Unrechtmäßige Vertragskündigung: AXA erleidet Niederlage vor Gericht
Die AXA-Versicherung erlitt in einem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Köln eine Niederlage. Die Richter kamen in ihrem Urteil vom 17.12.2021 (Az. 20 U 21/21) zu dem Schluss, dass der Versicherer zu Unrecht Unfall-Kombirentenverträge gegenüber Verbrauchern gekündigt habe. Die betreffende Kündigungsklausel in den Verträgen sei gemäß § 307 BGB wegen unangemessener Benachteiligung der Verbraucher unwirksam.
In dem Rechtsstreit geht es um die Frage, ob die massenhafte Vertragskündigung der sog. „Unfall-Kombirente ohne Beitragsrückgewähr“ seitens der AXA Versicherung rechtens ist. Gegen diese Kündigungen hatte die Verbraucherzentrale vor dem Landgericht Köln Klage eingereicht. Dieses hatte im Januar 2021 zugunsten der Versicherung entschieden, woraufhin die Verbraucherzentrale Berufung einlegte.
Unfall-Kombirente: Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherung?
Im Zentrum der Gerichtsverfahren stand die Frage, ob die Kombirente als Unfall- oder als Berufsunfähigkeitsversicherung einzuordnen ist. Wird sie als Unfallversicherung eingeordnet – worauf die AXA Versicherung beharrt – ist eine Kündigung durch den Versicherer möglich. Beworben habe die AXA die Unfall-Kombirente jedoch als günstige Alternative zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung, so die Verbraucherzentrale. Sie gab vor Gericht an, zahlreiche Schilderungen von Verbrauchern würden bestätigten, dass ihnen die Unfall-Kombirente nicht als Unfallversicherung vermittelt wurde, sondern vielmehr als Alternative zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Unfall-Kombirente diene zudem der Existenzsicherung des Versicherungsnehmers. Dementsprechend sei sie mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung vergleichbar, bei der das Kündigungsrecht eingeschränkt ist.
2018 kündigt AXA massenweise Unfall-Kombirenten-Verträge
2018 sorgte die Nachricht für Aufsehen, dass die AXA ca. 18.000 dieser Verträge kündigen wolle. Als Begründung für diese extrem hohe Zahl an Vertragskündigungen gab der Versicherer an, dass der „erhebliche medizinische Fortschritt“ für eine drastische Erhöhung der Kosten gesorgt habe. Von einer Kündigung wollte der Konzern nur bei solchen Versicherungsnehmern absehen, die 2017 mindestens 58 Jahre alt waren, bereits eine Rente bezogen oder sich bereit erklärten, in eine sog. Existenzschutzversicherung zu wechseln. Dabei handelte es sich nach Angaben der AXA um eine „bezahlbare Alternative“ zur Unfall-Kombirente, die sogar „in wesentlichen Aspekten“ höhere Leistungen beinhalte. 2019 gab der Versicherungskonzern dann bekannt, dass der Großteil der betroffenen Kunden in die Existenzschutzversicherung gewechselt habe. Alle anderen Verträge seien gekündigt worden. Konkrete Zahlen hierzu wurden nicht vorgelegt.
OLG Köln: Kündigungsklausel unwirksam
Im Berufungsverfahren hat das OLG Köln der Verbraucherzentrale nun Recht gegeben und der AXA untersagt, die Verträge unter Berufung auf die beanstandete Kündigungsklausel zu kündigen. Die Richter bezeichneten die betreffende Klausel als intransparent, da ihre Anwendbarkeit bei der Unfall-Kombirente unklar sei. Und selbst wenn man davon ausgehe, dass sie bei der Unfall-Kombirente greife, würde sie dennoch von elementaren Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen. Eine ähnliche Interessenlage wie bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ließe sich bei diesem Produkt kaum abstreiten, denn die Kombination der vorgesehenen Leistungsfälle und deren konkreten Ausgestaltung würden weitestgehend Risiken der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit abdecken. Und bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung ließe sich eine Vertragskündigung durch den Versicherer, insbesondere bei altersbedingter Steigerung des Risikos, nicht rechtfertigen.
AXA will Revision einlegen
Gemäß diesem Urteil muss die AXA nun alle betroffenen Kunden anschreiben und darüber informieren, dass sie sich zu Unrecht auf die Kündigungsklausel berufen hat. Laut Angaben des Versicherers habe man vor, beim Bundesgerichtshof Revision gegen dieses Urteil einzulegen.
Immer häufiger versuchen Versicherer, für sie teure Verträge zu kündigen. Nicht selten sind die Vertragsklauseln, auf die sie sich für die Kündigung berufen, nicht rechtens, oder zumindest strittig. In unserer Kanzlei verfügen wir über jahrelange Erfahrung mit solchen Fällen und wissen genau, welche Klauseln möglicherweise anfechtbar sind, um unseren Mandanten zu ihrem Recht zu verhelfen. Gerne prüfen wir auch Ihren Versicherungsvertrag. Vereinbaren Sie dazu einfach einen Termin für eine kostenlose Erstberatung.
Guido Lenné
Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.
Wir helfen Ihnen gerne! Kontaktieren Sie uns. Oder vereinbaren Sie hier online einen Termin für eine telefonische kostenfreie Erstberatung.