20. Juni 2025

Glücksspielrecht: EU-Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Malta ein

Mit der im Juni 2023 erlassenen „Bill 55“ hat die Regierung Maltas zahlreichen EU-Bürgern die Vollstreckung rechtskräftiger Urteile gegen Online-Casinos verweigert.
Die Vermutung liegt mehr als nahe, dass die maltesische Regierung hierbei von der ansässigen Glücksspielbranche zum Erlass der Regelung bewegt wurde.
Inzwischen hat sich auch die Europäische Kommission mit dem zweifelhaften maltesischen Gesetz befasst:

EU-Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Malta ein

Aus Sicht der maltesischen Regierung stellt die sogenannte „Bill 55“ zweifellos einen Schutzschirm für die dort ansässige Glücksspielbranche dar. Über Jahre hinweg boten in Malta ansässige Anbieter europaweit Online-Glücksspiel an, verfügten dabei jedoch lediglich über eine maltesische Lizenz. Nach fernliegender Auffassung der Branche sollte diese nationale Erlaubnis für den gesamten EU-Raum ausreichen.

Wenig überraschend nutzen zahlreiche maltesische Glücksspielanbieter die gesetzliche Lage zu ihrem Vorteil: Einige beriefen sich in Vergleichsverhandlungen auf die maltesische Rechtslage, um eine günstige Einigung zu erzielen, andere ignorierten ausländische Gerichtsentscheidungen gänzlich.

Erfreulicherweise hat die EU-Kommission Malta nun unmissverständlich auf die Verletzung von EU-Recht hingewiesen:

Die Europäische Kommission hat beschlossen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Malta (INFR(2025)2100) einzuleiten und dem Land ein Aufforderungsschreiben zu übermitteln. Grund dafür ist ein Verstoß gegen die Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Verordnung (EU) 1215/2012).
Die Kommission stellte fest, dass Malta gegen die Verordnung verstößt, indem es seinen Gerichten vorschreibt, die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen anderer EU-Mitgliedstaaten gegen maltesische Glücksspielunternehmen systematisch aus Gründen der nationalen öffentlichen Ordnung abzulehnen.
Zudem hindert Malta ausländische Kläger daran, vor maltesischen Gerichten gegen diese Unternehmen zu klagen – obwohl diese Gerichte gemäß EU-Recht aufgrund des (Wohn-)Sitzes des Beklagten zuständig wären.
Die Kommission ist der Auffassung, dass das maltesische Recht den Online-Glücksspielsektor gezielt vor grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten schützt und damit den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in der Rechtspflege innerhalb der Union untergräbt.
Es verstößt zudem gegen das Verbot, gerichtliche Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten inhaltlich nachzuprüfen, geht über die Ausnahmeregelungen zur öffentlichen Ordnung hinaus und verfälscht die unionsrechtlichen Zuständigkeitsvorschriften.

Die Kommission hat daher ein Aufforderungsschreiben an Malta gerichtet. Das Land muss nun innerhalb von zwei Monaten Stellung nehmen und auf die Beanstandungen reagieren. Andernfalls kann die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgeben.
(Entscheidungen in Vertragsverletzungsverfahren vom 18.06.2025, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/inf_25_1241)

Diese Entwicklung ist zu begrüßen. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die maltesische Regierung alles daransetzen wird, die europarechtswidrige Regelung möglichst lange aufrechtzuerhalten, ist eine zeitnahe Rückkehr zur Vollstreckbarkeit von Urteilen auf Malta wahrscheinlich.

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von Benedikt Nilges
Benedikt Nilges

Angestellter Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.

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