04. Juli 2025

Persönliche deliktische Haftung von Geschäftsführern von Zahlungsdienstleistern wegen Mitwirkung am Zahlungsverkehr für illegale Online-Casinos

Zahlungsdienstleister sind nicht Betreiber von Online-Casinos, wirken aber auch am Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit illegalen Online-Glücksspielangeboten mit. Dabei wickeln sie auch Zahlungen ab, die von Spielern an nicht lizenzierte Anbieter geleistet werden.

Die zentrale Frage lautet aktuell, ob Geschäftsführer von Zahlungsdienstleistern persönlich deliktisch für Schäden aus Spielverlusten haftbar gemacht werden können, wenn sie wissentlich oder grob fahrlässig illegale Zahlungen ermöglichen.

Rechtslage: Mitwirkung am Zahlungsverkehr und § 4 Abs. 1 GlüStV 2021

Der Glücksspielstaatsvertrag verbietet nicht nur das Betreiben illegaler Glücksspiele, sondern auch ausdrücklich die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel (§ 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV 2021).

Diese Vorschrift richtet sich ausdrücklich an Zahlungsdienstleister, Banken und Vermittler. Ein Verstoß kann zivilrechtliche Haftungsansprüche begründen.

Deliktische Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 GlüStV

Geschäftsführer, die ein Unternehmen leiten und Geschäfte führen, können für die Verletzung des Verbots der Mitwirkung am Zahlungsverkehr persönlich haften, wenn ihnen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann.

Grundlage ist § 823 Abs. 2 BGB:

  • Die Vorschrift schützt Spieler vor Vermögensschäden durch illegale Glücksspielzahlungen.
  • Die Mitwirkung am Zahlungsverkehr ist verboten, da sie unerlaubtes Glücksspiel ermöglicht und finanziert.
  • Die Geschäftsführung trägt die Organverantwortung zur Einhaltung der Rechtsvorschriften.

Voraussetzungen der persönlichen Haftung des Geschäftsführers

Für eine persönliche Haftung müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Pflichtwidrigkeit: Verletzung der gesetzlichen Pflicht, Mitwirkung am Zahlungsverkehr zu unterbinden.
  • Kausalität: Die Mitwirkung hat Zahlungen ermöglicht, die zum Vermögensschaden der Spieler führten.
  • Verschulden: Vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln, besonders wenn Zahlungen trotz Kenntnis der Illegalität geduldet wurden.
  • Zurechnung: Die Pflichtverletzung ist dem Geschäftsführer persönlich zuzurechnen.

Rolle der Whitelist

Die Whitelist der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) zeigt auf, welche Anbieter eine deutsche Erlaubnis besitzen.

  • Zahlungsdienstleister haben eine erhöhte Prüfpflicht, Zahlungen an nicht gelistete Anbieter zu unterbinden.
  • Kenntnis oder grobe Fahrlässigkeit wird angenommen, wenn weiterhin Zahlungen an nicht gelistete (illegale) Anbieter abgewickelt werden.
  • Dies stärkt die Haftungsgrundlage erheblich.

Vergleich zur Betreiberhaftung

Die Haftung der Geschäftsführer von Zahlungsdienstleistern unterscheidet sich von der direkten Betreiberhaftung für das Glücksspiel selbst.

  • Die Haftung erfolgt wegen der Mitwirkung am Zahlungsverkehr, nicht wegen des Glücksspielbetriebs.
  • Eine verschuldensabhängige Haftung des Geschäftsführers ist erforderlich.
  • Persönliche Verantwortlichkeit entsteht durch bewusstes Ermöglichen oder Duldung illegaler Zahlungsabwicklungen trotz Kenntnis der Illegalität.

Rechtslage in Österreich

Auch in Österreich werden Geschäftsführer von Zahlungsdienstleistern zunehmend zur Verantwortung gezogen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat entschieden, dass eine persönliche Haftung möglich ist, wenn die Mitwirkung am Zahlungsverkehr für illegale Online-Glücksspielangebote nachweislich vorliegt. Die Rechtsprechung stützt sich dabei auf ähnliche deliktische Grundlagen wie in Deutschland und betont die besondere Verantwortung von Geschäftsführern bei der Verhinderung illegaler Zahlungsflüsse.

Fazit

Auch wenn Zahlungsdienstleister selbst keine Betreiber von Online-Casinos sind, kann die persönliche deliktische Haftung der Geschäftsführer wegen Mitwirkung am Zahlungsverkehr grundsätzlich bejaht werden, wenn:

  • Kenntnis von der Illegalität der Zahlungen vorliegt oder grob fahrlässig gehandelt wird,
  • keine ausreichenden Kontroll- und Sperrmechanismen umgesetzt sind,
  • und dadurch Vermögensschäden bei Spielern entstehen.

Geschäftsführer solcher Zahlungsdienstleister sollten sich ihrer organ- und deliktischen Verantwortung bewusst sein und alle zumutbaren Maßnahmen zur Verhinderung illegaler Zahlungsabwicklungen ergreifen.

von Benedikt Nilges
Benedikt Nilges

Angestellter Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.

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