05. April 2024

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: das sollten Sie wissen

Fahrerflucht, auch als „unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“ bezeichnet, ist eine Straftat. Wenn ein Unfallbeteiligter den Unfallort verlässt, ohne zuvor die nötigen Feststellungen zu seiner Person, seinem Fahrzeug und der Art seiner Beteiligung zu ermöglichen, ist dies nach § 142 StGB strafbar. So will der Gesetzgeber die zivilrechtlichen Interessen von Unfallgeschädigten schützen. Denn die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen ist in der Regel nur dann möglich, wenn der Verursacher des Unfalles bekannt ist.

Wann liegt eine Fahrerflucht vor?

Damit der Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach § 142 StGB erfüllt ist, müssen die folgenden Voraussetzungen gegeben sein:

  • Vorliegen eines Verkehrsunfalls: Es hat ein Unfall im Straßenverkehr stattgefunden, bei dem zumindest ein geringfügiger Sach- oder Personenschaden entstanden ist.
  • Entfernen vom Unfallort: Der Beschuldigte hat sich vom Ort des Geschehens entfernt, ohne die nötigen Feststellungen ermöglicht zu haben.
  • Kein angemessener Zeitraum für Feststellungen: Der Beschuldigte hat nicht die erforderliche Wartezeit am Unfallort eingehalten, um die Feststellung der Unfalldaten durch die Polizei zu ermöglichen.

Wer also einen Unfall verursacht hat, muss – je nach Sachlage – entweder direkt am Unfallort auf die Polizei oder die andere Unfallpartei warten, zumindest aber die Polizei unverzüglich über den Unfall informieren und die eigenen Daten für die Unfallaufnahme übermitteln.

Welche Strafen drohen bei Unfallflucht?

Gemäß § 142 I StGB kann Fahrerflucht mit einer Geldstrafe oder sogar mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden. Welche Strafe ein Gericht für Unfallflucht festsetzt, richtet sich jeweils nach der Schwere des Falles. Bei geringfügigen Schäden werden in der Regel Geldstrafen verhängt. Bei schwereren Taten, insbesondere wenn Personen verletzt wurden oder ein hoher Sachschaden entstanden ist, werden auch Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren verhängt. Das exakte Strafmaß wird neben der Schwere bzw. Höhe des Schadens von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie dem Vorverhalten des Täters, möglichen Vorstrafen des Täters und den besonderen Umständen der Tat.

Auch ein Fahrverbot ist eine mögliche strafrechtliche, sogenannte Nebenfolge der Fahrerflucht, wird aber nicht zwingend in jedem Fall verhängt. Ob ein Fahrverbot ausgesprochen wird und für welchen Zeitraum, hängt ebenfalls von verschiedenen Faktoren ab. In manchen Fällen stellt auch die Staatsanwaltschaft einen Antrag zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis, noch bevor das Strafverfahren beendet ist. Zum Beispiel dann, wenn die Strafverfolgungsbehörden davon überzeugt sind, dass der Täter ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, weil er andere Verkehrsteilnehmer gefährdet hat oder der Sachschaden besonders hoch war. Eine (vorläufige) Entziehung der Fahrerlaubnis kommt ab einem Sachschaden von rund 1.300 EUR in Betracht.

Sie haben einen Anhörungsbogen oder eine Vorladung von der Polizei erhalten?

Wenn Sie einen Anhörungsbogen erhalten haben, in dem Sie Angaben zur Sache machen sollen, sollten Sie zunächst die Angabe verweigern und schweigen. Auch wenn Sie von der Polizei zu einer Vernehmung im Polizeipräsidium vorgeladen werden, sollten Sie dies verweigern. Dazu sind Sie nämlich nicht verpflichtet, es sei denn, der Vernehmung liegt ein staatsanwaltschaftlicher Auftrag zugrunde.

Wichtig zu wissen: Als Beschuldigter in einem Strafverfahren haben Sie das Recht zu schweigen (das sog. Aussageverweigerungsrecht). Bevor Sie sich in irgendeiner Weise zum Tatvorwurf äußern, sollten Sie einen Strafverteidiger beauftragen. Denn dieser kann zunächst Akteneinsicht nehmen, um die der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft bekannten Tatumstände und die Tatnachweise in Erfahrung zu bringen. Nach der Akteneinsicht kann dann eine Verteidigungsstrategie aufgestellt werden, die darauf gerichtet ist, entweder die Strafbarkeit zu entkräften und eine Verfahrenseinstellung zu erreichen oder aber das Strafmaß so weit wie möglich zu reduzieren.

Das Vorliegen einer Fahrerflucht setzt insbesondere den Vorsatz des Beschuldigten bzgl. aller oben genannten Tatbestandsmerkmale voraus. So muss der Täter beim Verlassen des Unfallortes gewusst haben, dass ein Unfall stattgefunden hat. Er muss die Kollision also bemerkt haben. Um dies zu klären, ist möglicherweise ein Sachverständigengutachten notwendig. Außerdem muss der Beschuldigte gewusst haben, dass mehr als nur ein Bagatellschaden entstanden ist. Das ist in der Praxis oft fraglich.

Sie haben einen Strafbefehl erhalten?

Gegen einen Strafbefehl sollten Sie Einspruch einlegen. Auf diese Weise wird der Strafbefehl nicht rechtskräftig. Das heißt, eine Verurteilung wird nicht wirksam. Die im Strafbefehl festgelegte Strafe muss dann nicht gezahlt werden oder ein ggf. verhängtes Fahrverbot tritt noch nicht in Kraft. Der Einspruch muss innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des Strafbefehls eingelegt werden. Für die Frist kommt es auf das Datum der Zustellung beim Beschuldigten an, die auf dem gelben Zustellumschlag der Post vermerkt ist.

Nach einem Einspruch gegen einen Strafbefehl wird die Sache in einem Hauptverhandlungstermin vor dem Strafgericht verhandelt. Dabei kann der Beschuldigte seine Sicht des Sachverhaltes darlegen und auch eigene Beweismittel zu seiner Entlastung einreichen, Zeugen vorladen lassen und rechtliche Ausführungen zum Tatvorwurf machen.

Die Sache mit der Nachricht an der Windschutzscheibe

Wenn beim Parken oder Vorbeifahren ein anderes Auto beschädigt wird, hinterlassen viele Verkehrsteilnehmer eine Nachricht mit ihren Kontaktdaten an der Windschutzscheibe des beschädigten Fahrzeugs. Das ist nicht ausreichend. Wer nach der Beschädigung eines anderen Fahrzeugs einfach davonfährt, macht sich nach § 142 StGB strafbar. Es sei denn, der Unfallverursacher meldet sich unverzüglich nach dem Entfernen vom Unfallort bei der Polizei, macht Feststellungen rund um seine Beteiligung an dem Unfall möglich und stellt sein Fahrzeug für weitere Feststellungen zur Verfügung (§ 142 Abs. 3 S. 1 StGB).

Eine Nachricht an der Windschutzscheibe mit der eigenen Telefonnummer ist allerdings nicht ausreichend, um eine Strafbarkeit nach § 142 StGB zu verhindern. Wurde eine solche Nachricht hinterlassen und die Feststellungen nicht nachträglich unverzüglich ermöglicht, macht man sich grundsätzlich strafbar.

Geplante Gesetzesänderungen

Bei reinen Sachschäden soll zukünftig eine Meldepflicht eingeführt werden. Hierzu sollen Meldestellen eingerichtet werden, an die alle notwendigen Informationen auch digital übermittelt werden können. Wird dieser Meldepflicht nachgekommen, soll eine Strafbarkeit entfallen. Es bleibt abzuwarten, wie zügig diese Regelung umgesetzt wird. Doch auch wenn die Neuregelung in Kraft tritt, ist ein Zettel an der Windschutzscheibe allein nicht ausreichend, um einer Strafbarkeit zu entgehen.

Grundsätzlich sollten sich Unfallverursacher unverzüglich anwaltlichen Rat einholen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen kleinen Bagatellschaden oder um einen Unfall mit Personenschaden handelt. Gerne beraten wir Sie in einem kostenlosen Erstgespräch und erörtern mit Ihnen das weitere Vorgehen, auch in Bezug auf eine mögliche Verteidigung in einem Strafverfahren.

von Ulrike Frentzen
Ulrike Frentzen

Angestellte Rechtsanwältin, Fachanwältin für Strafrecht

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