigte das oberste deutsche Gericht noch einmal seine Rechtsprechung, die aus einem BGH-Urteil im Oktober 2021 hervorging. Wir berichteten über den Fall. Den Artikel dazu finden Sie hier. Auch damals hatten die Richter eine Klausel (die insbesondere bei der Sparkasse zur Anwendung kam) für unwirksam erklärt, weil sie den Sparern keine Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen bot. Und genau wie heute stellten sie klar, dass für die Verzinsung der Sparverträge ein Zinssatz für langfristige Spareinlagen als Referenz zugrunde zu legen sei, welcher der Statistik der Deutschen Bundesbank zu entnehmen ist. Die Zinsanpassung dürfe lediglich in einem monatlichen Rhythmus vorgenommen werden. Außerdem müsse der sog. relative Abstand zwischen dem anfänglichen Zinssatz und dem Referenzzinssatz für die gesamte Vertragslaufzeit beibehalten werden.

Das heißt, dass schon seit Oktober 2021 viele Sparer Anspruch auf Zinsnachzahlungen gehabt hätten. Zwar hat nicht automatisch jeder Kunde mit einem solchen Vertrag auch zu wenig Zinsen erhalten, aber doch mehr, als den Finanzinstituten lieb sein dürfte. Die ihnen zustehenden Zinsnachzahlungen hätten laut Verbraucherzentrale allerdings nur die wenigsten Sparer erhalten. Dem Bundesgerichtshof liegen hierzu rund 20 Klagen vor. Wie aus Medienberichten hervorgeht, würden den Bankkunden durchschnittlich Nachzahlungen in Höhe von 2.500 Euro zustehen. Bei 1,2 Millionen Verträgen in ganz Deutschland könnten so Nachzahlungen von bis zu drei Milliarden Euro auf die Banken zukommen.

Banken spielen auf Zeit: Kundenansprüche drohen zu verjähren

Kein Wunder also, dass die Banken und Sparkassen versuchen, auf Zeit zu spielen. Denn viele Sparverträge sind inzwischen ausgelaufen oder wurden gekündigt, wodurch die Ansprüche der Kunden bald verjähren könnten. Verbraucherschützer versuchen deshalb jetzt, mit Musterfeststellungsklagen den Druck zu erhöhen.

Um die ihnen zustehenden Nachzahlungen tatsächlich zu erhalten, müssen die Sparer – unabhängig von der Musterfeststellungsklage – selbst Druck bei ihrer Bank machen und ihre Ansprüche durchsetzen. Dabei stehen wir Ihnen in unserer Kanzlei gerne zur Seite. Aus zahlreichen Mandaten verfügen wir über weitreichende Erfahrung mit der Einforderung von Zinsnachzahlungen. Gerne beraten wir Sie auch zu Ihrem konkreten Fall im Rahmen eines kostenlosen Erstgesprächs.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

Wir helfen Ihnen gerne! Kontaktieren Sie uns. Oder vereinbaren Sie hier online einen Termin für eine telefonische kostenfreie Erstberatung.

4,7/5 Sterne (3 Stimmen)

Zurück

Navigation öffnen Schließen E-Mail Telefon Suche Online-Terminvereinbarung Mehr lesen