Vorfälligkeitsentschädigung - Bank muss Angaben zur Berechnung darlegen
In Darlehensverträgen ist in der Regel vorgesehen, dass im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens, der Bank ein Anspruch auf eine Entschädigung zusteht. Kündigt der Darlehensnehmer den Darlehensvertrag, muss er eine Entschädigung zahlen. Dieser Entschädigungsanspruch steht der Bank jedoch nur zu, sofern verschiedene Voraussetzungen efüllt sind. Die Vorfälligkeitsentschädigung war bereits Gegenstand mehrerer Klageverfahren. Unter welchen Voraussetzungen der Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung zusteht bzw. nicht zusteht, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Vorfälligkeitsentschädigung in Darlehensverträgen
In einem Darlehensvertrag wird neben der Darlehenssumme und dem vereinbarten Zins auch eine Laufzeit vereinbart. Nicht selten möchten die Darlehensnehmer das Darlehen aber vorzeitig ablösen, da sich die Lebensumstände wider Erwarten geändert haben. Das Darlehen wird daher gekündigt und vorzeitig zurückgezahlt. Für diesen Fall sieht der Darlehensvertrag in einer Klausel vor, dass von dem Darlehensnehmer eine Vorfälligkeitsentschädigung zu leisten ist. Der Darlehensnehmer muss diese jedoch nur dann leisten, wenn die Klausel wirksam ist.
BGH zur Ordnungsgemäßheit der Angabe über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung
Der Bundesgerichtshof hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem der Darlehensnehmer von seiner Bank die von ihm geleistete Vorfälligkeitsentschädigung zurückerstattet verlangte. Der BGH entschied mit Urteil vom 03.12.2024 – XI ZR 75/23 zugunsten des Darlehensnehmers. Der BGH begründet seine Entscheidung wie folgt:
„In einem Immobiliar-Verbraucherdarlehnsvertrag muss der Darlehensnehmer gemäß Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB klar und verständlich über die Voraussetzungen und die Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung informiert werden. Ist die Information über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend, ist gemäß § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen.“
Weiter führt der BGH aus:
„Im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode genügt es nach ständiger Rechtsprechung, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt. […] Die Darstellung einer finanzmathematischen Berechnungsformel ist nicht erforderlich. […] Fehlende oder fehlerhafte Angaben zur Berechnung führen zum Anspruchsausschluss.“
Für den Darlehensnehmer muss demnach nachvollziehbar sein, wie die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung erfolgt. Ist dies nicht der Fall, steht der Bank kein Anspruch auf Zahlung zu.
In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war die Klausel unwirksam, da bei der Schadensberechnung in zeitlicher Hinsicht auf die „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ abgestellt worden war. Dies vor dem Hintergrund, dass ein verständiger Verbraucher die Vertragsbedingung dahingehend verstünde, dass mit „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ nicht der Zeitraum der rechtlich geschützten Zinserwartung bezeichnet wird, sondern die noch verbleibende Gesamtlaufzeit des Darlehens. Diese fehlerhafte Formulierung geht hierbei zulasten der Bank.
Der BGH hat durch das Urteil die Rechte von Verbrauchern gestärkt. Ist die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht nachvollziehbar, bekommt die Bank kein Geld.
Berechnungsgrundlage auch bei KfW-Darlehen erforderlich
Das Landgericht Limburg (Az. 1 O 32/22, 10 O 93/23) hatte ebenfalls über eine Vorfälligkeitsentschädigung zu entscheiden. Die Besonderheit an diesem Fall war, dass es um die Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Beendigung eines KfW-Darlehens ging. Das Landgericht Limburg ist zum Ergebnis gelangt, dass die Information, nach welcher Berechnungsmethode die Vorfälligkeitsentschädigung verlangt werden kann, fehlt. Geregelt war lediglich, dass die Vorfälligkeitsentschädigung „in angemessener Höhe“ berechnet werden soll. Die Berechnung kann mithin weder nachvollzogen werden, noch kann der Verbraucher abschätzen, welche Zahlungen auf ihn zukommen könnten. Folge war, dass der Verbraucher keine Zahlung zu leisten hatte.
Fehlerhafte Widerrufsbelehrung
Ebenfalls besteht die Möglichkeit, den Vertrag ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zu beenden, sofern dem Darlehensnehmer noch ein Widerrufsrecht zusteht.
Das Widerrufsrecht beträgt in der Regel zwei Wochen ab Erhalt der Widerrufsbelehrung. Dies jedoch nur dann, sofern der Kunde die Widerrufsbelehrung erhalten hat und diese keine Fehler aufweist. Andernfalls verlängert sich die Frist von zwei Wochen um ein ganzes Jahr.
Falsche Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung
Ist in dem Darlehensvertrag eine Vorfälligkeitsentschädigung geregelt, die Berechnungsmethode nachvollziehbar und besteht kein Widerrufsrecht, steht der Bank bei vorzeitiger Beendigung des Darlehns ein Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung zu. Der Anspruch besteht folglich dem Grunde nach. Dies sagt noch nichts darüber aus, ob der Anspruch auch der Höhe nach besteht. Eine Überprüfung der Berechnung kann z.B. durch die Verbraucherzentrale vorgenommen werden.
Sollten Sie in Erwägung ziehen, das Darlehen vorzeitig zu kündigen, sollte im ersten Schritt geprüft werden, ob der Vertrag in diesem Fall die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vorsieht. Im nächsten Schritt sollte geprüft werden, ob die Regelungen verständlich sind. Gerne können wir Sie hierzu beraten.

Kerstin Messerschmidt
Angestellte Rechtsanwältin aus der Anwaltskanzlei Lenné.
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