23. Februar 2022

Kontoführungsgebühren: So versuchen Banken, die Erstattung zu vermeiden

Seit dem BGH-Urteil vom 27. April 2021 ist klar, dass Stillschweigen seitens der Bankkunden nicht mehr als Zustimmung zu werten ist, um höhere Gebühren einzuführen. Neue Bedingungen für die Kontoführung werden nur dann wirksam, wenn die Kunden diesen aktiv zustimmen. Zu Unrecht erhobene Verwahrentgelte müssen den Kontoinhabern erstattet werden.

Berliner Sparkasse beruft sich auf „Dreijahreslösung“

Doch die meisten Bankkunden warten bislang vergeblich auf eine Erstattung der zu viel gezahlten Gebühren – so auch die Kunden der Berliner Sparkasse. Das Geldinstitut vertritt nämlich die Auffassung, dass die Kunden keine Erstattung fordern können, wenn sie die erhöhten Preise in den vergangenen drei Jahren nicht beanstandet haben. Grundlage für diese Argumentation ist ein BGH-Urteil zu Energieverträgen aus dem Jahr 2016 (Az.: VIII ZR 241/15), das diese sogenannte „Dreijahreslösung“ für rechtskonform erklärte. Seit fünf Jahren habe die Berliner Sparkasse bei Girokonten keine Preiserhöhungen vorgenommen, so die Bank. Dementsprechend könnten die Kunden ihre Ansprüche nicht mehr geltend machen.

Nach Auffassung unserer Kanzlei kann die Rechtsprechung bei Stromverträgen nicht auf Finanzdienstleistungen übertragen werden, da die Regelungen zu Energiepreisen wesentlich komplexer und die Beschaffungspreise der Anbieter zudem kurzfristigen Änderungen unterworfen sind. Folglich muss die Sparkasse alle Gebühren erstatten, die ohne aktive Zustimmung der Verbraucher neu eingeführt bzw. erhöht wurden – und zwar unabhängig vom Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung von der Bank eingeführt wurde. Dieser Auffassung haben sich auch bereits zwei Schlichtungsstellen angeschlossen.

Banken versuchen mit allen Mitteln, Rückzahlungen zu umgehen

Schätzungen zufolge sollte das BGH-Urteil aus April letzten Jahres die Banken fünf Milliarden Euro kosten, doch bisher sind die tatsächlichen Summen relativ gering, weil viele Banken versuchen, mit verschiedenen Mitteln um die Erstattung herum zu kommen.

So setzen viele Institute ihre Kunden aktuell unter Druck. In dem Bestreben, die erforderliche Zustimmung zu den geänderten Bedingungen und Preisen zu bekommen, drohen sie den Kunden mit Kündigung des Kontos, sollten diese ihre Zustimmung verweigern. Grundsätzlich ist das leider nicht verboten. Für Sparkassen gestaltet sich dieses Vorgehen jedoch etwas schwieriger als etwa für private Banken, denn als Anstalten des öffentlichen Rechts benötigen sie einen sachlichen Grund für die Kündigung. Die Rückforderung von zu Unrecht erhobenen Entgelten ist unserer Einschätzung nach kein solcher sachlicher Grund.

Andere Geldinstitute spielen auf Zeit, indem sie entweder gar nicht auf die Erstattungsforderung der Kunden reagieren oder aber eine zeitnahe Erstattung ankündigen, zu der es dann aber nicht kommt. In manchen Fällen kommt erst dann eine Reaktion der Bank, wenn sich die Kunden an eine Schlichtungsstelle wenden, z. B. bei der BaFin oder bei einem Bankenverband.

Die Deutsche Bank-Gruppe hat ihren Kunden unaufgefordert geringe Summen zurückgezahlt. Doch dabei handelt es sich lediglich um die Gebühren, die seit dem BGH-Urteil im April 2021 angefallen sind.

Andere Banken fordern ihre Kunden auf, nicht nur aktuellen Erhöhungen zuzustimmen, sondern ihre Zustimmung auch für in der Vergangenheit erfolgte Änderungen zu erteilen. Darauf müssen sich Bankkunden nicht einlassen. Indem sie in dem jeweiligen Dokument einfach die Formulierung „und für die Vergangenheit“ streichen, begrenzen sie ihre Zustimmung auf die aktuellen Bedingungen.

Bank bietet Erstattung von Pauschalbeträgen an

In anderen Fällen wird den Kunden die Erstattung eines Pauschalbetrages angeboten. Kontoinhaber, die sich darauf einlassen, verzichten jedoch gleichzeitig auf alle weiteren Ansprüche. Ob das Angebot fair ist, ist für die meisten Kunden schwer einzuschätzen. Hier lohnt es sich, das Angebot durch einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht prüfen zu lassen. Indem sie diese Abfindungsangebote befristen, erhöhen die Institute den Druck auf ihre Kunden. Es steht zu vermuten, dass sie mit dieser Strategie vermeiden wollen, dass höhere Erstattungsansprüche seitens der Kunden geltend gemacht werden.

Die Vorgehensweisen der Banken, um die Erstattung von zu viel gezahlten Gebühren zu vermeiden und ihre Kunden unter Druck zu setzen, sind vielfältig. Als Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht stehe ich Betroffenen gerne beratend zur Seite – sei es bei der Prüfung eines Abfindungsangebots oder beim Umgang mit Ultimaten und Kündigungsdrohungen seitens der Geldinstitute. Vereinbaren Sie hierfür einfach einen Termin für ein Erstberatungsgespräch.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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