28. Dezember 2015

OLG Nürnberg: Widerrufsbelehrung der Sparkassen unwirksam

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 11.11.2015 die von den Sparkassen oftmals verwendete Widerrufsbelehrung mit Hochzahlen und dem Fußnotentext „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ für unwirksam erklärt.

Warum?
Die zu entscheidende Rechtsfrage bei dieser Widerrufsbelehrung ist, ob die beklagte Bank das Muster des Gesetzgebers verwendet hat. In diesem Fall gilt die Belehrung als richtig erteilt.

Die Rechtsprechung der verschiedenen Landgerichte hierzu ist teilweise völlig konträr. So nimmt das Landgericht Köln seit Ende September 2015 an, es würde sich um das Muster des Gesetzgebers handeln.
Wenige Kilometer rheinabwärts vertritt das Landgericht Düsseldorf die Auffassung, durch die Verwendung von Fußnoten greife die Sparkasse in den Inhalt des Mustertextes ein. Das LG Düsseldorf verneint damit die Verwendung der Musterbelehrung.

Das Landgericht Düsseldorf äußert sich zu dieser Widerrufsbelehrung wie folgt:

Fußnoten ist es immanent, dass sie als Ziffern im Text erkennbar sind und sich der dazugehörige Text am Ende der Seite befindet. Eine Fußnote ist eine Anmerkung, die im Druck-Layout aus dem Fließtext ausgelagert wird, um den Text flüssig lesbar zu gestalten. Angesichts dessen bezieht der Leser (automatisch) durch die Fußnotenverweise den Text der Fußnoten in den Belehrungstext mit ein. Die teilweise angenommene Trennung (vgl. LG Berlin a.a.O.) ist lebensfremd und widerspricht dem Sinn und Zweck der Verwendung einer Fußnote.

Soweit die Beklagte die Auffassung, vertritt die Fußnote richte sich ganz offensichtlich an ihre Mitarbeiter (so auch: LG Berlin a.a.O, LG Hagen a.a.O, LG Nürnberg-Fürth a.a.O.), die nach Prüfung die jeweils einschlägige Frist einsetzen sollten, überzeugt dies nicht, denn wenn es sich um eine Art Arbeitsanweisung für Mitarbeiter handeln soll, erklärt das nicht, warum die Fußnote dann in der Ausfertigung für den Verbraucher verblieben ist.“ (LG Düsseldorf Urt. v. 17.03.2015 - 10 O 131/15 -, Entscheidungsgründe, Hervorhebung durch den Autor)

Diese Meinung vertritt nunmehr auch das OLG Nürnberg, mit folgender zutreffenden Begründung:

„Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Fußnote nicht an den Darlehensnehmer, sondern an ihre Sachbearbeiter richte, die zu prüfen hätten, ob die Frist zwei Wochen oder einen Monat betrage. Denn für den Darlehensnehmer, dem ein Exemplar der Widerrufsbelehrung in einer der Anlage K2 entsprechenden Form überlassen wird, ist nicht erkennbar, dass sich die in der Fußnote enthaltene Aufforderung („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) nicht an ihn richtet. Die gewählte formale Gestaltung legt es im Gegenteil sogar nahe, dass der Darlehensnehmer sich angesprochen fühlt. Denn bei einer Fußnote handelt es sich um eine „durch eine hochgestellte Ziffer o. Ä. auf eine Textstelle bezogene Anmerkung am unteren Rand einer Seite“ (vgl. z. B. http://www.duden.de/rechtschreibung/Fußnote, abgerufen am 05.11.2015), die typischerweise textbezogene Anmerkungen, Ergänzungen, Erläuterungen oder Zusätze enthält, die bei einer anderen formalen Gestaltung ebenso gut in den Text hätten integriert werden können. Mit Hilfe der Technik der Fußnote wird deren sachlicher Inhalt zum Bestandteil des Textes, auch wenn sich die Fußnote am unteren Seitenrand oder etwa als „Endnote“ erst am Ende eines mehrseitigen Textes findet. Es ist auch in einem anderen Kontext kaum vorstellbar, dass sich eine Bank auf das Argument eines Kunden einlassen würde, er habe Sachinformationen wie zum Beispiel Hinweise auf Risiken einer Anlage deshalb nicht (als ihn betreffend) zur Kenntnis nehmen müssen, weil sie in einer auf eine bestimmte Textstelle bezogenen Fußnote enthalten wären.“
(OLG Nürnberg, Urteil vom 11. 11.2015 - 14 U 2439/14 -)

Verbraucher die die oben beschriebene Formulierung und Gestaltung in ihren Darlehensverträgen finden, sollten die Rücksprache mit einem fachkundigen Anwalt suchen. In der Regel dürfte dann nämlich die Möglichkeit bestehen die Darlehensverträge rückabzuwickeln.

Das OLG Nürnberg hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Der Bundesgerichtshof sollte sich seit Anfang 2014 bereits mehrfach zu dem Thema Widerruf von Darlehensverträgen äußern. Die Beteiligten verhinderten jedoch immer in letzter Minute eine begründete Entscheidung. Wir gehen davon aus, dass dies auch in diesem Fall so sein wird und nicht mit einer Entscheidung dieser Rechtsfrage durch den BGH gerechnet werden sollte. Es ist nur zu verständlich, dass die Beklagte keine Entscheidung durch den BGH anstreben kann. Sollte dieser - was doch deutlich zu vermuten ist - zugunsten des Verbrauchers entscheiden, so dürfte dies eine regelrechte Klagewelle gegen die Sparkassen bundesweit nach sich ziehen. Es bleibt abzuwarten ob die Sparkasse Revision einlegen wird. An einer rechtskräftigen Entscheidung des OLG Nürnberg dürfte die Sparkasse ebenfalls kein Interesse haben.

Alexander Münch
Alexander Münch

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.

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