18. März 2025

OLG Nürnberg: rückwirkende Befristung der BU unzulässig

Wenn Versicherer die Leistung der Berufsunfähigkeitsrente einstellen wollen, müssen sie das nachvollziehbar und detailliert begründen. So lautet ein verbraucherfreundlicher Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 03.07.2024 (Az.: 8 U 848/24). Das Urteil bezieht sich vor allem auf sog. „uno actu“-Entscheidungen. Dabei handelt es sich um Schreiben, in denen Versicherer einerseits die Leistung anerkennen, andererseits aber deren Einstellung erklären. Die Anforderungen an die wirksame Einstellung der Leistung hat das Gericht mit seinem Urteil nun deutlich erhöht. 

Rückwirkende Anerkennung und Befristung in einem Schreiben

Geklagt hatte ein ehemaliger Berufssportler. Er hatte eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen und diese nach einer schweren Verletzung in Anspruch genommen. Die Versicherung erkannte die Leistung rückwirkend an und zahlte dem Versicherungsnehmer eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente, befristete die Zahlung aber im selben Schritt. In dem betreffenden Schreiben begründete die Versicherung die Befristung mit einer telefonischen Mitteilung des Mannes, nach der er sein Training wieder aufgenommen hatte.

Konkret hieß es in dem Schreiben:

„Sie erhalten vom 01.08.2019 bis zum 31.03.2020 befristet Leistungen gemäß § 9 (1) der allgemeinen Versicherungsbedingungen der Tarifgruppe SBU […] aus Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung.“

Des Weiteren schrieb die Versicherung, dass der Versicherungsnehmer nicht mehr als arbeitsunfähig gelte und die Zahlungen über den genannten Zeitraum hinaus folglich eingestellt würden. Der Sportler war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und verklagte die Versicherung auf weitere Zahlungen bis Januar 2022.

OLG Nürnberg: rückwirkende Befristung unzulässig

Der Fall wurde in erster Instanz vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth verhandelt, welches der Klage weitgehend stattgab und die Versicherung zur Zahlung von mehr als 57.000 Euro verurteilte. Die beklagte Versicherung ging gegen dieses Urteil in Berufung. Doch in einem Hinweisbeschluss bestätigte das Oberlandesgericht Nürnberg das erstinstanzliche Urteil und kündigte an, die Berufung der Versicherung zurückweisen zu wollen, weil diese keine Aussicht auf Erfolg habe.

Als Begründung führte das OLG Nürnberg zunächst an, dass eine pauschale Behauptung des verbesserten Gesundheitszustands nicht ausreiche, um Leistungen wirksam einstellen zu können. Die Leistungseinstellung erfordere eine fundierte Vergleichsbetrachtung, aus der genau hervorginge, wie sich der Gesundheitszustand des Versicherten konkret verbessert habe.

Darüber hinaus erklärte das Gericht die rückwirkende Befristung für unzulässig. Nach Auffassung der Richter habe die Versicherung mit ihrem Schreiben eine unbefristete Leistungszusage abgegeben. Eine rückwirkende Befristung sei daher grundsätzlich nicht zulässig.

Hohe Anforderungen an Versicherungen – gute Chancen für Versicherte

Außerdem seien die formalen Anforderungen an die „uno actu“-Entscheidung nicht erfüllt worden. Die Entscheidung zur Leistungseinstellung hätte im ursprünglichen Schreiben nachvollziehbar und schlüssig dargelegt werden müssen. Ein bloßer Verweis auf die telefonische Aussage des Versicherten sei hierfür nicht ausreichend.

Mit seinem Beschluss hat das Oberlandesgericht Nürnberg die Anforderungen an die Begründung der Leistungseinstellung bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung konkretisiert und erhöht. So sei die Einstellung der Leistungen durch den Versicherer nur dann wirksam, wenn sie detailliert begründet wird und für den Versicherten nachvollziehbar ist.

Wir begrüßen diese Entscheidung des OLG Nürnberg sehr, da sie die Rechte der Versicherungsnehmer stärkt und zugleich höhere Anforderungen an Versicherer stellt, wenn sie die Leistungen einstellen wollen und sich dabei auf eine Verbesserung des Gesundheitszustandes berufen.

Versicherungsnehmer, deren Versicherung die Leistungen auf ähnliche Weise einzustellen versucht, haben dank dieses Urteils gute Chancen, dagegen vorzugehen. Dafür stehen wir Ihnen in der Anwaltskanzlei Lenné gerne zur Verfügung und prüfen zunächst, ob Schreiben und Begründung der Versicherung den vom OLG Nürnberg aufgestellten Anforderungen entsprechen. Ist das nicht der Fall, kämpfen wir dafür, Ihre Leistungsansprüche gegenüber dem Versicherer durchzusetzen. Lassen Sie sich hierzu unverbindlich in einem kostenlosen Erstgespräch von uns beraten.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Guido Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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