Über 400 Banken und Sparkassen berechnen Negativzinsen
Die für Einlagen bei der Europäischen Zentralbank fälligen Negativzinsen geben inzwischen hunderte deutsche Banken an ihre Kunden weiter. Dazu zählen sowohl Sparkassen, Raiffeisenbanken aber auch Privatinstitute. Negativzinsen bzw. Verwahrentgelte werden bei Giro- und Tagesgeldkonten, teilweise schon ab dem ersten Cent, fällig. Bei Negativzinsen ist die Höhe der erhobenen Gebühren unmittelbar vom Guthaben abhängig. Verwahrentgelte hingegen ändern sich nicht. Das ist meistens bei Tagesgeldkonten der Fall.
Laut dem Vergleichsportal Verivox, das die auf den Internetseiten der Banken veröffentlichten Konditionen für Tagesgeld-, Giro- und Verrechnungskonten auswertetet, sollen inzwischen rund 429 Banken Negativzinsen verlangen. Diese Zahl ergibt sich aus den Daten von 1300 Banken und Sparkassen, die erfasst wurden. Doch längst nicht alle Banken veröffentlichen Informationen zu ihren Zinsen frei zugänglich auf ihrer Website. Die tatsächliche Zahl dürfte daher noch höher sein. Dabei werden ausschließlich Konten für Privatkunden berücksichtigt, obwohl es natürlich auch Banken gibt, die nur von Geschäftskunden Negativzinsen verlangen.
Freibeträge auf Girokonten variieren stark
Manche Banken schränken lediglich den Freibetrag auf Girokonten ein. So sollen bereits ca. 165 Banken den Gesamtfreibetrag für ihre Kunden schon auf 50.000 Euro oder weniger begrenzt haben. Kleinsparer stehen sich bei den Banken schlechter, die zwar offiziell keine Negativzinsen verlangen, dafür aber eine monatliche Gebühr für das sonst kostenlose Tagesgeldkonto berechnen. Das soll bereits bei 22 Banken der Fall sein. In manchen Fällen werden die Gebühren sogar zusätzlich zu den offiziellen Negativzinsen berechnet.
Doch grundsätzlich sind Kleinanleger und Girokonteninhaber mit geringeren Guthaben allerdings weniger von Negativzinsen betroffen. Doch selbst in diesen Fällen erheben immer mehr Institute Gebühren schon ab dem ersten Cent Guthaben. Was die Schwelle in Bezug auf die Höhe der Guthaben betrifft, ist die Staffelung von Bank zu Bank sehr unterschiedlich. Einige begrenzen den Freibetrag schon auf 1.000 Euro. Andere berechnen Gebühren ab 5.000 €, 10.000 €, 20.000 € oder 25.000 €.
Vorsicht bei Banken, die keinen Preisaushang veröffentlichen
Einige Banken hatten zunächst Negativzinsen in ihrem Preisaushang veröffentlicht, diese Hinweise dann aber wieder von der Website gelöscht. Es ist aber davon auszugehen, dass Negativzinsen weiter erhoben werden, denn die Zinspolitik der EZB, auf die sich die Banken im Hinblick auf die Erhebung von Negativzinsen gegenüber den Kunden berufen, ist nach wie vor unverändert.
Vor allem regionale Banken machen ihre Konditionen oft nicht publik. Im Zweifelsfall ist davon auszugehen, dass auch diese Banken Negativzinsen verlangen. In den Medien wird spekuliert, dass einige dieser Banken Tagesgeldkonten nicht mehr zum Online-Abschluss anbieten, sodass sie über die Erhebung von Negativzinsen auch nicht online im Preisverzeichnis informieren müssen.
Positiv ist zu vermelden, dass es auch jetzt noch zahlreiche Geldinstitute gibt, die eben nicht auf die Erhebung von Negativzinsen zurückgreifen – und wenn, dann gilt das meist nur für Neukunden. Auf diese Weise wollen die Institute verhindern, dass vermögende Anleger, die bei ihrer bisherigen Bank nun kräftig zur Kasse gebeten werden, zu ihnen wechseln.
LG Tübingen: doppelte Bepreisung einer Leistung unzulässig
Fraglich ist, ob die Preisklauseln der Banken immer vor Gericht Bestand haben werden. Schon im Mai 2018 stellte nämlich das Landgericht Tübingen in einem Urteil (Az.: 4 O 225/17) klar, dass die Praxis einiger Finanzinstitute, neben den Kontoführungsgebühren auf Grundlage eines Preisaushangs zusätzlich noch Negativzinsen zu berechnen, unzulässig sei. Auf diese Weise würde eine Leistung doppelt bepreist.
Das Gericht führte weiter aus, dass Banken bei bereits bestehenden Verträgen nicht nachträglich Negativzinsen einführen dürften. Entsprechende Klauseln würden gegen wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regeln verstoßen, so das LG Tübingen schon im Januar 2018 (Az.: 4 O 187/17).
In dem betreffenden Fall ging es darum, dass die Volksbank Reutlingen ihre Kunden im Sommer 2017 per Preisaushang informiert hatte, dass bei bestimmten Anlageformen, abhängig von Höhe und Laufzeit, negative Zinsen anfallen könnten. Die Bank hatte die umstrittene Klausel nach kurzer Zeit wieder gestrichen.
Was kann ich als Bankkunde tun?
Als Neukunde können Sie lediglich die Angebote der Banken vergleichen und sich für das Beste entscheiden. Manche Banken lehnen Neukunden mit hohen Einlagen allerdings von vornherein ab.
Bei Bestandskunden gestaltet sich die Situation anders. Hier sind individuelle Vereinbarungen Voraussetzung dafür, dass die Banken solche Verwahrentgelte einführen können. Ein Preisaushang auf der Internetseite dürfte dafür kaum ausreichend sein. Zudem bleibt im Einzelfall zu prüfen, ob die Zinsklauseln vor Gericht Bestand haben würden.
In unserer Kanzlei vertreten wir die Auffassung, dass viele Verwahrentgelte illegal sind und daher zurückgefordert werden können. Dabei helfen wir Ihnen gerne. Sollten Sie bei Ihrem Institut von Negativzinsen betroffen sein, vereinbaren Sie einfach einen Termin für ein unverbindliches Erstgespräch und lassen Sie sich von uns beraten.
Guido Lenné
Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.
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