01. Dezember 2023

LG Erfurt: Wucherkredite sind sittenwidrig

Die Zinsen für Ratenkredite sind in der letzten Zeit exorbitant gestiegen. Doch nun hat das Landgericht Erfurt dem Zinswucher einen Riegel vorgeschoben. Banken dürften für Ratenkredite keine beliebig hohen Zinsen verlangen. Wenn der vertraglich vereinbarte Zins um 100 Prozent über dem marktüblichen Effektivzins liege, handele es sich um Wucher und der Vertrag sei als nichtig anzusehen. So heißt es im Urteil vom 15. Mai 2023 (Az.: 9 O 101/23).

Wucherkredit: Bank verlangt 18,4 Prozent Zinsen

In dem verhandelten Fall ging es um eine Kreditsumme in Höhe von netto 10.548 Euro. Der von der Bank festgelegte effektive Jahreszins belief sich auf 18,4 Prozent. (Der Referenzzins lag zu diesem Zeitpunkt bei gerade mal 4,31 Prozent!) Inkl. Zinsen und weiterer Kosten wie einer hohen Restschuldversicherung betrug der Gesamtkredit 19.340 Euro, die in 60 Monatsraten à 322 Euro zurückgezahlt werden sollten. Allerdings hatte der Kreditnehmer lediglich einen Nettolohn von monatlich 2000 Euro, wovon allein 700 Euro pro Monat an Miete abgingen.

Den entsprechenden Kreditvertrag hatte der Mann online über einen Internet-Marktplatz gefunden. Dort können Verbraucher ihr Kreditgesuch eingeben und die entsprechenden Kredite über Privatanleger finanziert werden. Der Mann schloss den Kreditvertrag dann allerdings über eine Bank ab.

Landgericht Erfurt: Kreditvertrag ist sittenwidrig und nichtig

Als der Kreditnehmer die Monatsraten zweimal nicht bedienen konnte, zog die Bank vor Gericht, um so die Rückzahlung der noch offenen Kreditforderung von 11.548 Euro zu erwirken. Das Landgericht Erfurt wies die Klage jedoch ab. Der Zins von 18,4 sei sittenwidrig überhöht. Damit sei der Darlehensvertrag nichtig und müsse rückabgewickelt werden. Dementsprechend musste der Kreditnehmer das Geld nicht zurückzahlen.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass bei dem vorliegenden Kredit ein Missverhältnis zwischen den Leistungen des Darlehensgebers und den festgelegten Gegenleistungen des Darlehensnehmers bestand. Die Bank habe die wirtschaftlich schwache Lage des Kreditnehmers bei der Festlegung der Kreditbedingungen zu ihrem Vorteil ausgenutzt. Das zeige allein schon das auffällige Missverhältnis zwischen dem vertraglich festgelegten Effektivzins von 18,4 Prozent und dem marktüblichen Referenzzins von 4,31 Prozent.

Prüfung der Kreditwürdigkeit zum Schutz der Darlehensnehmer

Außerdem habe die Bank nicht hinreichend geprüft, ob der Kunde überhaupt in der Lage war, den Kredit bzw. die vereinbarten Ratenzahlungen zu bedienen. Die Prüfung der Kreditwürdigkeit diene schließlich dem Schutz des Kunden, um auszuschließen, dass Kredite an Personen mit unzureichendem finanziellem Leistungsvermögen vergeben werden.

Je dringender das Darlehen benötigt wird, desto höher die Zinsen

Die Zinsen für Ratenkredite sind nach Angaben des Verbraucherportals biallo.de aktuell so hoch wie seit 14 Jahren nicht mehr. So belief sich Mitte des Jahres der durchschnittliche Zinssatz für Ratenkredite mit einer Laufzeit von drei Jahren auf 8,94 Prozent. Wie hoch der Zins­satz ist, den Verbraucher für ein Darlehen zahlen müssen, hängt vor allem davon ab, wie hoch die Bank das Risiko einschätzt, ihr Geld nicht zurück­zubekommen. Im Klartext heißt das: Je dringender Verbraucher einen Kredit benötigen, umso teurer wird er.

Zahllose Bank­kunden stecken derzeit in teuren Krediten fest. Neben hohen Zinsen verkaufen die Banken den Kreditnehmern dann oft noch teure Restschuldversicherungen, die die Kosten für die Kunden weiter in die Höhe treiben. In der Anwaltskanzlei Lenné helfen wir Kreditnehmern, die einen solchen Wuchervertrag mit der Bank geschlossen haben. In vielen Fällen ist ein Widerruf und dementsprechend eine Rückabwicklung des Kreditvertrags möglich. Betroffene beraten wir kostenlos in einem unverbindlichen Erstgespräch.

von Kerstin Messerschmidt
Kerstin Messerschmidt

Angestellte Rechtsanwältin

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