Tresorklausel in der Hausratversicherung: Beratungspflicht der Vermittler
Die Hausratversicherung deckt auch Schäden durch Einbruchsdiebstahl ab. Allerdings gelten hier für Wertgegenstände besondere Bedingungen. Neben unterschiedlich hohen Versicherungssummen wird in den Versicherungsverträgen außerdem eine maximale Entschädigungsgrenze für Wertgegenstände festgelegt, die nicht in einem Tresor aufbewahrt werden. Ist das der Fall, wird dem Versicherungsnehmer also nicht der volle Wert der gestohlenen Wertsachen erstattet, sondern nur der vertraglich festgelegte Betrag.
Die Rede ist von der sog. Tresorklausel, deren Rechtmäßigkeit schon vor langer Zeit vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde (Urteil vom 16.03.1983, Az.: IVa ZR 111/81). Gemäß dieser BGH-Entscheidung besteht eine „Pflicht des Versicherungsnehmers zur sachgerechten Aufbewahrung wertvoller Gegenstände“. Dass in Rechtsstreitigkeiten zwischen Versicherungsnehmer und den Versicherern dennoch die Chance besteht, dass der volle Schaden zu erstatten ist, zeigt ein Fall, der vor dem Oberlandesgericht Hamm verhandelt wurde.
Bei einer Versicherungsnehmerin wurde im November 2017 eingebrochen und Schmuck im Wert von rund 52.000 Euro gestohlen. Diesen hatte die Frau nicht in einem Tresor gesichert. Die Versicherung berief sich auf die Tresorklausel und verweigerte die Erstattung des vollen Betrags.
Tresorklausel sieht Entschädigungsgrenze von 21.000 Euro vor
Gemäß den Vertragsbedingungen war die Entschädigung für gestohlene Wertsachen je Versicherungsfall begrenzt, wenn sich diese außerhalb eines Tresors mit genau definierten Sicherheitsmerkmalen befänden. Die Entschädigungsgrenze war auf 21.000 Euro festgeschrieben.
Die Versicherungsnehmerin forderte vom Versicherer jedoch die Erstattung der vollen 52.000 Euro und reichte Klage ein. Tatsächlich gewann sie sowohl in der ersten Instanz vor dem Landgericht Essen (Az.: 30 - 18 O 201/19) als auch im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm (Az.: 20 U 266/19). Dabei bestanden an der Gültigkeit der Tresorklausel keinerlei juristische Zweifel, wie auch das OLG Hamm in seinem Urteil noch einmal deutlich hervorhob.
Dass beide Gerichte dennoch zugunsten der Klägerin urteilten, lag an einem Beratungsfehler durch den Vermittler der Versicherung. Denn dieser hatte sie nicht angemessen zur Entschädigungsgrenze der Tresorklausel und deren Auswirkungen auf den Versicherungsschutz informiert.
Was genau ist die Tresorklausel?
Tresorklauseln legen in der Hausratversicherung eine obere Erstattungsgrenze für Wertgegenstände fest, die nicht im Tresor aufbewahrt werden. In der Regel werden darin auch Mindeststandards für den Tresor selbst festgelegt – etwa, wie dieser zu verbauen ist, welche DIN-Normen er zu erfüllen hat usw. Gesonderte Entschädigungsgrenzen gibt es für Wertgegenstände, die angemessen in einem Tresor gelagert werden. Alle Entschädigungsgrenzen werden dabei über einen bestimmten Prozentsatz der Versicherungssumme definiert. Das heißt, dass es auch für in Tresoren aufbewahrte Wertgegenstände keine unbegrenzte Erstattung seitens der Versicherung gibt. Um einen höheren Prozentsatz der Entschädigungssumme für Wertsachen zu erhalten, ist in der Regel eine Erhöhung der Prämie notwendig.
Vermittler klärt nicht angemessen über Risiken der Tresorklausel auf
In dem verhandelten Fall wurde der Klägerin die Hausratversicherung durch einen Agenten des Versicherers vermittelt. Daher haftete in diesem Fall auch das Versicherungsunternehmen selbst für etwaige Aufklärungsfehler. Und tatsächlich gingen beide gerichtlichen Instanzen von einem solchen Beratungsfehler aus.
Die Klägerin hatte den Agenten um eine Beratung zu einer Hausratversicherung gebeten. Dieser empfahl ihr einen Vertrag, der bei Diebstahl von Wertgegenständen eine Entschädigungsgrenze von 20 Prozent der Versicherungssumme vorsah. Letztere betrug 104.000 Euro. Im Falle eines Diebstahls hätte die Versicherung also 20.800 Euro geleistet. Da der Betrag noch unterhalb der Entschädigungsgrenze der Tresorklausel lag, hätte diese auf die Höhe der Entschädigung keinen Einfluss gehabt.
Der Versicherungsnehmerin fiel jedoch auf, dass die Entschädigungssumme für ihre Wertsachen grundsätzlich zu niedrig war. Ihr Schmuck war wesentlich mehr Wert als 20.800 Euro. Dementsprechend bat sie darum, die Entschädigungsgrenze für Wertsachen auf 50 Prozent der Versicherungssumme zu erhöhen. Dass sich dadurch die zu zahlende Prämie erhöhen würde, nahm sie gerne in Kauf.
Aus den neuen Vertragsbedingungen ergab sich für die Versicherungsnehmerin jedoch ein höheres Risiko, einen Großteil des Versicherungsschutzes zu verlieren, sollte sie die Wertsachen nicht sachgemäß in einem Tresor aufbewahren. Denn die Entschädigungsgrenze für den Schmuck lag jetzt bei 52.000 Euro. Das hätte der Agent bemerken und die Kundin darauf hinweisen müssen.
OLG Hamm: Schaden der Klägerin durch Beratungsfehler verursacht
So sah es auch das Oberlandesgericht Hamm. Nach Auffassung der Richter hätte es sich dem Agenten quasi aufdrängen müssen, die Klägerin auf die Tresorklausel hinzuweisen. In einem solchen Fall müsse der Agent über Vertragsbedingungen aufklären, die den angestrebten Versicherungsschutz gefährden würden, hier also die Tresorklausel und die sich daraus ergebende Entschädigungsgrenze. Aufgrund der konkreten Umstände des Beratungsgesprächs habe die Versicherungsnehmerin auf eine richtige Beratung vertrauen dürfen, so das OLG Hamm. Schließlich sei dem Agenten der Wunsch, eine höhere Entschädigung für den Schmuck zu gewährleisten, von der Klägerin klar kommuniziert worden.
Der Schaden der Versicherungsnehmerin ließe sich eindeutig auf vernachlässigte Informationspflichten bzw. einen Beratungsfehler zurückführen, erklärten die Richter und verurteilten die Hausratversicherung, 30.726,56 Euro nachzuzahlen.
Mangelnde Aufklärung durch Vermittler führt zu Haftung
Das Urteil verdeutlicht das Haftungsrisiko für Vermittler und die Wichtigkeit einer angemessenen Beratung, insbesondere in Bezug auf einschränkende Bedingungen wie die Tresorklausel und den damit verbundenen Risiken. Zum Beispiel, dass der Versicherungsnehmer bei nicht sachgerechter Unterbringung seiner Wertsachen im Tresor riskiert, einen Großteil des Versicherungsschutzes zu verlieren. In der Anwaltskanzlei Lenné hatten wir schon öfters Fälle, in denen die gewünschte Versicherungssumme der Wertsachen die Entschädigungssumme der Tresorklausel deutlich überstieg. Ebenso häufig geschieht es in der Praxis, dass Hinweise auf solche Klauseln und Risiken nicht angemessen dokumentiert wurden. In dem Fall haben Sie als Versicherungsnehmer gute Karten. Sollten auch Sie falsch oder nicht angemessen zu Ihrer Versicherung beraten worden sein und dadurch einen finanziellen Schaden erlitten haben, setzen wir Ihre Ansprüche durch. Lassen Sie sich einfach im Zuge eines kostenlosen Erstgesprächs von uns beraten.
Guido Lenné
Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.
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