21. April 2022

Fristlose Kontokündigungen bei N26

Zahlreichen Kunden der Berliner Neobank wurde plötzlich fristlos das Konto gekündigt. Sie hatten entweder gar keinen Zugriff mehr auf ihr Konto oder mussten feststellen, dass die Bank sämtliche Gelder vom Konto abgehoben hatte. Laut Medienberichten wurde deutschlandweit in 40 Fällen der Zugang zum Konto gesperrt. Doch es soll auch Beschwerden aus Italien und Frankreich geben.

Die betroffenen Kontoinhaber erhielten ein Schreiben der Onlinebank, in dem steht, dass N26 auf dem betreffenden Konto einen Verstoß gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgestellt habe und das Konto daher außerordentlich gekündigt werde. Die Kündigung erfolge gemäß den „Grundregeln für das Verhältnis zwischen Kunde und Bank“ und sei mit sofortiger Wirkung wirksam.

Mit Kündigungsschreiben handelt N26 ihren eigenen AGB zuwider

Interessant ist, dass in all diesen Schreiben als Grund für die Kündigung ein Verstoß gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen angeführt wird, jedoch mit keinem Wort erwähnt wird, um was für einen Verstoß es sich dabei handeln soll. Laut den AGB der Onlinebank ist eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund grundsätzlich möglich. Doch dieselben AGB legen auch fest, dass die Bank dem Kunden im Falle einer Vertragsverletzung eine Frist zur Abhilfe einräumen muss.

Unter „Grundregeln für die Beziehung zwischen Kunde und Bank“ in den Geschäftsbedingungen heißt es, dass eine Kündigung „aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist“ nur zulässig ist, wenn:

  1. der Kunde falsche Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gemacht hat,
  2. eine deutliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse eintritt/einzutreten droht oder
  3. der Kunde seiner Verpflichtung zur Bestellung bzw. Verstärkung von Sicherheiten nicht innerhalb der von der Bank gesetzten, angemessenen Frist nachkommt.

Sämtliche Gelder von Kundenkonten verschwunden

Es wird von Kunden berichtet, die sich zwar noch in ihr Konto einloggen konnten, dann aber feststellen mussten, dass N26 sämtliches Geld vom Konto abgehoben hatte. Für laufende Abbuchungen war kein Geld mehr da. Sollten aber Transaktionen abgelehnt werden, würde dem Kunden eine Gebühr berechnet, so die Mitteilung von N26. Fiele das Konto dann ins Minus, würden zudem Überziehungszinsen fällig. Wohin N26 das von den Konten abgebuchte Geld transferiert hat, ist nicht bekannt.

Gegenüber den Medien erklärte N26, es käme gelegentlich vor, dass Konten eingfroren oder geschlossen werden müssten, wenn dort ungewöhnliche Aktivitäten festgestellt oder die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verletzt würden. In diesen seltenen Fällen würden die Kunden jedoch umgehend informiert. Zu den konkreten Hintergründen der Schließungen machte die Neobank keine Angaben.

Einige Kunden wurden darüber informiert, dass es derzeit nicht möglich sei, ihr restliches Kontoguthaben auszuzahlen. Sie wurden gebeten, anhand entsprechender Belege einen Nachweis über die Herkunft der Gelder vorzulegen. Danach werde die Auszahlung des Restguthabens erneut überprüft. Ein solcher Herkunftsnachweis wird aber für gewöhnlich nur bei Verdacht auf Geldwäsche oder betrügerische Kontoaktivitäten verlangt.

Häufige Probleme mit illegalen Kontoaktivitäten bei N26

Scheinbar hatte die Bank in den letzten Jahren öfters Probleme, weil Kriminelle über ihre Konten illegal erworbenes Geld ins Ausland geschleust haben. In Medienberichten aus dem letzten Jahr war von rund 1600 Konten bei der Neobank die Rede, die zwischen 2019 und 2021 eröffnet und scheinbar für Fake Shops und betrügerische Ebay-Konten genutzt wurden.

Daraufhin hatte die deutsche Finanzaufsicht BaFin das Neukundenwachstum von N26 gedeckelt, die italienische Finanzaufsicht sogar einen vollständigen Neukundenstopp verlangt. Damit diese Einschränkungen gelockert bzw. aufgehoben werden können, muss die Bank nachweisen, dass sie die Geldwäscheprävention verbessert hat. Das Finanzinstitut steht also unter Druck, wenn es wieder wachsen möchte. Zuletzt wurde daher massiv in bessere Sicherheitsprozesse investiert und Personal aufgestockt.

Dass nun diverse Kunden angeschrieben und um Herkunftsnachweise gebeten wurden, könnte darauf hindeuten, dass N26 unter ihren Kunden jetzt intensiv nach potenziell verdächtigen Konten sucht und davon auch solche Kunden betroffen sind, die ihr Konto nicht in betrügerischer Absicht nutzen.

Wie können sich zu Unrecht Betroffene wehren?

Kunden, deren Konto zu Unrecht gesperrt wurde, sollten die Bank auffordern, konkret darzulegen, was genau der Grund für die Kündigung ist und welche Pflichtverletzung ihnen vorgeworfen wird. Sollte sich die Kündigung tatsächlich als unberechtigt herausstellen, besteht unter Umständen ein Schadensersatzanspruch. Entstandene Schäden, z. B. Überziehungszinsen, Straf- oder Mahngebühren, sollten daher unbedingt dokumentiert werden. Wenn auch Ihnen das Konto gekündigt bzw. gesperrt wurde, stehen wir Ihnen in unserer Kanzlei gerne zur Seite, um den Fall schnellstmöglich aufzuklären, Ihnen wieder Zugang zu Ihren Geldern zu verschaffen und mögliche Schadensersatzansprüche für Sie durchzusetzen. Lassen Sie sich hierzu einfach in einem kostenlosen Erstgespräch beraten.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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