20. Dezember 2024

EuGH zur Ermäßigung der Provision bei vorzeitiger Rückzahlung eines Kredits

Wenn Verbraucher einen Kredit vorzeitig zurückzahlen, können sie einen Teil der Provision für die Kreditgewährung zurückfordern. Zumindest dann, wenn der Kreditgeber sie nicht im Vorfeld darüber aufgeklärt hat, dass die ge­for­der­te Provision nicht von der Laufzeit des Vertrags abhängig ist. So lautet ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17.10.2024 (Az.: C-76/22).

In dem betreffenden Fall hatte eine Frau in Polen einen Hypothekenkreditvertrag mit einer Laufzeit von 30 Jahren abgeschlossen. Für die Gewährung des Kredits zahlte sie eine Provision an die Bank. Doch schon 19 Monate später zahlte die Frau den gesamten Kredit zurück. Daraufhin forderte sie die Bank auf, ihr den Anteil der Provision für die Restlaufzeit des Vertrags zu erstatten. Als die Bank die Erstattung verweigerte, erhob die Kreditnehmerin Klage. Zu Recht, wie der EuGH nun entschied. Kreditnehmer dürften nicht durch mangelnde Information seitens der Bank benachteiligt werden.

Fehlende Information der Bank, dass Provision nicht mit Vertragslaufzeit zusammenhängt

Zur Involvierung des EuGH kam es, weil das angerufene polnische Gericht Zweifel in Bezug auf die Auslegung der Richtlinie über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher (2014/17/EU) hatte. Konkret ging es dem polnischen Gericht um die Frage, ob die Bank die Provision anteilig erstatten müsse, weil sie der Kundin bei Vertragsabschluss nicht mitgeteilt hatte, dass die Provision nicht von der Laufzeit des Kreditvertrags abhängig ist. Sollte ein Erstattungsanspruch bestehen, wollten die polnischen Richter vom Europäischen Gerichtshof wissen, nach welcher Methode der zu erstattende Betrag berechnet werden müsse. Der EuGH bejahte nun den Erstattungsanspruch der Klägerin. Der Grund: Indem die Bank sie bei Vertragsabschluss nicht darauf hingewiesen hatte, dass die Provision nicht von der Vertragslaufzeit abhängig ist, sei die Verbraucherin benachteiligt worden.

Wenn eine Bank den Kunden nicht umfassend über die Bedingungen der Kreditgewährung informiere, könne angenommen werden, dass die Provision im Zusammenhang mit der Laufzeit des Vertrags stehe. Folglich könne im Fall der vorzeitigen Rückzahlung von einer Ermäßigung der Provision ausgegangen werden. Die Provision falle laut EuGH unter das Recht der Verbraucherin auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits. Daran ändere auch die vorzeitige Rückzahlung aller Raten auf einmal nichts.

Kreditgeber seien verpflichtet, ihre Kunden vor Vertragsabschluss über die Aufschlüsselung der Kosten nach einmaligen und regelmäßigen Kosten zu informieren, so der Gerichtshof. Erhielte ein Kreditnehmer keine Information dazu, ob bestimmte Kosten mit der Laufzeit des Vertrags zusammenhängen oder davon unabhängig sind, könne er davon ausgehen, dass sie bei vorzeitiger Rückzahlung Gegenstand einer Ermäßigung sind. Nach Ansicht des EuGH darf ein Verbraucher nämlich nicht durch das Fehlen von Informationen benachteiligt werden, zu deren Erteilung der Kreditgeber verpflichtet ist. Auch die Tatsache, dass der Verbraucher Kosten bei Vertragsabschluss auf einmal entrichtet hat, bedeute nicht zwangsläufig, dass diese Kosten von der Laufzeit des Vertrags unabhängig sind und somit nicht erstattet werden können.

EuGH bestätigt Anspruch der Kreditnehmerin auf anteilige Erstattung

Der Europäische Gerichtshof kam daher zu dem Schluss, dass die Bank der Klägerin die Provision anteilig erstatten muss. Die Richter verwiesen jedoch darauf, dass das Unionsrecht keine konkrete Berechnungsmethode zur Bestimmung der Höhe der Ermäßigung vorgebe. Daher komme es dem nationalen Gericht zu, eine Methode zu bestimmen, die einen hohen Verbraucherschutz gewährleiste.

Obwohl die Informationspflichten von Kreditgebern genau festgelegt sind, kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass den Verbrauchern vor Vertragsabschluss nicht alle Informationen angemessen übermittelt werden. Das kann, wie im vorliegenden Fall, zu einem Anspruch auf Ermäßigung bzw. Erstattung bestimmter Kosten führen oder sogar eine Rückabwicklung des Vertrags möglich machen. Wenn auch Sie nicht umfassend von Ihrem Kreditgeber zur Aufteilung der Kosten oder anderen relevanten Vertragsgegenständen informiert wurden, prüft die Anwaltskanzlei Lenné gerne, ob Erstattungsansprüche gegenüber der Bank bestehen, und setzt diese für Sie durch. Lassen Sie sich hierzu einfach in einem kostenlosen Erstgespräch in unserer Kanzlei beraten.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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