EuGH stärkt Verbraucherrechte – Kein Zahlungsanspruch der Handwerker bei unterbliebener Widerrufsbelehrung
Ein Fall aus Essen beschäftigte jüngst den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Ein Verbraucher hatte mündlich einen Handwerker für die Elektroinstallation seines Hauses beauftragt, der die Arbeiten auftragsgemäß ausgeführt und dem Verbraucher in Rechnung gestellt hat. Der Verbraucher verweigerte die Bezahlung der Rechnung und widerrief den Vertrag. Der EuGH (Urteil vom 17.05.2023 – C-97/22) entschied zugunsten des Verbrauchers, da dieser nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Warum die Entscheidung richtig ist und was Verbraucher tun können, erfahren Sie hier.
Das Widerrufsrecht
Immer häufiger werden Verträge nicht in den Geschäftsräumen des Unternehmers, sondern übers Internet oder telefonisch geschlossen. Bei einem Vertragsschluss außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu. Grund dafür ist, dass der Verbraucher möglicherweise psychisch unter Druck steht oder einem Überraschungsmoment ausgesetzt ist. Unerheblich ist dabei, ob der Verbraucher oder der Handwerker den Kontakt zuerst hergestellt hat.
Das Widerrufsrecht beträgt grundsätzlich 14 Tage, vorausgesetzt, der Verbraucher ist über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden. Bei einer fehlenden oder unrichtigen Widerrufsbelehrung verlängert sich das Widerrufsrecht um ein Jahr.
Konsequenzen der unterbliebenen Widerrufsbelehrung
Da eine Widerrufsbelehrung in dem vorliegenden Fall nicht erfolgt war, konnte der Verbraucher den Vertrag auch noch über den Ablauf der 14 Tage hinaus widerrufen. Bei der Ausübung des Widerrufsrechts ist es unerheblich, dass der Handwerker die Leistung bereits erbracht hat. Folge des Widerrufs ist, dass der Handwerker seinen Anspruch auf Vergütung aus dem widerrufenen Vertrag verliert.
Um ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherstellen zu können, verneint der EuGH zutreffend, dass dem Handwerker auch kein Anspruch wegen einer ungerechtfertigten Bereicherung des Verbrauchers zusteht. Andernfalls würde es im Ergebnis keinen Unterschied machen, ob der Verbraucher über das Widerrufsrecht belehrt worden ist oder nicht.
Verlangt der Verbraucher – z. B. in dringenden Reparaturangelegenheiten –, dass mit den Arbeiten bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, hat der Handwerker auch dann nur einen Anspruch auf Wertersatz, wenn er den Verbraucher über das Widerrufsrecht belehrt hat. Die Handwerker sind somit in der Pflicht, den Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu belehren und so ihren Anspruch auf Vergütung zu sichern.
Was das Urteil für Sie als Verbraucher bedeutet
Wenn Sie einen Handwerker außerhalb dessen Geschäftsräumlichkeiten beauftragt haben, steht Ihnen ein Widerrufsrecht zu.
Hat der Handwerker Ihnen eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung ausgehändigt, beträgt Ihr Widerrufsrecht 14 Tage. Möchten Sie in einer dringenden Reparaturangelegenheit, dass der Handwerker bereits vor Ablauf der 14 Tage für Sie tätig wird, steht dem Handwerker gegen Sie ein Anspruch auf Wertersatz für die erbrachten Leistungen zu.
Hat der Handwerker Sie nicht ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht belehrt, können Sie den Vertrag auch noch bis zu einer Frist von einem Jahr und 14 Tagen nach Vertragsschluss widerrufen, unabhängig davon, ob die Arbeiten durch den Handwerker bereits ausgeführt worden sind oder nicht. Mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung steht dem Handwerker dann auch kein Wertersatz zu. Sie brauchen also nicht zu zahlen.
Viele Verbraucher werden sich nunmehr folgende Fragen stellen:
Bin ich ordnungsgemäß über mein Widerrufsrecht belehrt worden?
Welche Anforderungen werden an eine Widerrufsbelehrung gestellt?
Wie kann ich den Widerruf erklären?
Was soll ich tun, wenn ich von dem Handwerker eine Rechnung erhalten habe oder dieser mich auf Zahlung verklagt?
Gerne helfen wir Ihnen bei der Beantwortung dieser und weiterer Fragen, die im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht stehen. Dafür können Sie unsere kostenlose Erstberatung in Anspruch nehmen. In diesem beraten wir Sie gerne über das Widerrufsrecht und die weiteren rechtlichen Schritte.
Kerstin Messerschmidt
Angestellte Rechtsanwältin
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