29. April 2022

Unwirksame Beitragserhöhungen: AXA erleidet Niederlage vor Gericht

Im Streit um die Beitragsanpassungen der AXA fiel das Urteil des LG Berlin zuungunsten des Versicherungsriesens aus. In seinem Urteil vom 21.04.2022 (Az.: 4 O 138/21) kam das Landgericht zu dem Schluss, dass die Prämienerhöhungen, die zwischen dem 01.01. und dem 31.12.2018 erfolgten, unwirksam sind. Dementsprechend muss der klagende Versicherungsnehmer den erhöhten Beitrag nicht zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

LG Berlin: AXA-Mitteilungsschreiben erfüllen nicht die formellen Anforderungen

Konkret ging es in dem Fall um den sog. Tarif 541-N. Dieser bestand vom 1. März 2012 bis 31. Dezember 2019 zwischen der AXA und dem Kunden. Während dieses Zeitraums erhöhte die Versicherung den Beitrag mehrfach. Die Preisanpassung erfolgte jeweils zum Jahresanfang und wurde zuvor schriftlich im November angekündigt. Diese Mitteilungsschreiben erfüllen aber nach Auffassung des LG Berlin nicht die formellen Anforderungen und sind dementsprechend unwirksam.

Dabei verwies das Gericht auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 16.12.2020, Az.: IV ZR 314/19), laut dem Prämienanpassungen erst dann wirksam sind, wenn sie in den verpflichtenden Schreiben ausreichend begründet werden, wie aus § 203 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) hervorgeht. Gemäß des BGH-Urteils muss aus der Mitteilung der Beitragserhöhung erkennbar sein, bei welcher Rechnungsgrundlage (also Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeit, oder beides) eine „nicht nur vorübergehende und den festgelegten Schwellenwert überschreitende Veränderung eingetreten ist“. Ein allgemeines Standardschreiben, das lediglich auf die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung verweise aber nicht klarstelle, weshalb der Beitrag angehoben werden muss, sei nicht ausreichend.

Wann darf eine private Krankenversicherung die Beiträge erhöhen?

Es gibt lediglich zwei Fälle, sog. auslösende Faktoren, in denen eine private Krankenversicherung die Prämien anheben darf:

  1. Wenn die Ausgaben die kalkulierten Kosten um mind. 10 % übersteigen.
  2. Wenn die Lebenserwartung des Versicherungsnehmers stärker steigt als kalkuliert (da in dem Fall auch die Gesundheitskosten steigen).

Erhöht ein Versicherer den Tarifbeitrag, muss er den Kunden also konkret informieren, auf welcher Grundlage dies geschieht.

Doch aus den Mitteilungen zur Beitragsanpassung der AXA ginge nicht eindeutig hervor, welche Berechnungsgrundlagen eine Beitragsanpassung auslösen können und welche zusätzlichen Faktoren sich auf die Beitragsbestimmung auswirken, so das Landgericht Berlin. Für den Kunden sei daher nicht erkennbar, aus welchem Grund die Beitragserhöhung konkret erfolgt. Demnach seien die Anpassungen unwirksam.

AXA: Mitteilungen zur Beitragsanpassung erfüllen BGH-Anforderungen

Mit Bezug auf das BGH-Urteil aus dem Jahr 2020, welche formellen Anforderungen eine Mitteilung zur Beitragsanpassung erfüllen muss, gab die AXA den Medien gegenüber an, dass ihre Mitteilungen diese Anforderungen schon seit 2017 erfüllen würden. Der BGH habe außerdem 2021 zur Frage der Verjährung entschieden, dass für etwaige Rückforderungsansprüche eine Verjährungsfrist von drei Jahren gelte (beanstandet wurden Mitteilungen aus 2018). Da das Urteil des LG Berlin noch nicht rechtskräftig ist, bliebt abzuwarten, wer am Ende Recht behält.

Das betreffende BGH-Urteil hat den Verbrauchern allerdings keine großen Vorteile verschafft. Denn die Prämienanpassung bleibt für sie nach wie vor intransparent. So müssen die Versicherungen beispielsweise nicht konkret vorrechnen, in welcher Höhe sich die Rechnungsgrundlage verändert hat. Die genaue Entwicklung des Tarifs bleibt dem Versicherungsnehmer also weiterhin verschlossen. Hinzu kommt, dass Prämienanpassungen auch nachgeholt werden können.

Was bedeutet das für Versicherungsnehmer?

Grundsätzlich können Versicherte Erhöhungsbeträge zurückfordern, wenn die Gründe für die Erhöhung nicht angemessen mitgeteilt wurden. Ob die Gründe ordnungsgemäß und vollständig in den Informationsschreiben dargelegt wurden, lässt sich jedoch für die meisten Verbraucher kaum beurteilen. Hier stehen wir Ihnen in unserer Kanzlei gerne zur Seite, prüfen die Anschreiben zur Beitragsanpassung und besprechen mit Ihnen Ihre Optionen. Vereinbaren Sie einfach einen Termin für ein kostenloses Erstgespräch.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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