26. Oktober 2014

Kreditbearbeitungsgebühr: Dienstag entscheidet BGH zur Verjährung

Nachdem der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 13.05.2014 in einem von uns angestrengten Prozess gegen die Postbank entschieden hat, dass vorformulierte Bestimmungen über ein Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen zwischen einer Bank und einem Verbraucher unwirksam sind, wird der BGH sich am Dienstag mit der Frage des Verjährungsbeginns für Rückforderungsansprüche der Darlehensnehmer befassen. Hierzu ist - auch von uns - eine Vielzahl weiterer Verfahren beim Bundesgerichtshof und bei den Instanzgerichten anhängig.

Die Rechtsprechung der Amts- und Landgerichte zu dieser Frage geht bislang weit auseinander:

Während die Gerichte z.B. in Mönchengladbach am Sitz der Santander Bank entscheiden, dass Bearbeitungsgebühren, die z.B. im Jahr 2010 gezahlt wurden nur bis zum 31.12.2013 hätten zurückgefordert werden können, entscheiden die Gerichte in Stuttgart - hier sitzt z.B. die CreditPlus Bank - viel großzügiger zu Gunsten der Bankkunden und verurteilen Banken auch zur Erstattung älterer Gebühren.

Welches Argument nutzen Banken?

Banken behaupten Folgendes: Der Rückzahlungsanspruch der Bankkunden unterliege der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginne die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt habe oder ohne grobe Fahrlässigkeit habe erlangen müssen. Die Rückzahlungsansprüche des Klägers seien jeweils mit Ablauf der Jahre entstanden, in denen die Darlehensverträge abgeschlossen worden seien. Kreditnehmern seien bei Unterzeichnung der Darlehensverträge alle den Anspruch begründenden Umstände bekannt gewesen.

Welches Argument nutzen Bankkunden?

Bankkunden ist die Unwirksamkeit der Regelung über die Bearbeitungsgebühr lange nicht bewusst gewesen. Das müsse auf die Frage der Verjährung Einfluss haben. Der Beginn der Verjährungsfrist sei daher ausnahmsweise hinausgeschoben gewesen. Damals habe eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorgelegen. Auch eine rechtskundige Person habe Bankkunden nach Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung nicht zuverlässig mitteilen können, ob die Aussicht auf den Erfolg einer Rückforderungsklage höher sei als ihr Misserfolg. Die dreijährige Verjährungsfrist habe deshalb nicht vor dem Jahre 2011 zu laufen begonnen. Erst im Jahr 2011 zeichnete sich eine entsprechende Rechtsprechung ab. Bis zum 31.12.2014 könne also noch kein Anspruch verjähren.

Was sagt Rechtsanwalt Lenné zu den Verfahren am Dienstag?

Rechtsanwalt Lenné: Meine Sorge ist, dass auch nach Dienstag noch nicht alle Fragen beantwortet werden. Um zu entscheiden, wie der Erstattungsanspruch verjährt, müsste man zunächst wissen, wann der Bankkunde die Kreditgebühr eigentlich bezahlt. Das ist bei vielen Kreditverträgen aber sehr unterschiedlich.

Alleine dazu gibt es - etwas vereinfacht - drei Theorien:

1) Die Gebühr wird zu Beginn der Kreditlaufzeit gezahlt (entweder die ersten Kreditraten werden voll auf die Bearbeitungsgebühr gebucht, oder die Bank zahlt einen Teil der Kreditsumme in Höhe des Bearbeitungsentgelts gar nicht erst aus) und deshalb beginnt die Verjährung schon zu diesem frühen Zeitpunkt,

2) die Kreditbearbeitungsgebühr steckt anteilig in jeder einzelnen Darlehensrate und verjährt deshalb auch "scheibchenweise", also jede Rate führt zu anteiliger Verjährung und

3) die Gebühr ist jedenfalls erst am Ende der Kreditlaufzeit vollständig bezahlt und deswegen kann auch erst dann der Verjährungslauf beginnen.

Es ist sicher so, dass die Rechtslage zu Kreditbearbeitungsgebühren lange Zeit unklar war - noch im ersten Quartal 2014 entschieden einzelne Amtsgerichte gegen den BGH. Ab wann die Rechtslage dann so klar wurde, dass man uneingeschränkt zu Klagen raten konnte, ist schwierig zu entscheiden. Aus meiner Sicht war das erst ab der BGH-Entscheidung der Fall. Ein echter Rechtsfrieden, den die Verjährungsregeln eigentlich schaffen sollen, wird am Dienstag kaum hergestellt werden können.

Fakt ist, dass auch mit verjährten Forderungen noch aufgerechnet werden kann. Allerdings ist auch das nicht uneingeschränkt in jedem Kreditvertrag möglich. Ob und ggf. wann sich der Bundesgerichtshof auch dazu äußern wird, ist noch unklar.

Was sollte man bei Altverträgen mit Verjährungsrisiko tun?

Ist auch nach der Entscheidung am Dienstag unklar, was für meinen Kreditvertrag gilt, sollte ich evtl. die Widerrufsbelehrung meines Kreditvertrages überprüfen lassen. Gut 2/3 aller solcher Belehrungen aus den Jahren 2002 bis 2010 sind falsch und dann läuft die Widerrufsfrist von sonst 2 Wochen nicht. Ohne diese Frist kann noch jederzeit widerrufen werden und bei einem Widerruf bekommen Kreditnehmer auch die Bearbeitungsgebühr zurück. Der Widerruf hat auch noch weitere Vorteile, siehe hier für weitere Infos. Verjährung gibt es hier gar nicht.

Haben Sie Fragen? Gerne beraten wir Sie - nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf. 

 

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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