09. November 2021

Erstattung von Online-Sportwetten-Verlusten: zunehmend spielerfreundliche Rechtsprechung

Nachdem das Landgericht Nürnberg-Fürth mit seinem Urteil vom 19.07.2021 einem Spieler die Erstattung von Sportwetten-Verlusten zugesprochen hat, haben kürzlich das LG Landshut und das LG Gießen diese positive Rechtsprechung zugunsten der Spieler fortgesetzt.

Beide Landgerichte gehen davon aus, dass das Fehlen einer Erlaubnis zum Veranstalten bzw. Vermitteln von Online-Sportwetten zur Nichtigkeit der Wettverträge und damit zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung führt. Das heißt, dass die Spieler ihre Sportwetten-Verluste (Einzahlungen abzüglich Auszahlungen) erstattet bekommen können.

LG Landshut: Glücksspielstaatsvertrag verstößt nicht gegen geltendes EU-Recht

Das LG Landshut hat in seinem Urteil vom 08.10.2021 ganz klar festgestellt, dass das im Glücksspielstaatsvertrag 2012 geregelte Konzessionsverfahren nicht gegen das EU-Recht, insbesondere die Niederlassungsfreiheit nach Art. 56 AEUV, verstößt:

„b) Der Annahme eines gesetzlichen Verbots und der daraus folgenden Nichtigkeit der Wettspielverträge stehen auch europarechtliche Vorschriften, insbesondere die Niederlassungsfreiheit nach Art. 56 AEUV, nicht entgegen.“ (LG Landshut, Urteil vom 08.10.2021, Az.: 75 O 1849/20)

Das LG Landshut hat sich dabei insbesondere mit der von der Gegenseite immer wieder zitierten „Ince“- Entscheidung des EuGH auseinandergesetzt und diese, in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, für nicht einschlägig befunden.

Die Frage nach der Wirkung der Duldung seitens der zuständigen Aufsichtsbehörde haben die Richter hingegen offengelassen, da im vorliegenden Fall kein Antrag auf Erteilung einer Konzession bzw. Erlaubnis gestellt worden war.

LG Gießen: Duldung durch Aufsichtsbehörde setzt Verbot nicht außer Kraft

Das LG Gießen hat dagegen in seinem Urteil vollkommen zu Recht hervorgehoben, dass auch eine mögliche Duldung des Sportwetten-Angebots durch die zuständige Aufsichtsbehörde das Verbotsgesetz nicht außer Kraft setzen kann und für die Interessen der Spieler deshalb ohne Belang ist:

„Auch eine etwaige Duldung des Angebots der Beklagten durch das Hessische Innenministerium ist nicht geeignet, das genannte Verbotsgesetz außer Kraft zu setzen, und ist deshalb – jedenfalls im Verhältnis zum Kläger als Verbraucher – nicht erheblich.“ (LG Gießen, Urteil vom 27.09.2021, Az.: 2 O 227/20)

Mit anderen Worten betrifft eine möglicherweise bestehende Duldung durch die zuständigen Behörden lediglich das Verhältnis des Sportwettenanbieters zur zuständigen Behörde. Das heißt, dass der Anbieter z. B. nicht mit einem Bußgeld bzw. mit einer kurzfristigen Untersagung zu rechnen hat. Eine Befreiung von den zivilrechtlichen Konsequenzen bei Verstoß gegen das Verbotsgesetz ergibt sich daraus jedoch nicht.

Eine Behörde als Teil der Exekutive verfügt zudem nicht über die Kompetenz, gesetzliche Verbote durch Duldungsmaßnahmen aufzuheben. Diese Kompetenz steht allein der gesetzgebenden Gewalt – also der Legislative – zu, indem alte Gesetze aufgehoben und neue verabschiedet werden. In dem vom Bundesgerichtshof bestätigten Urteil des Kammergerichts Berlin heißt es hierzu:

„3. 

Zu widersprechen ist aber auch dem Ansatz der Berufung, den Dokumenten eine – gar ,generalisierende‘ – ,Duldung des Angebots unerlaubten Glücksspiels zu entnehmen und sonach für den erkennenden Senat Gleiches anzusinnen (was letztlich darauf hinausliefe, eine diesbezügliche Zivilklage contra legem abzuweisen). Insoweit sei auch an Art. 20 Abs. 3 Hs. 2 GG erinnert, wo die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind. 

a)

Eine Entscheidung der Legislative, den bisherigen Glücksspielstaatsvertrag aufzuheben oder nicht mehr anzuwenden gibt es nicht. (KG Berlin, Urteil vom 06.10.2020, Az.: 5 U 72/19; bestätigt durch den BGH, Beschluss vom 22.07.2021, Az.: I ZR 199/20; Hervorhebung durch Autor)

Gute Chancen für Spieler: immer häufiger verbraucherfreundliche Rechtsprechung

Die spielerfreundliche Entwicklung in der Rechtsprechung zu den Erstattungsansprüchen der Spieler bei Online-Sportwetten-Verlusten ist sehr zu begrüßen, da so nicht nur die Rechte der Verbraucher gestärkt, sondern auch die Rechtslage in Einklang mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 hergestellt bzw. aufrechterhalten wird.

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Alexander Münch
Alexander Münch

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.

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