15. August 2017

Lebensversicherung: BGH stellt nun auch das Recht auf Vertragsaufhebung in Aussicht

Mit seiner Entscheidung vom 28.06.2017 hat der für das Versicherungsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) eine weitere Lösungsmöglichkeit von einem unliebsamen Versicherungsvertrag  in Aussicht gestellt:

Dem Versicherungsnehmer kann wegen nicht rechtzeitig mitgeteilter Informationen zum Versicherungsvertrag ein auf Vertragsaufhebung gerichteter Schadensersatzanspruch zustehen.

Damit stärkte der BGH erneut die Rechte der Versicherungsnehmer. Neben den Lösungsrechten der Kündigung und des Widerrufs, kommt bei Verletzungen von Informationspflichten zu dem Versicherungsvertrag nun auch ein Anspruch auf eine rückwirkende Vertragsaufhebung in Betracht.

Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung seine Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die weiter gesetzlich angeordneten Informationen in Textform mitzuteilen. Es handelt sich dabei um eine gesetzlich angeordnete Mitteilungspflicht zu dem Versicherungsvertrag.

Verletzt der Versicherer diese Pflicht, beispielsweise weil diese Informationen erst nach Vertragsschluss mitgeteilt werden, dann hindert dies nicht den Vertragsschluss an sich. Der Versicherungsvertrag kommt, sofern die wesentlichen Elemente des Versicherungsvertrages zwischen den Parteien hinreichend bestimmt sind, wirksam zustande.

Die Verletzung der Informationspflicht jedoch hat zur Folge, dass das Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers erst mit der Mitteilung der geforderten Informationen beginnt. Ist die Widerrufsbelehrung nicht zu beanstanden und hat der Versicherer seine Informationspflichten erfüllt, dann beginnt die Widerrufsfrist zu laufen. Nach Ablauf der Frist bleibt dem Versicherungsnehmer dann nur noch sein Kündigungsrecht.

Die Kündigung führt dazu, dass der Versicherungsnehmer den Rückkaufswert erhält. Dies ist aufgrund nur gering erwirtschafteter Überschüsse in der Versicherungsbranche für die meisten Versicherungsnehmer ein Verlustgeschäft. 

Aus diesem Grund ist das frühere Widerspruchsrecht und das heutige Widerrufsrecht ein beliebtes Mittel, um einen höheren Ertrag aus der Versicherung zu erhalten. Im Falle des Widerspruchs gegen eine Lebensversicherung muss die Versicherung nicht den Rückkaufswert erstatten, sondern ist verpflichtet, sämtliche bisher gezahlten Prämien abzüglich eines geringen Risikoanteils zu erstatten. Im Falle des Widerrufs muss die Versicherung den Rückkaufswert zuzüglich Abschlusskosten erstatten.

Der BGH hat nun in dem am 28.06.2017 entschiedenen Fall mit dem auf Vertragsaufhebung gerichteten Schadensersatzanspruch eine weitere interessante Lösungsmöglichkeit aufgezeigt.

Teilt der Versicherer die erforderlichen Informationen nicht rechtzeitig mit, so verletzt er eine vorvertragliche Informationspflicht. Entsteht dem Versicherungsnehmer hieraus ein Schaden, so ist der Versicherer zum Schadensersatz verpflichtet. Besteht der Schaden aber gerade darin, dass der Vertrag bei einer rechtzeitigen Information so nicht durch den Versicherungsnehmer eingegangen worden wäre, so kann der Versicherer im Rahmen des Schadensersatzanspruches zur Vertragsaufhebung verpflichtet sein.

Der Schaden des Versicherungsnehmers würde dann in den gezahlten Prämien liegen. Auch hätte der Versicherungsnehmer die gezahlten Prämien anderweitig gewinnbringend anlegen können, so dass ihm ein Schaden durch entgangenen Gewinn entstanden sein kann.

Der BGH hat das abweisende Urteil der Vorinstanz zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen, da sich das Berufungsgericht mit diesem möglichen Schadensersatzanspruch nicht befasst hatte.

Die Parteien werden nun Gelegenheit haben dem Berufungsgericht hierzu vorzutragen, der Fall bleibt also spannend.

Der Versicherungsnehmer wird nun darlegen müssen, dass der Vertrag nicht zustande gekommen wäre, wenn ihm die Informationen schon vor Vertragsschluss vorgelegen hätten.

Der Versicherer wird versuchen darzulegen, dass er die verspätete Mitteilung der Informationen nicht zu vertreten hat und kein Schaden vorliegt und/oder die Nichtmitteilung der Informationen nicht ursächlich war für den Vertragsschluss.

Wir halten Sie über die weiteren Entscheidungen auf dem Laufenden…

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Alexander Münch
Alexander Münch

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.

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