22. Mai 2015

BGH entscheidet am 23.06. über Verwirkung beim Widerruf von Kreditverträgen

Am 23.06.2015 wird sich der Bundesgerichtshof mit der Thematik der Verwirkung beim Widerruf von Kreditverträgen befassen.

In dem vom BGH am 23.06.2015 zu entscheidenden Fall übernahmen die dortigen Kläger mit Übernahmeverträgen vom 19.03.2007 zum 01.03.2007 zwei zuvor von Dritten mit der beklagten Bank geschlossene Darlehensverträge. Außerdem unterzeichneten sie zwei Widerrufserklärungen. Die Darlehen lösten sie zum 31.12.2008 ab. Mit Schreiben vom 28.12.2011 widerriefen sie ihre auf Abschluss der Übernahmeverträge gerichteten Willenserklärungen.

In den Vorinstanzen stritten die Parteien darüber, ob ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt wurde, so dass die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs im Dezember 2011 bereits abgelaufen war, und ob – unterstellt, es sei keine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt und die Widerrufsfrist nicht angelaufen – das Widerrufsrecht zumindest verwirkt sei. Die Kläger blieben in den Vorinstanzen erfolglos, was im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die Widerrufsbelehrungen zwar fehlerhaft seien, aber das Widerrufsrecht zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung im Dezember 2011 verwirkt gewesen sei.

Eine Verwirkung sei nach Ansicht der Vorinstanzen jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Verbraucher zwar eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erhalten habe, diese aber nicht geeignet gewesen sei, ihn von einem Widerruf abzuhalten, und zudem seit Vertragsschluss geraume Zeit verstrichen sei. Die beklagte Bank habe nach so langer Zeit darauf vertrauen dürfen, dass die Darlehen erledigt seien und ein Widerruf nicht mehr zu erwarten sei (Umstandsmoment).

Spannend wird, ob der Bundesgerichtshof der Argumentation der Vorinstanzen folgen wird oder ob er der - auch von uns vertretenen  - Rechtauffassung folgen wird, dass eine Verwirkung wegen Bestehens einer abschließenden Sonderregelung ausscheidet.

Letztere Rechtsauffassung wäre nur konsequent: Nach der Anordnung des § 355 BGB a.F. ist eine Widerrufsbelehrung nämlich nur dann  hinreichend geeignet, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß belehrt wurde im Sinne dieser Vorschrift. Dies bedeutet ohne kleinere Ungenauigkeiten. Ist dies nicht der Fall, darf der Verbraucher darauf vertrauen auch noch Jahre später das Verbrauchergeschäft rückabwickeln zu können bzw. muss der Unternehmer hiermit rechnen. Es bedarf somit  eines weiteren Verbraucherschutzes. Auch ist aus diesem Grund eine Verwirkung ausgeschlossen.

Die Entscheidung wird Auswirkungen darauf haben, ob Bankkunden zukünftig von dem sogenannten „ewigen“ Widerrufsrecht bei fehlerhafter Belehrung über das Widerrufsrecht wirksam Gebrauch machen können, oder nicht. Dies wirkt sich ebenfalls auf sämtliche zum jetzigen Zeitpunkt laufenden Rechtsstreite aus.

 

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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