08. März 2024

Mietrecht: Keine Umgehung des Kündigungsschutzes durch Untervermietung

Immobilieneigentümer können sich nicht über bestehende Mieterschutzbestimmungen hinwegsetzen, indem sie den Wohnraum gewerblich weitervermieten. So entschied das Landgericht Berlin in einem Urteil vom 09.05.2023 (Az.: 65 S 191/22). Im vorliegenden Fall hatte der Eigentümer mehrerer Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus in Berlin mindestens vier seiner Wohnungen an seine Schwägerin vermietet. Diese wohnte jedoch nicht selbst in dem Haus, sondern vermietete die Wohnungen ihrerseits unter.

Die Höhe der von ihr verlangten Untermiete überstieg die Summe, die sie an ihren Schwager zu zahlen hatte. Eine Wohnung vermietete sie an zwei Untermieter zur Nutzung mit vier Personen. Der Vertrag wurde als „Nutzungsvertrag für eine Wohnung auf bestimmte Zeit zur Untermiete“ betitelt. Die monatliche Warmmiete an ihren Schwager betrug 1.560 Euro. Von den Untermietern verlangte die Frau allerdings 1.800 Euro pro Monat. Am 20. Dezember 2020 kündigte die Schwägerin das Hauptmietverhältnis gegenüber dem Eigentümer. Dieser forderte anschließend die Untermieter zur Räumung und Herausgabe der Wohnung auf.

Amtsgericht weist Räumungsklage wegen gewerblicher Untervermietung ab

Das Amtsgericht Berlin-Neukölln wies die Räumungsklage des Eigentümers ab. Dadurch dass er die Wohnung an seine Schwägerin vermietet hatte, die sie ihrerseits untervermietete, läge hier eine gewerbliche Untervermietung gemäß § 565 Abs. 1 BGB vor. Somit würde der Kläger infolge der Kündigung seiner eigentlichen Mieterin in ihre Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis mit den Untermietern eintreten, für welches daher der Kündigungsschutz des sozialen Wohnraummietrechts gelte. Gegen diesen Beschluss legte der Eigentümer Berufung ein.

Landgericht Berlin: Eigentümer tritt in Mietverhältnis der Zwischenmieterin ein

Doch das Landgericht Berlin schloss sich der Entscheidung des Amtsgerichts an. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung, da er nach § 565 Abs. 1 BGB infolge der Kündigung seiner Schwägerin selbst in das Mietverhältnis mit den Untermietern eingetreten sei. Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 565 BGB ist, dass der Eigentümer eine Immobilie zum Zwecke der Weitervermietung an einen Zwischenvermieter vermietet.

Das Gericht ging davon aus, dass er seine Schwägerin nur deshalb als Zwischenmieterin eingeschaltet habe, um die Vorschriften des Wohnraummietrechts zu umgehen und das Mietverhältnis jederzeit beenden zu können. Der Kläger habe darüber hinaus kein Argument vorbringen können, das die Verkürzung des Kündigungsschutzes der Untermieter rechtfertigen würde.

Eigentümer wollte durch Untervermietung Kündigungsschutz umgehen

Auch die Tatsache, dass der Vertrag mit seiner Schwägerin befristet und als „Zeitmietvertrag“  ausgewiesen war sowie eine unbeschränkte Erlaubnis zur Untervermietung erteilte und die Schwägerin zu keinem Zeitpunkt selbst in dem Haus gewohnt habe, spräche laut LG Berlin für eine Zwischenvermietung. In seiner Anhörung habe der Kläger zudem selbst angegeben, dass er seiner Schwägerin noch vor deren Kündigung des Hauptmietverhältnisses mitgeteilt habe, dass er die Untermieter aus seiner Wohnung heraus haben wolle. Dieser Hinweis folgte unmittelbar auf eine Mängelmeldung wegen eines Wasserschadens seitens der Untermieter. Das wertete das Gericht als weiteren Beleg, dass er mit dem vorliegenden Untervermietungsverhältnis eigene Interessen verfolgt habe.

Aus diesem Grund war für das Gericht auch nicht von Belang, dass die Schwägerin mit der Zwischenvermietung für sich einen Gewinn erzielt hatte. Es reiche ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Zwischenmieters für die direkte Anwendung des § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dass das Interesse des Zwischenmieters im vorliegenden Fall darin bestand, sich unter Umgehung zwingender Mieterschutzvorschriften seinen Verpflichtungen gegenüber dem Untermieter (hier der Mängelbeseitigung) zu entziehen, mache keinen Unterschied. Das Interesse der Schwägerin habe sich hier mit dem Interesse des Eigentümers gedeckt. Die Räumungsklage des Eigentümers wurde somit abgewiesen.

Die gewerbliche Zwischenvermietung unterscheidet sich in verschiedenen Faktoren von der herkömmlichen Untervermietung. Bei der gewerblichen Zwischenvermietung mietet der Hauptmieter den Wohnraum nicht mit dem Ziel, selbst darin zu wohnen, sondern um diesen an Dritte weiterzuvermieten. Leider wird dieses Modell – wie im vorliegenden Fall – häufig von Eigentümern genutzt, um den strengen Mieterschutzvorschriften zu entgehen, zum Nachteil der Untermieter. In der Anwaltskanzlei Lenné stehen wir betroffenen Untermietern zur Seite und kämpfen dafür, ihre Rechte aus dem Mieterschutz durchzusetzen. In einem kostenlosen Erstgespräch beraten wir Sie gerne auch zu Ihrem Fall.

von Kerstin Messerschmidt
Kerstin Messerschmidt

Angestellte Rechtsanwältin

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