13. März 2024

Schadensregulierung nach Unfall: Kfz-Gutachter muss neutral sein

Ein Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung muss die Kosten für ein Schadengutachten nicht tragen, wenn der Gutachter erkennbar nicht neutral ist, weil er für dieselbe Werkstatt arbeitet, die für die Reparatur des Schadens zuständig ist. So lautet eine wichtige Entscheidung des Amtsgerichts Hanau vom 18.10.2023 (Az.: 39 C 30/23).

Geschädigter beauftragt Gutachten und Reparatur bei demselben Anbieter

In dem vorliegenden Fall war das Fahrzeug des Geschädigten durch das Verschulden des Unfallgegners beschädigt worden. Er beauftragte daraufhin ein Schadengutachten. Der Gutachter war jedoch klar erkennbar für dieselbe Werkstatt tätig, die auch die Reparatur des Schadens übernehmen sollte. Die Versicherung des Unfallverursachers bezahlte zunächst die Rechnung für das Gutachten in Höhe von 665,26 €. Nachdem sie von der Verbindung zwischen Gutachter und Werkstatt erfahren hatte, verlangte sie die Summe allerdings vom Geschädigten zurück. Der Fall ging vor Gericht.

Das Amtsgericht Hanau verurteilte den Geschädigten zur Rückzahlung der Kosten für das Gutachten. Zwar könne ein Geschädigter grundsätzlich von der Versicherung des Unfallverursachers verlangen, die Kosten für ein Schadengutachten zu tragen. Voraussetzung sei jedoch, dass der Gutachter neutral ist und in keinem Verhältnis zur Reparaturwerkstatt steht. Andernfalls sei das Gutachten ungeeignet. Sei dem Geschädigten bewusst, dass der Gutachter der Reparaturwerkstatt zugehörig ist, dann müsse er die Kosten für das Schadengutachten selber tragen.

AG Hanau: Geschädigter muss Kosten für Gutachten selber tragen

Im vorliegenden Fall waren das Sachverständigenbüro und die Werkstatt derselben Gesellschaft angehörig, das Gutachten also nicht neutral. Diese Tatsache sei für den Geschädigten klar erkennbar gewesen, so das Gericht. Beispielsweise erfolgten die Beauftragung des Gutachtens und der Reparatur auf demselben Formular. Auch dass beide dieselbe Anschrift und denselben Namen hatten, habe eindeutig auf eine Verflechtung der beiden Dienstleister hingewiesen.

Damit sich Geschädigte auf den Inhalt eines Schadengutachtens verlassen könnten, müsse der beauftragte Schadensgutachter neutral sein und dürfe kein Interesse daran haben, an der Reparatur zu verdienen, verdeutlichte das AG Hanau.

Für die gegnerische Versicherung stelle sich nun die Frage, ob die Kostenerstattung wegen eines Auswahlverschuldens des Geschädigten verweigert werden könne – nämlich weil ein werkstatteigener Sachverständiger beauftragt wurde. Das hat das Amtsgericht Hanau klar bejaht und damit einen wichtigen Präzedenzfall für die Schadensfeststellung nach Verkehrsunfällen geschaffen.

Recht und Pflicht auf unabhängigen Gutachter

Das Gericht betonte in seinem Urteil, dass Geschädigte nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hätten, einen unabhängigen Gutachter zu beauftragen, um die Integrität und Transparenz des Feststellungsprozesses zu gewährleisten. Das sei hier nicht der Fall gewesen, weil dem Geschädigten die offensichtliche Verflechtung zwischen dem Sachverständigenbüro und der Reparaturwerkstatt hätte auffallen müssen.

Das Gutachten ist ein wichtiger Bestandteil der Schadensregulierung, insbesondere für die Geschädigten. Diese sollten daher bei der Auswahl eines Gutachters genau aufpassen und auf mögliche Interessenskonflikte achten. Auch die Gutachter selbst sind gefordert, eine klare Trennung von Begutachtung und Reparatur sicherzustellen.

In der Anwaltskanzlei Lenné vertreten wir nicht nur die Interessen unserer Mandanten nach einem Verkehrsunfall, wie beraten unter anderem auch zur Auswahl eines Sachverständigenbüros, um sicherzustellen, dass der Feststellungsprozess einwandfrei verläuft und keine negativen Auswirkungen auf die Schadensregulierung mit der gegnerischen Versicherung hat. Wenn Sie in einen Verkehrsunfall verwickelt waren, empfehlen wir, sich möglichst schnell anwaltliche Beratung einzuholen. Dafür stehen wir Ihnen in einem kostenlosen Erstgespräch gerne zur Verfügung.

von Martina Bergmann
Martina Bergmann

Angestellte Rechtsanwältin

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