Keine Widerrufsbelehrung: Gartenbauer bleibt auf Rechnung sitzen
Belehrt ein Handwerker einen Verbraucher im Vorfeld nicht über sein Widerrufsrecht, bleibt er im Falle eines Widerrufs auch nach vollständig erbrachter Arbeit auf seiner Rechnung sitzen. So entschied die für Bausachen zuständige Kammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) in einem aktuellen Fall und wies die Klage eines Gartenbauers auf Zahlung des kompletten Werklohns mit Urteil vom 15.04.2025 (Az.: 8 O 214/24) ab. Dieses Urteil hat Signalwirkung für sämtliche Handwerksbetriebe in Deutschland.
Im April 2024 beauftragte der Besitzer eines großen Gartens den Garten- und Landschaftsbauer mit umfangreichen Arbeiten an dem stark verwilderten Gelände. Die Rechnung des Gartenbauers belief sich nach Fertigstellung der Arbeiten auf rund 19.000 Euro. Zwischen den beiden Parteien kam es zum Streit über den vereinbarten Stundensatz und die Frage, ob die Rechnung prüffähig sei. Schließlich verweigerte der Gartenbesitzer die Zahlung vollständig und widerrief den Vertrag. Der Gartenbauer reichte Klage auf Zahlung des vollständigen Werklohns ein.
Gartenbesitzer hat ein gesetzliches, 14-tägiges Widerrufsrecht
Doch mit seiner Klage scheiterte er vor dem Landgericht Frankenthal. Der Gartenbesitzer sei als Verbraucher anzusehen, so das Gericht. Schließlich seien sämtliche Arbeiten außerhalb von Geschäftsräumen in Auftrag gegeben worden. Daher stehe ihm ein gesetzliches Widerrufsrecht mit einer bei Vertragsschluss beginnenden, vierzehntägigen Widerrufsfrist zu. Doch die habe nie zu laufen begonnen, weil der Gartenbauer den Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt hatte. In diesem Fall gelte für den Widerruf eine Höchstfrist von einem Jahr und vierzehn Tagen. Diese Frist sei eingehalten worden und damit sei der Anspruch des Gartenbauers auf Werklohn vollständig erloschen. Aufgrund der nicht erfolgten Widerrufsbelehrung könne er auch keinen Wertersatz oder einen anderweitigen Ausgleich für seine Arbeit verlangen.
Das LG Frankenthal verwies in seinem Beschluss auf das europäische Verbraucherschutzrecht und folgte dabei einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 17. Mai 2023 (Az.: Az. C-97/22). Der EuGH hatte auf Anfrage eines deutschen Gerichts in einem ähnlichen Fall entschieden, dass ein Verbraucher von jeder Zahlungspflicht befreit ist, wenn er vom Handwerksunternehmen nicht im Vorfeld über sein Widerrufsrecht belehrt wurde und den außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Dienstleistungsvertrag nach Abschluss der Arbeiten widerruft. Der Handwerksbetrieb hat bei unterlassener Widerrufsbelehrung auch keinen Anspruch auf „Wertersatz“ und muss somit sämtliche Kosten tragen, die ihm zur Erfüllung des Vertrags während der Widerrufsfrist entstanden sind. Mit diesem Urteil setzt der EuGH die Bestimmungen des europäischen Verbraucherschutzrechts durch, die bei einer ausbleibenden Widerrufsbelehrung eine Sanktion des betreffenden Unternehmens verlangen. So sollen Handwerksbetriebe zu einer ordnungsgemäßen Belehrung angehalten werden.
Handwerksbetriebe zur Widerrufsbelehrung verpflichtet
Zwar ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig und eine Berufung zum Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken immer noch möglich, dennoch sendet das Urteil schon jetzt ein deutliches Signal an alle Handwerksbetriebe. Eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung von Verbrauchern ist nicht nur eine Pflicht gegenüber den Kunden. Sie ist für die Betriebe eine Voraussetzung, um sich den Erhalt des verdienten Lohns zu sichern. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, verlieren sie unter Umständen ihren vollständigen Werklohn – auch wenn die Leistung bereits vollständig erbracht wurde und mangelfrei sowie zur vollen Zufriedenheit des Kunden erfolgt ist.
Immer noch kommen viele Handwerksbetriebe dieser Pflicht nicht nach. Verbraucher, die mit der Leistung nicht zufrieden oder mit Rechnungsposten nicht einverstanden sind, die im Vorfeld nicht in der Form abgesprochen waren, haben bei unterlassener Widerrufsbelehrung die Möglichkeit, den Vertrag auch ein Jahr später noch zu widerrufen. In der Anwaltskanzlei Lenné unterstützen wir sie dabei gerne. Vereinbaren Sie einfach einen Termin für ein kostenloses Erstgespräch und lassen Sie sich von uns zu Ihrem Fall beraten.

Guido Lenné
Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Guido Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.
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