LAG Köln: Verzicht auf gesetzlichen Mindesturlaub nicht gestattet
Wird ein Arbeitsverhältnis beendet, muss in den meisten Fällen auch die Abgeltung oder der Ausgleich noch offener Urlaubsansprüche geregelt werden. In diesem Zusammenhang hat das Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 11.04.2024 (Az.: 7 Sa 516/23) entschieden, dass Vereinbarungen zum Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub unwirksam sind, solange das Arbeitsverhältnis noch läuft.
Arbeitnehmer konnte ihm zustehenden Urlaub nicht mehr vor Ende der Anstellung nehmen
Einem Angestellten standen gemäß Arbeitsvertrag 30 Urlaubstage pro Jahr zu. Der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber einigten sich in einem Vergleich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.04.2023 und darauf, dass der Mann bis zum Beschäftigungsende seinen Urlaub nehmen sollte. Eine anderweitige Abgeltung der Urlaubsansprüche sollte gemäß der Vergleichsvereinbarung nicht zum Tragen kommen.
Aufgrund einer Erkrankung konnte der Arbeitnehmer seine Urlaubstage aber nicht mehr nehmen. Nachdem das Arbeitsverhältnis beendet war, forderte er einen finanziellen Ausgleich für den anteiligen gesetzlichen Mindesturlaub von sieben Tagen für das Jahr 2023. Der beklagte Arbeitgeber verweigerte die Zahlung und verwies darauf, dass der Arbeitnehmer auf anderweitige Urlaubsabgeltungsansprüche verzichtet habe.
Das Arbeitsgericht Siegburg gab der Klage des Arbeitnehmers zunächst statt. Der ihm zustehende Urlaubsanspruch für Januar bis April 2023 sei unstreitig und nicht erfüllt worden. Auch der vorangegangene Vergleich zwischen den beiden Parteien ändere am Bestehen des Anspruchs nichts. Gegen diese Entscheidung ging der Arbeitgeber in Berufung.
Vereinbarung über Verzicht auf gesetzlichen Mindesturlaub während Arbeitsverhältnis unwirksam
Doch das Landesarbeitsgericht Köln wies die Berufung zurück und bestätigte den Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung. Der Urlaubsanspruch sei nicht durch den Vergleich erloschen. Zwar sehe der Vergleich vor, dass der Urlaubsanspruch in natura zu erfüllen sei, allerdings sei diese Regelung nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG i.V. m. § 134 BGB in Bezug auf den Mindesturlaub unwirksam. Das Gericht räumte ein, dass ein Vergleich über die tatsächlichen Voraussetzungen von Urlaubsansprüchen zulässig sei. Doch das gelte nur, wenn das Bestehen des Urlaubsanspruchs selbst streitig sei. Für unstreitige Ansprüche, wie in diesem Fall, käme ein solcher Tatsachenvergleich hingegen einem Verzicht gleich, den das Gesetz nicht gestatte.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses könne durchaus auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs verzichtet werden, so die Richter. Doch im vorliegenden Fall sei die Vereinbarung vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses getroffen worden. Auch die Tatsache, dass die Vereinbarung das Ende des Arbeitsverhältnisses bereits festlegte, ändere daran nichts. Der Arbeitgeber könne sich auch nicht auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen. Es liege kein Verstoß gegen diesen Grundsatz vor, wenn eine Partei sich nachträglich auf die Unwirksamkeit einer zuvor abgegebenen Willenserklärung berufe.
Zeitpunkt der Vereinbarung auf Verzicht oder Abgeltung von Urlaub ist maßgeblich
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da das Verfahren aktuell beim Bundesarbeitsgericht anhängig ist. Allerdings ist das Landgericht Köln der Rechtsprechung des BAG in seinem Urteil durchaus gefolgt, indem es bestätigte, dass der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs nicht während eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses eingeschränkt werden darf.
Gemäß BAG-Rechtsprechung ist eine Vereinbarung auf Verzicht oder Abgeltung von gesetzlichen Urlaubsansprüchen erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich. Es kommt also bei solchen Vereinbarungen immer auf den Zeitpunkt an, zu dem diese getroffen werden. Regelungen, die sich auf übergesetzliche Urlaubsansprüche beziehen, sind davon nicht betroffen. Kommt es zu Unstimmigkeiten in Bezug auf solche Vereinbarungen, vertreten wir Arbeitgeber wie Arbeitnehmer in der Anwaltskanzlei Lenné gerne. Vereinbaren Sie in solchen Fällen einfach ein kostenloses Erstgespräch in unserer Kanzlei. Wir beraten Sie unverbindlich zu Ihrem Fall und prüfen die Gültigkeit der vorliegenden Vereinbarung.
Martina Bergmann
Angestellte Rechtsanwältin
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