Online-Glücksspiel: geheime Vereinbarung gefährdet Spielerschutz
Aktuellen Studien zufolge gelten in Deutschland 1,3 Millionen Menschen als spielsüchtig, als gefährdet sogar 3,2 Millionen Menschen. Vor allem Online-Glücksspiele, in Online-Casinos oder bei Sportwetten, stellen für diese Menschen eine besonders große Gefahr dar, weil sie einfach und jederzeit zugänglich sind. Das verdeutlichen in Medienberichten veröffentlichte Zahlen, nach denen sich die Umsätze der Online-Glückspiel-Anbieter seit 2018 europaweit verdoppelt haben.
Um die Spieler besser zu schützen, ist 2021 der neue Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) in Kraft getreten, der bundeseinheitliche Regelungen für die Veranstaltung von Glücksspielen vorsieht. Ziel dieser gesetzlichen Regelung ist es, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern und Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Die Bundesländer unterliegen bei der Regulierung von Glücksspiel-Angeboten also dem Glücksspielstaatsvertrag. Gleichzeitig wurde die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) geschaffen, der die Aufsicht und Kontrolle obliegt.
Neuer Glücksspielstaatsvertrag sieht Einzahlungslimit von 1.000 Euro vor
Eine der Schutzmaßnahmen des GlüStV ist ein gesetzliches Einzahlungslimit. Demnach dürfen Spieler maximal 1.000 Euro pro Monat bei Online-Casinos und Wettanbietern einzahlen. Zwar sei dieses Einzahlungslimit nach Auffassung verschiedener Fachleute und Glücksspielforscher bereits zu hoch, doch immerhin schützt es vor übermäßiger Verschuldung. Wenn Spieler noch höhere Beträge einzahlen wollen, sind die Glücksspiel-Anbieter verpflichtet, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Personen zu überprüfen, um zu verhindern, dass sich die Spieler wirtschaftlich übernehmen und durch Spielschulden in den Ruin getrieben werden. Laut Glücksspielstaatsvertrag ist dafür ein Einkommensteuerbescheid, Bankauszug oder ein anderweitiger Einkommensnachweis erforderlich.
Doch jüngste Veröffentlichungen haben aufgedeckt, dass diese Regelung zum Spielerschutz im November 2022 durch die Landesinnenminister umgangen wurde. So kam es in einem gerichtlichen Vergleich mit Sportwettenanbietern, die gegen die Vorgaben zum Spielerschutz geklagt hatten, zu einer bis dato geheim gehaltenen Vereinbarung, die es den Glücksspiel-Anbietern erlaubt, die Einzahlungssperre ohne angemessene wirtschaftliche Prüfung zu umgehen.
Vergleich erlaubt Schufa-G-Abfrage zur Umgehung des Einzahlungslimits
Durch diesen Vergleich, der scheinbar in allen Bundesländern zur Anwendung kommt, können die Glücksspiel-Anbieter eine sog. Schufa-G-Abfrage als Vermögensnachweis anfordern, um Einzahlungen über 1.000 Euro anzunehmen. Dabei wird in dieser speziell für die Glücksspielbranche entwickelten Prüfung der Schufa weder das Einkommen noch das tatsächliche Vermögen der Spieler erfasst. Von Spielerschutz kann hier also kaum die Rede sein. Einem Rechercheteam soll es Medienberichten zufolge durch dieses Schlupfloch sogar gelungen sein, für einen Studenten mit einem monatlichen Einkommen von ca. 1.000 Euro die Erhöhung des Einzahlungslimits auf 10.000 Euro pro Monat zu ermöglichen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Spielers wird also völlig außer Acht gelassen.
Es gibt bereits ein Urteil des Landgerichts Lüneburg, nach dem diese Schufa-G-Abfrage nicht geeignet ist, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Spielers realistisch zu prüfen. Denn nach Auffassung des Gerichts gebe die bloße Schuldenfreiheit keine Auskunft darüber, ob eine Person auch wirklich finanziell leistungsfähig sei. So könnten auch Personen mit geringem Einkommen schuldenfrei sein, ohne dass sie wirtschaftlich gut aufgestellt sind und dementsprechend höhere Spielschulden verschmerzen könnten. Die alleinige Schufa-Abfrage genügt den Richtern zufolge nicht den Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags 2021. Dass dieses Schlupfloch von den Glücksspiel-Anbietern fleißig ausgenutzt wird, zeigen Zählungen der Glücksspielbehörde, nach denen ca. 300.000 Spieler ihr Limit bereits auf über 1.000 Euro erhöht haben.
Spielerschutz wird durch Schufa-G-Abfrage außer Kraft gesetzt
Der mit dem GlüStV angestrebte Schutz suchtgefährdeter Personen wird durch diese Vereinbarung ausgehebelt. Denn gerade suchtanfällige Personen werden alles daransetzen, um auf diese Weise ihr Einzahlungslimit zu erhöhen. Und die Glücksspiel-Anbieter nutzen dieses Schlupfloch, um noch mehr Profit auf Kosten der Spieler und deren Angehörigen zu machen.
Auf Medienanfragen hin haben nahezu alle Landesregierungen auf die Verantwortlichkeit der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder verwiesen. Diese soll aktuell prüfen, ob eine Schufa-G-Abfrage den Vorgaben des Spielerschutzes gerecht werde. Von den Ländern selbst gab es keine Aussage dazu, ob die Vereinbarung den gesetzlich vorgeschriebenen Spielerschutz außer Kraft setze oder nicht.
Wir stehen Spielern zur Seite, um Verluste zurückzuholen
Wir als Rechtsexperten halten dieses Vorgehen für ungesetzlich. Die Zulassung einer Schufa-G-Anfrage widerspricht den Regelungen und Zielen des Glücksspielstaatsvertrags. Das Bestreben, die Spieler effektiver davor zu bewahren, sich durch Überschuldung bei Online-Glücksspielen in den Ruin zu treiben, wird dadurch völlig ausgehebelt. Und der Schritt in die richtige Richtung, hin zu mehr Schutz vor Spielsucht, der mit Inkrafttreten des GlüStV gemacht wurde, wird auf diese Weise wieder rückgängig gemacht.
Seit Jahren kämpfen wir in der Anwaltskanzlei Lenné auf Seiten der Spieler, um verlorene Einsätze wieder zurückzuholen. Das ist uns bereits in vielen Fällen gelungen. Wenn auch Sie Geld bei Online-Glücksspiel verloren haben, möglicherweise sogar indem Sie Ihr Einzahlungslimit durch eine Schufa-G-Abfrage erhöht haben, vertreten wir Sie gerne und versuchen, Ihr Geld zurückzuholen, indem wir zivilrechtlich gegen die Online-Glücksspielanbieter vorgehen. Wie die Chancen in Ihrem Fall stehen, prüfen wir in einem kostenlosen, unverbindlichen Erstgespräch.

Benedikt Nilges
Angestellter Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
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