VW Abgasskandal: Erste gerichtliche Erfolge für Auto-Kunden
Während VW-Besitzer aus den USA zwischenzeitlich mit hohen Entschädigungen rechnen dürfen, werden deutsche Autobesitzer auch 10 Monate nach Bekanntgabe des VW Abgasskandal hingehalten und vertröstet.
Auch die deutschen Gerichte haben bislang überwiegend nicht kundenfreundlich entschieden und Klagen bislang eher zurückgewiesen. Begründet wurde dies in der Regel damit, dass der Mangel an den vom Abgasskandal betroffenen PKW nicht erheblich sei. Dies hat sich jedoch kürzlich geändert.
Positive Urteile aus München und Lüneburg
Mit dem Landgericht München und dem Landgericht Lüneburg haben aktuell zwei Gerichte zu Gunsten von Autokäufern entschieden, die gegen den jeweiligen Autohändler, bei denen sie Fahrzeuge mit manipulierter Software gekauft hatten, auf Rückabwicklung des Kaufvertrages geklagt haben.
Das Landgericht München hat in seinem Urteil bereits die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung bejaht. Es sah es als erwiesen an, dass der VW Konzern mit der Manipulation der Abgaswerte arglistig getäuscht hat. Da der in dem Verfahren betroffene Händler eine 100%ige Tochter des VW-Konzerns ist und damit auch warb, entschied das Landgericht München, dass sich der Händler die arglistige Täuschung des VW-Konzerns zurechnen lassen musste. Ob für eine solche Zurechnung bereits ausreicht, dass man damit wirbt Vertragshändler zu sein und sich große VW-Logos am Autohaus befinden, ließ das Gericht dabei offen.
Neben Anfechtung des Kaufvertrages auch Rücktritt möglich
Des Weiteren hat das Gericht jedoch nicht nur die Anfechtung, sondern auch den Rücktritt vom Kaufvertrag bejaht. Der Mangel wurde vom Gericht als erheblich eingestuft, so dass er zum Rücktritt vom Kauf berechtigte. Das Gericht ließ sich dabei, im Gegensatz zu anderen mit dem Thema befassten Gerichten, nicht auf die Argumentation des Autohauses ein, dass die Mängelbeseitigung nur etwa eine Stunde dauern und weniger als 100,00 € kosten würde. Richtigerweise stellte das Gericht hierbei darauf ab, dass die technische Vorbereitung von VW, um die Mängelbeseitigung irgendwann durchzuführen, etwa ein Jahr dauert. Zudem bedürfe die Mangelbeseitigungsmaßnahme der vorherigen behördlichen Prüfung und Genehmigung. Eine Mangelbeseitigung, die solcher Maßnahmen bedarf, sei nicht als unerheblich anzusehen.
Zudem sei bis heute unklar und auch von dem Autohändler nicht hinreichend dargelegt gewesen, ob die von VW geplante Maßnahme überhaupt den Mangel beseitigen wird und das Fahrzeug dabei sämtliche zugesicherte Eigenschaften behalten wird. Von daher sei fraglich, ob die Mängelbeseitigung überhaupt möglich ist.
Ähnlich urteilte das Landgericht Lüneburg, welches ebenfalls den Autokäufer wegen des erheblichen Mangels als zum Rücktritt berechtigt ansah.
Neben der langen Vorlaufzeit argumentierte das Landgericht Lüneburg auch damit, dass die Kosten der Entwicklung des Softwareupdates bei der Frage der Erheblichkeit zu berücksichtigen seien. Es handele sich daher offensichtlich nicht um eine einfach durchzuführende technische Maßnahme, die kurzfristig hätte vorgenommen werden können.
In beiden Fällen wurde der betroffene Autohändler dazu verurteilt, den gekauften Wagen zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten.
„Die Gerichte haben in erfreulicher juristischer Genauigkeit die Prüfung der Erheblichkeit der vorliegenden Mängel durchgeführt“, so Rechtsanwalt Dominik Fammler aus der Anwaltskanzlei Lenné. „In vorherigen Urteilen, zu Gunsten von VW-Händlern wurde leider ausschließlich auf die Angaben von VW abgestellt, was die Mängelbeseitigung kosten wird. Das kann nicht richtig sein. Ein unerheblicher Mangel ist ein solcher, den ich schnell und kostengünstig, bestenfalls in jeder Werkstatt beheben lassen kann. Wenn zur Mangelbehebung erst einmal Millionen für die Entwicklung ausgegeben werden und das ganze etwa ein Jahr dauert, dann kann der Mangel nicht unerheblich sein. Zumal erst die Zukunft zeigen wird, ob es tatsächlich ausreicht, eine andere Software zu installieren um einen verringerten Schadstoffausstoß bei gleichbleibender Leistung und gleichbleibenden Verbrauch zu erreichen.“
Es bleibt abzuwarten, ob nach den ersten Urteilen zu Gunsten geschädigter Kunden auch weitere Gerichte nachziehen werden.
Achtung: Kurze Frist für Anfechtung
Wichtig ist: Wer seinen Kaufvertrag anfechten will, hat dazu nicht mehr lange Zeit:
Die Anfechtung des Kaufvertrages wegen Täuschung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen! Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der getäuschte Kunde die Täuschung entdeckt.
Ist auch Ihr Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen? Wir beraten Sie gerne.
Dominik Fammler
Rechtsanwalt aus der Anwaltskanzlei Lenné.
Rechtsanwalt Dominik Fammler ist auch Fachanwalt für Verkehrsrecht.
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