14. Dezember 2020

Kredite: Neues Geld-zurück-Urteil vom BGH

Wer in den vergangenen Jahren einen Kredit (z.B. fürs Auto) abgeschlossen und umgeschuldet oder vorzeitig zurückgezahlt hat, sollte jetzt noch mal in die Unterlagen schauen: Hat die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnet und dabei einen Formfehler begangen, besteht unter Umständen ein Rückforderungsanspruch. Das ergibt sich aus einem neuen Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH).

In den vergangenen Jahren sind Kredite immer günstiger geworden. Für einen Kreditnehmer kann daher die Umschuldung lukrativ sein: Er wechselt von einem Kredit mit noch hohen Zinsen in einen neuen Kreditvertrag mit weniger Zinsen. Oder er hat vielleicht unerwartet Geld bekommen, etwa aus einer Erbschaft, und kann den Kredit sofort zurückzahlen und sich damit alle weiteren Zinsen ersparen.

Vorfälligkeitsentschädigung muss angemessen sein

Da ist aber eine Hürde: Banken und Sparkassen sind in der Regel berechtigt eine Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen. Damit soll die Bank dafür entschädigt werden, dass sie darauf vertraut hat, für die vereinbarte Zeit die Zinsen zu bekommen. Andererseits entfällt aber auch das Kreditrisiko und Verwaltungsarbeit, so dass eine Berechnung notwendig ist, um eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung zu ermitteln.

Reicht es, wenn die Bank dem Kunden bei der vorzeitigen Rückzahlung einen Zahlensalat serviert, mit dem der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung angeblich begründet wird? Nein. Der Gesetzgeber hat im Paragrafen 502 BGB wichtige Schutzvorschriften formuliert, und zwar unter anderem:

-  Der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ausgeschlossen, wenn im Vertrag die Angaben über (...) die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.

Bereits der Vertrag muss also richtige und vollständige Angaben zu der Berechnungsmethode enthalten. Das gilt für alle Kredite mit einem Verbraucher, also auch Immobilienkredite.

- Die Vorfälligkeitsentschädigung darf folgende Beträge jeweils nicht überschreiten:

1 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags oder, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung ein Jahr nicht überschreitet, 0,5 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags bzw. maximal den Betrag der Sollzinsen, den der Darlehensnehmer in dem Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung entrichtet hätte.

Ein Beispiel:
Der Kreditvertrag würde eigentlich noch drei Jahre laufen. Sie zahlen 20.000 Euro Restschuld vorzeitig zurück. Die Bank darf maximal 200 Euro (1 Prozent) Vorfälligkeitsentschädigung berechnen,

Diese Höchstgrenzen gelten für allgemeine Kredite, nicht für Immobilienkredite.

Wichtig dabei ist, dass die Bank grundsätzlich nur eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung und nicht immer pauschal den maximalen Betrag fordern darf.

Kein automatischer Anspruch auf Maximalentschädigung

In der Hoffnung, eine möglichst hohe Vorfälligkeitsentschädigung zu erhalten, haben zahlreiche Banken in ihren Kreditverträgen jedoch nur die gesetzlichen Höchstgrenzen genannt. Die Banken wollten also die maximal zulässige Vorfälligkeitsentschädigung kassieren – unabhängig davon, ob diese auch angemessen ist.

Dem hat der Bundesgerichtshof einen Riegel vorgeschoben. Die obersten Zivilrichter stellten klar, dass eben nur eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung beansprucht werden kann; einen starren, automatischen Anspruch auf den gesetzlich zulässigen Höchstbetrag gibt es nicht. Darauf muss auch bereits im Vertrag hingewiesen werden – andernfalls bekommt die Bank gar nichts (Urteil vom 28.07.2020, XI ZR 288/19).

Was bedeutet das für Sie als Kreditkunde, der bereits eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt hat oder noch zahlen soll?

Allgemeiner Kreditvertrag (z.B. Autofinanzierung):
Hier ist zu prüfen, ob im Kreditvertrag zum einen darauf hingewiesen wird, dass nur eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung gefordert werden darf, und zum anderen auch die gesetzlichen Maximalwerte genannt sind. Fehlt nur eine dieser Angaben, ist der Anspruch der Bank wahrscheinlich verloren.
Sollte bereits eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt worden sein, besteht dann ein Rückforderungsanspruch.

Immobilien-Kreditvertrag (Baufinanzierung):
Für diese Kredite gibt es keine gesetzlichen Höchstbeträge für eine Vorfälligkeitsentschädigung. Damit für den Darlehensnehmer nachvollziehbar ist, wie hoch eine mögliche Vorfälligkeitsentschädigung ist, kommt es in diesen Fällen entscheidend auf eine ausreichende Darstellung der Berechnungsmethode durch die Bank an.

 

Vorfälligkeitsentschädigung zurückfordern: Rechtsprechung positiv für Kunden

Die Aussichten für ein Vorgehen gegen die Banken sind grundsätzlich gut. Die Rechtsprechung setzt hohe Anforderungen an die Banken für die Geltendmachung einer Vorfälligkeitsentschädigung, so dass entsprechende Forderungen der Banken oftmals abgewehrt werden können.

Wir helfen Ihnen, einen Rückforderungsanspruch zu prüfen und geltend zu machen

Gerne prüfen wir Ihre Unterlagen daraufhin, ob die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung vollständig und richtig sind. Sofern dies nicht der Fall ist, wehren wir ungerechtfertigte Ansprüche der Bank ab oder fordern die bereits bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurück.

Zögern Sie nicht und vereinbaren Sie mit uns ein kostenfreies Ersteinschätzungsgespräch. Wir prüfen gerne Ihre Ansprüche und helfen Ihnen sie durchzusetzen.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

Wir helfen Ihnen gerne! Kontaktieren Sie uns. Oder vereinbaren Sie hier online einen Termin für eine telefonische kostenfreie Erstberatung.

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