18. Juli 2016

OLG Düsseldorf zur Fußnote „Nicht für Fernabsatz“ und zu Rechtsmissbrauch

Bislang galt die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf als eher bankenfreundlich. Der 6. Senat des OLG Düsseldorf ist der Auffassung, dass der Widerruf bei bereits beendeten Darlehensverträgen überhaupt nicht mehr möglich sei und bei noch laufenden Darlehensverträgen aufgrund der aktuell günstigen Marktzinsen rechtsmissbräuchlich sei. Die Banken zitieren diese Rechtsprechung sehr gerne in ihren Standardschreiben an ihre Kunden.

Richtig ist aber, dass sich die Senate beim OLG Düsseldorf in ihrer Rechtsauffassung gar nicht einig sind. In einem aktuellen Urteil vom 13.05.2016 vertritt der 17. Senat genau das Gegenteil des 6. Senats.

Was entscheidet der 17. Senat?

Der 17. Senat des OLG Düsseldorf ist der Auffassung, dass die frühzeitige Ablösung des Darlehens der Erklärung des Widerrufs nicht entgegensteht:

„Entgegen der Ansicht der Beklagten steht einem Widerruf des Darlehensvertrags durch Erklärung vom 01.12.2014 nicht entgegen, dass die Parteien bereits im Juli 2014 einvernehmlich den Darlehensvertrag aufgehoben haben. Diese Aufhebung wirkte nur für die Zukunft und führte nicht dazu, dass ein anderer Darlehensvertrag an die Stelle des ursprünglichen Darlehensvertrags getreten wäre.“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2016 – 17 U 182/15 -)

Im Hinblick auf den Rechtsmissbrauch folgt der 17. Senat der Rechtsprechung des VIII. Senats des Bundesgerichtshofes und vertritt die Auffassung, dass die Motive des Kunden beim Widerruf mangels gesetzlich normierter Begründungspflicht unbeachtlich sind. Darüber hinaus wird die Bank bei der gesetzlich vollständig geregelten Rückabwicklung nicht unzumutbar benachteiligt. Die Interessen der Bank werden durch das Gesetz ausreichend berücksichtigt:

„Die Frage, ob eine unzulässige Rechtsausübung vorliegt, erfordert eine Abwägung der beiderseitigen Interessen im Einzelfall. Nicht jede Unbilligkeit darf dazu führen, dass gesetzlich vorgesehene Ergebnisse über § 242 BGB korrigiert werden, so dass bei der Anwendung der unzulässigen Rechtsausübung Zurückhaltung geboten ist. Durch die Rechtsausübung muss eine Situation entstehen, die es als untragbar erscheinen lässt, das aus der Gesetzesanwendung folgende Resultat zu akzeptieren. Missbilligenswerte Motive des Rechtsinhabers allein erschüttern dessen Rechtsposition noch nicht (Staudinger/Olzen/Looschelders, BGB, Neubearbeitung 2015, § 242 Rz. 219-221; Münchener Kommentar zum BGB/Schubert, 7. Aufl., § 242 Rz. 208). Eine solche Situation ergibt sich bei der Ausübung des Widerrufsrechts mit dem Ziel, bessere Zinskonditionen zu erreichen, nicht (a.A. OLG Düsseldorf, a.a.O.). Auszugehen ist zunächst von der gesetzgeberischen Grundentscheidung, den Widerruf des Darlehensvertrags nicht an eine Begründung zu knüpfen, so dass die Motive für den Widerruf keine Rolle spielen.
Außerdem ist zu beachten,
dass die Möglichkeit zur Ausübung des Widerrufsrechts auch längere Zeit nach Abschluss des Vertrags ausgelöst wird durch eine fehlerhafte Widerrufsinformation, die in der Verantwortlichkeit des Darlehensgebers selbst liegt. Es entsteht für den Kreditgeber auch keine schlechthin untragbare Situation. Zunächst besteht für ihn zumindest im Falle von lückenhaften Angaben die Möglichkeit, die fehlenden Angaben nachzuholen und so eine Widerrufsfrist von nunmehr einem Monat auszulösen (§ 492 Abs. 6 BGB). Wird der Widerruf innerhalb dieser Frist oder außerhalb der Nachholung von Angaben mangels laufender Frist ausgeübt, wandelt sich der Darlehensvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis, das den Verbraucher zur Rückzahlung der Darlehensvaluta zzgl. Wertersatz verpflichtet. Durch dieses Rückgewährschuldverhältnis werden die Interessen des Darlehensgebers ausreichend gewahrt.“
(OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2016 – 17 U 182/15 -)

Schließlich sieht das OLG Düsseldorf die Verwendung der Fußnote „Nicht für Fernabsatzgeschäfte“ nicht nur als inhaltliche Änderung des gesetzlichen Musters, sondern auch als Fehler. Mit der Verwendung dieser Fußnote lässt die Bank den Verbraucher im Unklaren, ob ein Fernabsatz vorliegt oder nicht. Bei dem Begriff „Fernabsatz“ handelt es sich um einen juristischen Fachbegriff, dessen Bedeutung ohne weitere Erklärungen einem juristisch nicht vorgebildeten Verbraucher nicht geläufig sein dürfte:

„Diesen Anforderungen genügt die Widerrufsbelehrung schon deshalb nicht, weil die an die Überschrift der Belehrung angehängte Fußnote 1 den Verbraucher darüber im Unklaren lässt, ob ein Fernabsatzgeschäft vorliegt und deshalb die Widerrufsbelehrung nicht einschlägig ist. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Fußnote nicht an den Verbraucher, sondern an ihre Sachbearbeiter richte, die ihrerseits zu prüfen hätten, ob ein Fernabsatzgeschäft vorliegt. Denn für den Verbraucher ist aus dem Text der Fußnote nicht erkennbar, dass diese sich nicht an ihn richtet. Bei einer Fußnote handelt es sich um eine durch eine hochgestellte Ziffer o. Ä. auf eine Textstelle bezogene Anmerkung am unteren Rand einer Seite, die typischerweise textbezogene Anmerkungen, Ergänzungen, Erläuterungen oder Zusätze enthält, die bei einer anderen formalen Gestaltung ebenso gut in den Text hätten integriert werden können. Mit Hilfe der Technik der Fußnote wird deren sachlicher Inhalt zum Bestandteil des Textes, auch wenn sich die Fußnote am unteren Seitenrand oder - etwa als „Endnote“ - erst am Ende eines mehrseitigen Textes findet. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung war daher geeignet, beim Kläger den Eindruck hervorzurufen, eine (von ihm vorzunehmende) Prüfung seines Einzelfalls könnte zum Ergebnis eines Fernabsatzgeschäfts führen (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 11.11.2015, 14 U 2439/14, Tz. 31; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2016, I-6 U 296/14; jeweils zum Fall einer auf die Bestimmung der Widerrufsfrist bezogenen Fußnote).

Es kann auch nicht angenommen werden, dass es dem Kläger ohne weiteres möglich war, die Fußnote 1 als für seinen Fall nicht einschlägig unbeachtet zu lassen, weil er ohne weiteres hätte erkennen können, dass es sich bei seinem Vertrag nicht um ein Fernabsatzgeschäft handelte. Der Begriff des Fernabsatzgeschäfts ist kein in der Alltagssprache unter juristischen Laien gebräuchlicher Begriff, sondern es handelt sich um einen juristischen Fachbegriff, dessen Bedeutung ohne weitere Erklärungen einem Laien nicht geläufig sein dürfte.“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2016 – 17 U 182/15 -)

Diese Rechtsprechung ist zu begrüßen. Es zeigt, dass die Auffassung der Banken nicht dem Leitbild des Gesetzes entspricht und vor dem Bundesgerichtshof nicht halten wird.

Ein Blick in die eigenen Finanzierungsunterlagen lohnt sich also auch weiterhin!

Sollten Sie unsicher sein, ob ein Widerruf Ihres Darlehensvertrages auch heute noch möglich ist, zögern Sie nicht dies durch uns überprüfen zu lassen.

 

Alexander Münch
Alexander Münch

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.

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