09. März 2020

NDR berichtet: Darstellung der „Bild“ zur Legalität von Online-Casinos unzutreffend

Online-Casinos sind in Deutschland gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten. Eine Ausnahme von diesem Verbot gilt nur für das Bundesland Schleswig-Holstein. Das Angebot der dort lizenzierten Online-Casinos gilt jedoch nur für die Bewohner des Bundeslandes. Die durch die Glücksspielaufsichtsbehörde vergebenen Lizenzen für Schleswig-Holstein entfalten in den übrigen Bundesländern keine Wirksamkeit.

Die Bild-Zeitung hat in den vergangenen Wochen in mehreren Artikeln über das Angebot der Online-Casinos berichtet. Dass das Angebot von Online-Casinos in Deutschland verboten ist, wird dabei durch die Bild-Zeitung nicht thematisiert. Im Gegenteil, in dem Bericht „Ein Rechtsanwalt klärt auf! Ist es überhaupt legal, im Online-Casino zu spielen?“ vom 21.02.2020 heißt es:

„Mache ich mich also strafbar, wenn ich mich außerhalb von Schleswig-Holstein aufhalte und in einem Online-Casino spiele?  

„Nein“, sagt Anwalt Schmittmann. „Das Spielen in Online-Casinos mit EU-Lizenz ist 100 % legal. EU-Mitgliedstaaten wie Malta vergeben seit vielen Jahren nach strengen Richtlinien Lizenzen für Online-Casinos und nutzen die Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union – damit ist es auch für deutsche Spieler erlaubt, diese Dienste in Anspruch zu nehmen.“ (Quelle: www.Bild.de, „Ein Rechtsanwalt klärt auf! Ist es überhaupt legal, im Online-Casino zu spielen?“)

Aussage von Anwalt Schmittmann ist falsch

Der Besitz einer EU-Lizenz berechtigt in keiner Weise zum Betrieb eines Online-Casinos auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. In dem Bericht des NDR „Die zweifelhaften Zocker-Ratschläge der Bild“ vom 03.03.2020 heißt es daher völlig zutreffend:

Dem widerspricht die Landesmedienanstalt des Saarlandes, die dort auch für die Glücksspielaufsicht im Internet zuständig ist. Auf Anfrage des NDR schreibt der stellvertretende Direktor, Jörg Ukrow: „Der Hinweis von Herrn Schmittmann ist falsch. Das Spielen in Online-Casinos mit EU-Lizenz ist keineswegs 100 % legal. Es entspricht vielmehr gefestigter deutscher wie europäischer Rechtsprechung, dass eine Lizenz in einem Drittstaat der EU die Rechtswidrigkeit des Spiels in Deutschland nicht per se aus Gründen des EU-Rechts beseitigt.“ 

Auch die Glücksspielaufsicht aus Hamburg widerspricht der Aussage von Rechtsanwalt Schmittmann und teilt auf Anfrage mit: „Die Aussage ist unzutreffend. […] Ein Glücksspiel ist in Deutschland […] nur legal, wenn eine Erlaubnis durch eine deutsche Behörde erteilt wurde. Online-Casinospiele sind nach § 4 Abs. 4 Glücksspielstaatsvertrag verboten und nicht erlaubnisfähig. Eine Ausnahme besteht nur in Schleswig-Holstein, die sich ausschließlich auf das Hoheitsgebiet von Schleswig-Holstein beschränkt.“ Ein Sprecher des Innenministeriums in Hessen teilt auf Anfrage mit: „Außerhalb von Schleswig-Holstein gibt es in Deutschland derzeit kein legales Online-Casino-Angebot.“ (Quelle: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Die-zweifelhaften-Zocker-Ratschlaege-der-Bild,gluecksspiel324.html, Hervorhebung durch uns)

Online-Casinoverbot mit EU-Recht vereinbar

Das Online-Casinoverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstößt auch nicht gegen Unionsrecht, wie die Kasinobetreiber nur allzu gern behaupten. Eine Rechtfertigung des Online-Casinoangebots auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland tritt durch die in der EU gewährte Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV nicht ein. Dies ist auch bereits mehrfach höchstrichterlich entschieden. So urteilte bereits der Bundesgerichtshof:

„Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 (Internetverbot) steht formell und materiell mit dem Unionsrecht in Einklang.“ (BGH-Urteil vom 28.09.2011 - I ZR 92/09 -, Leitsatz) 

Das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG Urt. v. 26.10.2017  - Az.: 8 c 14.16 - u. - 8 C 18.16), das Bundesverfassungsgericht sowie der Europäische Gerichtshof haben bereits entschieden, dass das im Glücksspielstaatsvertrag enthaltene Verbot, öffentliche Glücksspiele im Internet zu veranstalten oder zu vermitteln (§ 4 Abs. 4 GlüStV), mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit, dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie dem Unionsrecht vereinbar ist. Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV ist nicht „monopolakzessorisch“ zu bewerten (vgl. BGH Urt. v. 28.09.2011 - I ZR 93/10 -, Rn. 45 ff.; vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 10). Mit dem Verbot werden hochrangige Gemeinwohlziele, insbesondere der Jugendschutz sowie die Bekämpfung der Spielsucht und Begleitkriminalität, verfolgt.

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein entschied noch am 03.07.2019 – Az.: 4 MB 14/19 - wie folgt:

„(2) Aus dem vertieften Beschwerdevorbringen zum Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine schon im summarischen Verfahren erkennbare Gemeinschaftsrechtswidrigkeit dieser Regelung. Sowohl der Senat als auch das Bundesverwaltungsgericht hatten bislang keine Zweifel an deren Bestand, insbesondere an deren Kohärenz (Senat, Urt. v. 23.03.2017 - 4 LB 2/16 -, juris Rn. 35 ff.; BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, juris Rn. 41 ff.). 

[…] 

(aa) Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass Glücksspiele im Internet wegen der damit einhergehenden Eigenheiten im Vergleich zum stationären Glücksspiel spezifische und größere Gefahren für die in § 1 Satz 1 GlüStV niedergelegten Gemeinwohlziele mit sich bringen (BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, juris Rn. 31 f. m.w.N.). Diese Einschätzung steht mit der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Einklang (Urt. v. 28.02.2018 - C-3/17 -, juris, Rn. 41 m.w.N.). Anhand der Darlegungen der Antragstellerin vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass heute aufgrund aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse etwas anderes gelten müsste.“ (Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein Beschluss v. 03.07.2019 - 4 MB 14/19 -, Hervorhebung durch uns)

Auch das OVG Lüneburg hat zuletzt am 28.02.2019 die Gültigkeit des Internetverbots bestätigt:

„1. Der Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV und das Internetverbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV sind mit Verfassungs- und Unionsrecht weiterhin vereinbar.“ (OVG Lüneburg Urt. v. 28.02.2019 - 11 LB 497/18 -, Leitsatz, Hervorhebung durch uns)

Zur Begründung hat das OVG Lüneburg ausgeführt:

„Weiter hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass das Internetverbot auch mit Unionsrecht vereinbar ist. Die dadurch bedingte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 f. AEUV ist gerechtfertigt, weil sie auch im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen (Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 -, a.a.O., juris, Rn. 38 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu im Einzelnen ausgeführt:

[…]

Ausgehend von diesen Maßstäben steht die Eignung des Internetverbots zur Verfolgung der legitimen Gemeinwohlziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Zweifel.

[…]

Das Internetverbot trägt auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten in systematischer und kohärenter Weise zur Erreichung der dargelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages bei.“ (OVG Lüneburg Urt. v. 28.02.2019 - 11 LB 497/18 - Rn. 56 ff., Hervorhebung durch uns) 

Bild verharmlost Gefahren des Online-Glücksspiels

Die Berichterstattung der Bild-Zeitung über die Legalität der in Deutschland abrufbaren Online-Casinos ist somit unzutreffend.

Zudem verharmlost die Berichterstattung der Bild-Zeitung die besonderen Gefahren, denen der Verbraucher in einem Online-Casino begegnet. Berichte wie „Tipps fürs Online-Casino: Diese sechs Dinge MÜSSEN Einsteiger wissen!“ oder „MEINE SIEBEN GEBOTE FÜRS ONLINE-CASINO: So habe ich in 5 Wochen 10000 Euro gewonnen!“ erwecken den Eindruck, dass es sich bei den Online-Casinos um legale Spielangebote handelt und die Teilnahme daran schnell zu einer eigenen Bereicherung führen kann.

Die besonderen Gefahren der Online-Casinos werden durch die positiven Darstellungen in den Hintergrund gedrängt. Mit dem Online-Glücksspiel sind unkontrollierte Gefahren für Verbraucher verbunden, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 8 C 18.16.0 - Rn. 45). Spielsucht und übermäßige Ausgaben können zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen (vgl. BVerfG Beschluss v. 14.10.2008 - 1 BvR 928/18 - Rn. 29). Es gibt keinerlei wirkungsvolle Kontrollmechanismen, das Angebot ist jederzeit verfügbar und es liegt ein besonders hoher Abstraktionsgrad vor (spielen in der Sicherheit der eigenen vier Wände). Gerade hierdurch wird die besondere Gefährdungslage für den Verbraucher in den Hintergrund gedrängt und die Gefahr von übermäßigen Ausgaben und Überschuldung begünstigt.

Entgegen der Werbeversprechen der Casinobetreiber und oftmals positiven Berichterstattung in verschiedenen Medien, die mit Tipps und Tricks die schillernde Welt der Online-Casinos als schnellen Weg zum großen Glück darstellen, hat sich doch über all die Jahrzehnte ein für den Verbraucher ungünstiger Grundsatz, den kein Spieler außer Acht lassen sollte, bewahrheitet: Im Casino gewinnt am Ende immer die Bank.

Wir möchten aber noch drauf hinweisen, dass für durch Online-Casinos geschädigte Verbraucher die Möglichkeit besteht die verspielten Einsätze zurückzuverlangen. Näheres dazu erfahren Sie in diesem Artikel auf unserer Website. In unserer Kanzlei haben wir bereits zahlreichen Mandanten dabei geholfen, einen Großteil ihrer Einsätze zurückzuholen. Wenn auch Sie Geld im Online-Casino verloren haben, vereinbaren Sie gerne einen Termin für ein kostenloses Erstgespräch, in dem wir Sie zum besten Vorgehen in Ihrem Fall beraten.

Alexander Münch
Alexander Münch

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.

Wir helfen Ihnen gerne! Kontaktieren Sie uns. Oder vereinbaren Sie hier online einen Termin für eine telefonische kostenfreie Erstberatung.

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