28. März 2020

Flugpreiserstattung bei Flugausfall wegen Coronavirus

Aufgrund des sich weltweit ausbreitenden Coronavirus kündigen immer mehr Fluggesellschaften Flugausfälle an. Wird ein Flug durch die Fluggesellschaft annulliert, so besteht für den betroffenen Fluggast vom Grundsatz her die Möglichkeit, Schadensersatz nach der EU-Fluggastrechteverordnung (Verordnung Nr. 261/2004) zu verlangen. Diese gewährt bei Flugannullierung oder Flugverspätungen von mehr als 3 Stunden einen pauschalen Schadensersatzanspruch zwischen 250 und 600 Euro.

Regelungen der Fluggastrechteverordnung

Voraussetzung ist allerdings, dass die Fluggesellschaft den Reisenden nicht mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Annullierung unterrichtet hat (vgl. Art. 5 Abs. 1 c) i) VO (EG) Nr. 261/2004). In diesem Fall besteht kein Anspruch auf Schadensersatz. Mittlerweile dürfte dies in den meisten Fällen geschehen.

Informiert die Fluggesellschaft den Reisenden in dem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit, so muss eine hinreichende Ersatzbeförderung angeboten werden. Gleiches gilt, wenn die Flugannullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit bekannt gegeben wird. In beiden Fällen darf die Ersatzbeförderung nur um wenige Stunden von der eigentlich planmäßigen Abflugs- und Ankunftszeit abweichen (vgl. Art. 5 Abs. 1 c) ii) u. iii) VO (EG) Nr. 261/2004).

Die Flugannullierung darf zudem nicht auf einem Grund beruhen, den die Fluggesellschaft nicht zu vertreten hat. Das heißt, die Annullierung darf nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückgehen, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alles Zumutbare durch die Fluggesellschaft unternommen worden wäre (vgl. Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 261/2004).

Bei Flugannullierung aufgrund des Coronavirus scheint es zunächst plausibel, dass die Flugannullierungen nicht im Machtbereich der Fluggesellschaft gelegen haben. In Wirklichkeit dürfte dies aber nur auf einen Teil der Flugstreichungen zutreffen. Tatsächlich finden die meisten Annullierungen aus rein wirtschaftlichen Überlegungen der Fluggesellschaft statt. Nicht ausgelastete und damit unwirtschaftliche Flüge sind aber das Risiko der Fluggesellschaft und eben kein außergewöhnlicher Umstand, auf den die Fluggesellschaft keinen Einfluss nehmen könnte. In diesen Fällen bleiben die Fluggesellschaften zur Zahlung von Schadensersatz nach der EU-Fluggastrechteverordnung verpflichtet.

Etwas anderes würde bei behördlichen Flugverboten oder Reisen in Regionen, für die eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes besteht, gelten. Dieses rät z. B. derzeit von nicht erforderlichen Reisen nach Italien ab (Stand 27.03.2020, gültig seit 26.03.2020, Quelle: https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/italiensicherheit/211322). Für einzelne Länder ist eine direkte Reisewarnung zwar nicht ausgesprochen, für China gilt aber z. B. eine Teilreisewarnung (Stand 27.03.2020, gültig seit 24.03.2020, Quelle: https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/chinasicherheit/200466). Seit dem 27.03.2020 hat das Auswärtige Amt jedoch nun eine weltweite Reisewarnung wegen des Coronavirus ausgesprochen (Stand 27.03.2020, Quelle: https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/covid-19/2296762).

Stornierung von Flugtickets

Gleiches gilt auch für die Stornierung von Flugtickets. Wer seinen Flug vorsorglich nicht antreten will, der unterliegt den Stornierungsbedingungen der Fluggesellschaft, es sei denn, es besteht eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Wer vorschnell seinen Flug selber umbucht oder storniert, der verliert jedoch die Möglichkeit, Schadensersatz nach der EU-Fluggastrechteverordnung zu verlangen.

Da für die Fluggesellschaften die geänderten Flugpläne nun schon seit einigen Tagen feststehen, dürften die Informationen über Flugannullierungen die Fluggäste in vielen Fällen rechtzeitig erreichen, sodass ein Anspruch auf Schadensersatz ausgeschlossen ist. Für die meisten Fluggäste wird es daher auf die Frage ankommen, ob ein Anspruch auf Erstattung des Reisepreises besteht.

Hinsichtlich des bereits gezahlten Ticketpreises zeigen sich die Fluggesellschaften aktuell kulant. Von Flugannullierungen betroffenen Fluggästen bietet die Lufthansa z. B. die Möglichkeit der kostenfreien Umbuchung oder Ticketstornierung. Gleiches gilt, sollte ein Fluggast aufgrund geänderter Einreisebestimmungen wegen des Coronavirus seine Flugreise nicht antreten können (Quelle: https://www.lufthansa.com/de/de/fluginformationen).

Von Fluggesellschaften, die sich nicht so kulant zeigen, sollten sich Fluggäste nicht einzig auf eine Ersatzbeförderung oder Gutscheine verweisen lassen. Hinsichtlich der Erstattung des Reisepreises liegt das Wahlrecht beim Fluggast:

Art. 8 Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung 

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen 

a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit – einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt, 

b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder

c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze. (Art. 8 Abs. 1 VO (EG) Nr. 261/2004, Hervorhebung durch uns)

Die Erstattung des Reisepreises geschieht durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen (vgl. Art. 7 Abs. 3 VO (EG) Nr. 261/2004).

Wer sich nicht sicher ist, ob er Anspruch auf Erstattung hat und welches Vorgehen im vorliegenden Fall ratsam ist, den beraten wir in unserer Kanzlei dazu gerne.

Alexander Münch
Alexander Münch

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.

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