06. September 2020

Urlaub im Risikogebiet: Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen kann das haben?

Urlaub im Risikogebiet: Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen kann das haben?

Es ist immer noch Urlaubszeit. Viele Arbeitnehmer sind verunsichert, ob ein Urlaub in einem Risikogebiet arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Gerade in Zeiten der Pandemie stellt sich sowohl für die Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer eine besondere Herausforderung hinsichtlich der Thematik Urlaubsgewährung.

Vor Ihrem Urlaubsantritt sollten Sie sich auf der Internetseite des Robert-Koch-Institutes erkundigen, ob das Reiseziel als Risikogebiet eingestuft ist.

Darf Ihr Arbeitgeber Sie nach dem Reiseziel fragen?

Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber seinen Mitarbeiter nicht nach dem Reiseziel befragen. In der aktuellen Pandemiezeit dürfte zu diesem Grundsatz jedoch eine Ausnahme bestehen. Der Arbeitgeber darf im Rahmen seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem gesamten Unternehmen den Arbeitnehmer fragen, ob er seinen Urlaub in einem Risikogebiet verbringt. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Arbeitgeber zu informieren, wenn er während des Urlaubs ein Risikogebiet aufsucht.

Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber den geplanten Urlaub in ein Risikogebiet jedoch nicht verbieten.

Anspruch auf Entgeltfortzahlung in der Quarantäne?

Arbeitnehmer, die aus einem Risikogebiet zurückgekehrt sind und sich keinem Test unterziehen, müssen in eine 14-tägige Quarantäne gehen. Hier stellt sich die Frage, ob für diesen Zeitraum ein Anspruch auf Lohnfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber besteht.

Allgemein ist es so, dass bei Arbeitnehmern, die wissentlich die Arbeitsverhinderung selbst herbeigeführt haben, der Lohnanspruch gefährdet ist. Bei Urlaubszielen, bei denen bereits vor Abreise eine Reisewarnung bestand und auch damit auch vorhersehbar war, dass nach der Rückkehr eine Quarantäne ansteht, wird diese durch den Arbeitnehmer wissentlich in Kauf genommen.

Sofern die Arbeit während der Quarantäne nicht aus dem Homeoffice erledigt werden kann, lässt sich ein Anspruch auf Lohnfortzahlung gegen den Arbeitgeber wohl nicht durchsetzen. Allerdings ist diese Frage durch die Gerichte noch nicht abschließend entschieden worden.

Darf der Arbeitgeber für die Quarantänezeit den Urlaub kürzen?

Der Arbeitgeber darf die Quarantänetage nicht mit dem Urlaubsanspruch verrechnen. Dieser besteht trotz Quarantäne weiterhin fort.

Was geschieht, wenn ein Mitarbeiter sich im Urlaub in einem Risikogebiet mit dem Coronavirus infiziert hat?

Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer im Krankheitsfall einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Lohnfortzahlung bis zu sechs Wochen.

Dazu heißt es in § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz:

Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.

Entscheidend ist die Frage, ob ein Verschulden des Arbeitnehmers zu bejahen ist, wenn dieser bewusst in ein Risikogebiet fährt und sich dort mit dem Coronavirus infiziert. Hier kommt es auf die genauen Umstände des Einzelfalls an, beispielsweise die Frage, ob der Arbeitgeber die gebotenen Schutzmaßnahmen eingehalten hat. Es kann also nicht pauschal gesagt werden, ob ein Anspruch gegen den Arbeitgeber besteht.

Selbst wenn dies nicht der Fall ist, besteht jedoch ein Anspruch gegen die Krankenkasse auf Krankengeld. Die Krankenkasse kann eine Zahlung nur verweigern, wenn der Versicherte sich die Krankheit vorsätzlich zugezogen hat.

Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer in ein Risikogebiet fährt, reicht dafür jedoch nicht aus. Zwar mag darin eine bewusste Eigengefährdung liegen, es lässt sich jedoch kaum argumentieren, dass auch bezüglich der Infizierung mit dem Virus ein Vorsatz bei dem Arbeitnehmer vorlag.

Darf ein Arbeitgeber den Arbeitnehmer kündigen oder abmahnen, wenn dieser wissentlich in ein Risikogebiet eingereist ist?

Zunächst einmal genießt ein Arbeitnehmer Kündigungsschutz, wenn er in einem Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern und länger als sechs Monate beschäftigt ist. Ein Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis nur dann kündigen, wenn ein wirksamer Kündigungsgrund vorliegt. Grundsätzlich kommt eine Abmahnung oder eine Kündigung nur dann infrage, wenn arbeitsvertragliche Verpflichtungen verletzt wurden. Dies könnte hier zu bejahen sein, wenn ein Arbeitnehmer wissentlich in ein Risikogebiet gereist ist und somit gegen seine arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflichten verstoßen hat. Allerdings wäre eine Abmahnung des Arbeitgebers hier das vorrangige und angemessenere Sanktionsmittel. Eine sofortige Kündigung wäre nicht wirksam.

Fazit:

Ob arbeitsrechtliche Sanktionen allein wegen eines Urlaubs im Risikogebiet wirksam sind, hängt vom Einzelfall ab. Gerne prüfen wir die Rechtslage in Ihrem konkreten Einzelfall und gehen gegen ungerechtfertigte Maßnahmen Ihres Arbeitgebers vor.

Guido Lenné
Guido Lenné

Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Lenné ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

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